Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
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19.10.2013, 17:18
Beitrag: #1
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Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
Hallo Forum.
Heute in eigener Sache eine Frage an die Foristen: Im Jahr 2012 war ich angestellter StB. Außerdem habe ich im Hinblick auf eine geplante Existenzgründung die Dienstleistungen eines Kanzleivermittlers in Anspruch genommen. Aufwand hieraus EUR 4.000. Die Einschaltung des Vermittlers war erfolglos. Für das Jahr 2012 dann die Gewinnermittlung vorgenommen und in Ermangelung von Einnahmen ein Verlust aus § 18 EStG in Höhe von EUR 4.000. Der Einkommensteuerbescheid 2012 kommt und ergeht erklärungsgemäß. Aber: Das Finanzamt hat den Bescheid hinsichtlich der erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit nur vorläufig erlassen. Am Vorläufigkeitsvermerk störe ich mich, weil dieser das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht impliziert und davon kann bei einer beabsichtigten späteren Haupttätigkeit nicht die Rede sein. Daher habe den Steuerbescheid 2012 angefochten und dem Finanzamt die Situation dargestellt und meinen Einspruch sinngemäß begründet: Die als Betriebsausgabe in Abzug gebrachte Courtage ist im Hinblick auf einen Kanzlei- bzw. Beteiligungserwerb aufgewendet worden. Eine Liebhaberei bzw. das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht kann meines Erachtens bei Tätigkeiten die als "Brotberuf" ausgeübt werden und naturgemäß deshalb nur mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden, nicht vorliegen. Entsprechend wäre das Ermessen des Finanzamt fehlerhaft ausgeübt worden und eine Festsetzung der Steuer für das Jahr 2012 mit der späteren Möglichkeit einer nachteiligen Änderung nicht möglich. Der Begriff "Brotberuf" ist übrigens nicht von mir und wird gelegentlich in Rechtsprechung und Literatur verwendet ( ). Auch wenn der Vorläufigkeitsvermerk heute noch keine direkte Auswirkung hat, habe ich ein erhebliches Störgefühl und möchte diese Nebenbestimmung gerne aus der Welt schaffen. Das Finanzamt folgt mir nicht und verweist auf allgemeine Grundsätze wie "...nicht absehbar...", "...innere Tatsache nur anhand äußerer Merkmale zu beurteilen...", "...aus privaten Neigungen...", "...Ermessen fehlerfrei ausgeübt...". Das kennen wir alle schon. Ein, zwei Rechtsprechungen zu Steuerberatern und Rechtsanwälten sind auch aufgeführt, deren Tätigkeiten als ohne Gewinnerzielungsabsicht unternommen entschieden worden sind. Diese sind aber nicht mit meinem Fall vergleichbar. Das Finanzamt geht also davon, dass ich die Maklercourtage aufgrund privater Neigungen und zum Spaß aufgewendet habe. Jemand von Euch eine Idee? "Ich kann, weil ich will, was ich muss." |
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19.10.2013, 18:22
Beitrag: #2
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Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
Ist denn die Courtage im Erfolgsfall abziehbar oder zu aktivieren?
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19.10.2013, 18:25
Beitrag: #3
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
(19.10.2013 17:18)Fisherman72 schrieb: Das Finanzamt geht also davon, dass ich die Maklercourtage aufgrund privater Neigungen und zum Spaß aufgewendet habe.Tut es nicht, sonst hätte es den Verlust gar nicht erst veranlagt. Guck mal hier, Deine Kosten sind "vergebliche Aufwendungen": http://www.steuernetz.de/aav_steuernetz/...odule=home |
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19.10.2013, 19:16
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.10.2013 19:46 von Fisherman72.)
Beitrag: #4
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
Vielen Dank schon mal an Euch beide an dieser Stelle, dass Ihr am Samstag im Forum unterwegs seid.
