Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
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04.02.2011, 22:43
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04.02.2011 22:45 von meyer.)
Beitrag: #1
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Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
Mal wieder was nicht ganz Alltägliches. Mich würde interessieren, ob es dazu praktische Erfahrungen gibt. Ich stelle es mal unter AO, da es im Kern um eine Billigkeitsmaßnahme geht.
Folgender Fall: Einzelunternehmer geht im Jahr 2004 wegen Zahlungsunfähigkeit in Insolvenz. Insolvenzverwalter macht in kürzester Zeit mit für ihn minimalem Aufwand alles platt. Außerdem wurde die Fibu direkt vor der Insolvenz nicht mehr vollständig erstellt. Sprich: Es sind allenfalls rudimentäre Informationen über den genauen Stand der betrieblichen Verbindlichkeiten, die in die Insolvenz reingelaufen sind, zu erhalten (höchstens näherungsweise anhand der angemeldeten Forderungen zu ermitteln). Der frühere Einzelunternehmer baut sich jedoch in den Folgejahren ein neues Unternehmen, also eine neue Existenz auf. Sprich, er hat jemand gefunden, der ihm eine GmbH zur Verfügung stellt, in der er als Fremdgeschäftsführer weitgehend frei agieren kann, ohne dass der Gesellschafter ihm reinredet. Das ganze funktioniert auch erfolgreich. Jetzt der Punkt: 2010 wird die Restschuldbefreiung erteilt, die auch die ehemaligen Betriebschulden, die nicht befriedigt wurden, betrifft. Hierin liegt so etwas wie ein Sanierungsgewinn, der grundsätzlich steuerpflichtig ist, aber erst im Zeitpunkt der Restschuldbefreiung realisiert wird (siehe dazu BMF-Schreiben vom 22.12.2009 oder auch OFD Nidersachsen vom 29.09.2010). Danach seien auf einen Gewinn aus einer Restschuldbefreiung die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 27.03.2003 zu Billigkeitsmaßnahmen für Sanierungsgewinne entsprechend anzuwenden, mit Ausnahme des dort formulierten Ausschlusses für eine so genannte unternehmerbezogene Sanierung. Mir ist jetzt die konkrete Anwendung des BMF-Schreibens auf den Fall nicht klar, die da letztlich aussagt, dass vom Sanierungsgewinn negative Einkünfte runterzurechnen sind (auch ggf. ein Rücktrag aus dem Folgejahr) und nur auf den Rest im Ergebnis eine Billigkeitserlass erfolgen soll. In meinem Fall gab es in der Tat einen Verlust, ich glaube im Jahr 2004, den das FA auch festgestellt hat (Größenordnung so um die 50 TEUR). Abgesehen von der Frage, ob sich überhaupt irgendjemand um einen etwaigen Sanierungsgewinn kümmert und ob der halbwegs zutreffend ermittelt werden kann: Wie sollte das hier behandelt werden? Da lt. BMF keine Rückwirkung durch die Restschuldbefreiung, würde der Gewinn in 2010 reingehören. Da hier nichts mehr mit Verlustverrechnung ist: Hieße das, die darauf entfallende Steuer wäre vollständig zu erlassen (bzw. aus Billigkeitsgründen hierauf nicht festzusetzen)? Oder müssten die früheren Verlustverrechnungen für die Berechnung der zu erlassenden Steuer vom Gewinn heruntergerechnet werden, dass im Ergebnis nunmehr doch eine (ggf. anteilige) Besteuerung des Gewinns erfolgt? |
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05.02.2011, 11:11
Beitrag: #2
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RE: Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
Hallo,
dazu ein Auszug aus einem Aufsatz eines RA für Insolvenzrecht (die Quelle müsste ich suchen) Zitat:Mit BMF-Schreiben vom 22.12.2009 wurde nunmehr auch die unternehmerbezogene Restschuldbefreiung von dieser Regelung umfasst. Damit hat das BMF anerkannt, dass ansonsten ein Zielkonflikt zwischen dem Insolvenz- und dem Steuerrecht entsteht: Während zivilrechtliche Schulden von der Restschuldbfreiung erfasst werden, entstünde aus dieser Befreiung ein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn, der nicht durch Billigkeitsmaßnahmen – d.h. Gerechtigkeit im Einzelfall – wie Erlass und abweichende Steuerfestsetzung - kompensiert werden könnte. Und es gibt/gab dazu ein Verfahren vor dem BFH: VIII R 2/08 Die Empfehlung der Praktiker lautet: Erlassantrag stellen und auf das anhängige Verfahren verweisen. ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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05.02.2011, 13:19
Beitrag: #3
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RE: Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
Dürfte nach Tz. 2 S. 2 Sanierungserlass schon kein Sanierungsgewinn sein, da Unternehmer- und nicht Unternehmensbezogen!