Die Frage steht aber noch im Raum. Im Erfolgsfall wäre die Courtage als Nebenkosten der Anschaffung auf Firmenwert, Ausstattung etc. zu behandeln und zu aktivieren. Im Folge der Vertragsbeendigung (hier) ist eine vergebliche Ausgabe zu beklagen und es findet keine Anschaffung statt. Dann handelt es sich mangels direkt angeschafften Wirtschaftsgütern um sofort abziehbaren Aufwand. Das Problem ist aber nicht die ertragsteuerliche Behandlung der Courtage, sondern der Umstand, dass man sich nun die nächsten drei, vier Jahre ggf. anschaut, und die Entwicklung prüft. Das Finanzamt möchte sich vorbehaltlich der Folgejahre eine Korrektur offenhalten. Wird die Selbständigkeit wie geplant realisiert, dann wird sich im Laufe des verbleibenden Berufslebens ein Totalüberschuss einstellen und die Frage der Gewinnerzielungsabsicht ist geklärt. Der Vorläufigkeitsvermerk wird dann aufgehoben. Kommen nicht besondere Umstände hinzu, wird doch jede hauptberufliche Beschäftigung als einzige Einkommensquelle stets mit der Absicht einen Totalgewinn zu erzielen ausgeübt. Andernfalls ist doch Verhungern angesagt. Insoweit unterscheidet sich doch eine §19er Tätigkeit nicht von einer Gewinneinkunftsart. Aber: Wenn ich die Planungen heute im Jahre 2013 oder im kommenden Jahr komplett ändern würde und auch künftig als Angestellter unterwegs bin, dann droht eine Änderung des Steuerbescheides 2012 und die steuerliche Unbeachtlichkeit der gezahlten Courtage. Dann müsste dargelegt werden, dass im Zeitpunkt 2012 die Absicht eines Kanzleierwerbs bestanden hatte. Auch das würde nicht schwerfallen, weil einige weitere Bemühungen mit dem Ziel Kanzleierwerb hier dokumentiert sind und dies auch heute noch das Ziel darstellt. Und genau an dieser Stelle zeigt sich das Problem: Hätte ich anstatt einer Maklercourtage für die Kanzleivermittlung einem Personaldienstleister eine Vermittlungsgebühr für ein Anstellungsverhältnis bei der Kanzlei Meier-Müller zu zahlen gehabt, dann hätte sich diese Frage doch gar nicht gestellt. Hier hat mein Finanzamt offenbar nicht genug Phantasie und Lebenserfahrung und das Gebilde der Liebhaberei nicht verstanden. Die vorläufige Steuerfestsetzung und die Vermutung vom FA sind doch: Ich hätte die Maklercourtage nur aufgewendet, um den sich hieraus ergebenen Verlust zu verrechnen. Um einen Steuervorteil zu erzielen. Und eine solche Strategie verfolgt nun wirklich niemand. Wo ist im Fall dieser Maklercourtage die Überschneidung zwischen "steuerlich beachtlicher Einkunftssphäre" und dem "steuerlich unbeachtlichen privaten Lebensbereich" die den Sachverhalt in die Nähe zur Liebhaberei bringt? Liegt denn die berufliche bzw. betriebliche Veranlassung hier nicht auf der Hand? Ist irgendetwas anderes denkbar, als die Bezahlung einer Maklercourtage aus beruflichen bzw. betrieblichen Gründen? Ich meine: nein, unter keinen Umständen. Jetzt kommt Ihr! ;-) "Ich kann, weil ich will, was ich muss." |
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19.10.2013, 21:52
Beitrag: #5
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
(19.10.2013 19:16)Fisherman72 schrieb: Jetzt kommt Ihr! ;-)Warum sollten wir? Warte ab, bis das FA die Vorläufigkeit aufhebt oder den Bescheid irgendwann rückwirkend ändert. Oder klage gegen die Einspruchsentscheidung. Eine Diskussion mit uns hilft Dir nicht, Dein FA ist an unsere rechtliche Beurteilung nicht gebunden. Aber an die des BFH. Warum also willst du das Urteil nicht in Deinem Sinne nutzen? |
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21.10.2013, 07:24
Beitrag: #6
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Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
Können nicht aus der Arbeit des Kanzleivermittlers auch fruchtbare Kontakte entsprungen sein, die aus Sicht §§ 19,9 "gewinnbringend" waren? Stand ggf sogar nach den "Abgangsbemühungen" beim alten AG auf einmal ein Gehaltsplus (Haltebestrebung) an? Will heißen: Verengstirne dich nicht auf eine Einkunftsart!