http://www.gmbhr.de/heft/10_03/sanierungserlass.pdf |
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05.02.2011, 14:12
Beitrag: #4
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RE: Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
Nachtrag:
vom BFH bestätigt! BFH v. 14.7.2010, X R 34/08, Rz. 31f. schrieb:Nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2006, 715) ist von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, wenn dem Schuldner durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung seines Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht wird, ohne dass er durch Schulden aus einer früheren unternehmerischen Tätigkeit belastet bleibt. Auf die Sanierungseignung des Unternehmens ist in diesen Fällen nicht abzustellen. Eine unternehmensbezogene Sanierung soll hingegen den Fortbestand des Unternehmens sichern. Es soll vor dem Zusammenbruch bewahrt und wieder ertragsfähig gemacht werden (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784). Daran fehlt es, wenn das Unternehmen seine werbende Tätigkeit bereits vor dem Schuldenerlass eingestellt hat. |
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05.02.2011, 14:14
Beitrag: #5
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RE: Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
Nachtrag die 2.: ich glaube nicht, dass der VIII. Senat den X. Senat umstimmen wird bzw. das hier der GrS angerufen wird.
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05.02.2011, 16:11
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.02.2011 16:12 von meyer.)
Beitrag: #6
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RE: Sanierungsgewinn nach Restschuldbefreiung
@ showbee
Ihr Problem ist keins, denn im Urteilsfall ging es nicht um einen Restschuldbefreiungsfall, der wurde davon sogar ausdrücklich abgegrenzt und der BMF weist in seinem Schreiben vom 22.12.2009 audrücklich darauf hin, dass Tz. 2. S. 2 des BMF-Schreibens (die Nichtbegünstigung der unternehmerbezogenen Sanierung) vom 27.03.2003 auf diese Fälle nicht anzuwenden ist. Auch in dem anhängigen Verfahren geht es nicht um einen solchen Fall. @zaunkönig Vielen Dank für den Aufsatz, der in etwa das bestätigt, was ich mir aus den BMF-Schreiben zusammengereimt habe. Demnach dürften in meinem Fall eigentlich keine Probleme zu erwarten sein. Es gab einen alten Verlust (den hatten wir uns damals mangels vollständiger Unterlagen mit viel Mühe näherungsweise zusammengereimt und uns schließlich mit dem FA auf einen Betrag verständigt. Der Verlust konnte in den Folgejahren genutzt werden (webei die Erstattungsansprüche zum Teil wieder dem Fiskus zugute kamen, da dieser mit Altschulden verrechnete). Im Jahr der Restschuldbefreiung, also der Entstehung des Gewinns gibt es aber keinen Verlustvortrag mehr, auch im Folgejahr ist damit nicht zu rechnen. Damit dürfte der Gewinn aus der Restschuldbefreiung letztlich aus Billigkeitsgründen vollständig außer Ansatz bleiben und die Jahre mt der Verrechnung der Altverluste sind nicht mehr antastbar, soweit ich sehe. |
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