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21.10.2013, 09:36
Beitrag: #7
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
(19.10.2013 17:18)Fisherman72 schrieb: Daher habe den Steuerbescheid 2012 angefochten Meiner Ansicht nach ist der Einspruch nicht statthaft, da es an der Beschwer fehlt (es sei die Besteuerung im Ãœbrigen zutreffend vorgenommen worden). Regelungsinhalt des Einkommensteuerbescheides ist die Höhe der Steuer - in Ausnahmefällen auch weitere Besteuerungsmerkmale. Gegen die vorläufige Festsetzung an sich ist kein Einspruch gegeben. ® |
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21.10.2013, 10:06
Beitrag: #8
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
(21.10.2013 07:24)showbee schrieb: Will heißen: Verengstirne dich nicht auf eine Einkunftsart!§ 19 kostet ihn vielleicht den AN-Freibetrag. Der Verlust ist doch veranlagt. Was soll noch passieren? Diese "vergeblichen Aufwendungen" können m.E. NIE zu Liebhaberei führen; zumal doch jetzt schon klar ist, dass keine Einnahmen daraus folgen. Und aufgrund von was sollte der Verlust sonst rückwirkend versagt werden? Ich sehe deshalb weder jetzt noch in den kommenden Jahren einen Grund für eine Vorläufigkeit. @ ecro: BFH in http://treffer.nwb.de/completecontent/dm...150227.htm unter Entscheidungen 1 c) Da der Kläger keinen Einspruch gegen den Bescheid vom 5. September 1995 eingelegt hat, ist dieser Bescheid nebst dem darin enthaltenen Vorläufigkeitsvermerk bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft hat zur Folge, dass zwar Einwendungen gegen die Wirksamkeit, nicht aber gegen die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung erhoben werden können (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 506; in BFH/NV 1992, 464; vom 25. Juli 2000 IX R 93/97, BFHE 192, 241, BStBl 2001 II S. 9) |
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21.10.2013, 10:22
Beitrag: #9
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
(21.10.2013 10:06)tosch schrieb: BFH in Was für ein Trumm! Und wo kommt es (wieder mal) her? Aus Berlin. Ich habe dem obiter dictum also zu entnehmen, dass die "unselbständige Nebenbestimmung der Vorläufigkeit" mit dem Einspruch angegriffen werden kann? ® |
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21.10.2013, 18:28
Beitrag: #10
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RE: Vorläufigkeitsvermerk & Gewinnerzielungsabsicht
(21.10.2013 09:36)ecro schrieb: Meiner Ansicht nach ist der Einspruch nicht statthaft, da es an der Beschwer fehlt (es sei die Besteuerung im Übrigen zutreffend vorgenommen worden).Das sehe ich anders. Man kann sehr wohl gegen einen Vorläufigkeitsvermerk Einspruch einlegen, denn es liegt eine Beschwer vor. Eine Einspruchsmöglichkeit ist mangels Beschwer nicht möglich gegen eine Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zurück zum Fall: Ich würde das alles nicht so hoch aufhängen, noch ist ja nichts "Böses" passiert. Einsprüche gegen solche Vorläufigkeitsvermerke sind nicht sehr beliebt, man zieht sich nur den Unwillen des FA zu und man ändert ja auch nichts an der Steuerfestsetzung. Möglicherweise erzielt man sogar ein Ergebnis, was man nicht unbedingt haben möchte, und damit ist einem ja auch nicht gedient.... |
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