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Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
11.03.2011, 17:41
Beitrag: #1
Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Hallo,

habe folgendes kleines Problem:

Mdt´in fällt bei durchsicht Ihrer Unterlagen auf, dass Sie in den Jahren 2002 und 2003 Krankengeld bezogen hatte. Die Summen liegen auch über den 410 ¤ so dass eine Erklärungspflicht bestanden hatte. Erklärungen wurden aber damals nicht abgegeben, "weil Arbeitnehmer das ja nicht müssen" Sad .

Mein Problem nun:

Handelt es sich hierbei um eine leichtfertige Steuerverkürzung (§378)? So dass die Festsetzungsfrist für 2002 bereits abgelaufen ist (2002 +3 Jahre Anlaufhemmung + 5 Jahre verlängerte F-Frist -> Fristende = 31.12.2010.

Ich komme somit nur noch an 2003 heran. (F-Fristende 31.12.2011)

Oder handelt es sich hierbei um einen Fall des §370 AO?

Ich plädiere ja für §378 , weil kein Vorsatz (Wissen und Wollen) vorhanden war/ist. Wenn es doch ein §370 wäre, könnte man wohl mit einer Erstattung rechnen. Dann würde ich auch noch 2002 abgeben wollen.

Wir beraten die Mandantin erst ab VZ 2005, so dass wir von alledem nichts wussten.

Danke für Euren Input Wink

Ciao Dragon
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11.03.2011, 17:56 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 11.03.2011 21:51 von meyer.)
Beitrag: #2
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
So was kann man (bei Nachzahlungen) nur anhand der Umstände im Einzelfall aushandeln...

Man könnte auch die Auffassung vertreten, dass vielleicht die steuerliche Behandlung groß und breit auf den Bescheinigungen der Krankenkasse draufstand und dies vielleicht vorsätzlich ignoriert wurde. Dann wäre man in der Hinterziehung.

Ansonsten würde ich mal ergebnisorientiert rangehen:

Strafrechtlich dürfte in jedem Fall alles verjährt sein, egal was man annimmt. Die Tat gilt bei Nichtabgabe der Erklärung als vollendet, wenn die Veranlagungsarbeiten für den betreffenden Veranlagungszeitraum im Wesentlichen abgeschlossen sind, das dürfte für 2003 spätestens Mitte 2005 gewesen sein. Seitdem (das beginnt mit Vollendung der Tat, nicht mit Ablauf des Jahres) sind fünf Jahre in jedem Fall vorbei, so dass strafrechtlich nichts mehr passieren könnte.

Auch eine Selbstanzeige hätte daher keinen Effekt mehr, da die Tat auch ohne eine solche nicht mehr verfolgt werden könnte.

Somit gibt es folgende Alternativen:

1. Nix machen.

Folge: Wahrscheinlich gar nichts, da die Entdeckungswahrscheinlichkeit gering sein dürfte. Ansonsten maximal Nachzahlung, wenn es doch irgendwie hochkommen sollte und dann Hinterziehung anzunehmen ist. Strafrechtlich kann aber nichts mehr passieren.

2. Nachmeldung (=Abgabe der Steuererklärung)

Wahrscheinlich wird das FA zumindest für das eine Jahr nachfordern und man kann sich dann ggf. im Einspruchsverfahren darüber streiten, ob Verjährung eingetreten ist oder nicht.

Sollten übrigens Erstattungen rauskommen, greift in jedem Fall nur die vierjährige Verjährung. Klare BFH-Rechtsprechung (ergangen zu Fällen, wo Zinsabschlagsteuer angerechnet werden sollte). Außerdem ist das für jeden Veranlagungszeitraum gesondert zu prüfen.

Es gilt, Vorstehendes dem Mandanten vorzutragen. Der muss dann entscheiden, was gemacht werden soll.

Am Rande: § 370 AO ist immer die Grundlage, denn § 378 AO verweist darauf. Der Unterschied liegt im Vorsatz, also im subjektiven Tatbestand, was sich aus § 15 StGB für die Steuerhinterziehung ergibt, also im § 370 AO gar nicht selbst drinsteht.
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11.03.2011, 18:01
Beitrag: #3
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Gegenfrage: Was ist denn als Ergebnis nun gewollt?

Hinargumentieren wird man zunächst beides können. Der §378 AO hat ein gewisses Potenzial, aber da in den Bescheinigungen der Krankenkasse regelmäßig auf den Progressionsvorbehalt etc. hingewiesen wird und die Erklärungspflicht kann man auch ganz leicht in den §370 AO kommen.

§378 reicht im Zweifel aber nicht einfach mit "wissen und wollen", sondern wenn es auf den Bescheinigungen der KK draufstand, muss man tendeziell schon mit "war vom Inhalt des Geschriebenen intellektuell überfordert" kommen... :-(
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11.03.2011, 18:03
Beitrag: #4
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Hallo,

naja, es stellt sich die Frage des Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit.

Vorsatz müsste nachgewiesen werden. Allerdings ist dies bei reinen Arbeitnehmerveranlagungen, die durch ungewöhnliche Besteuerungstatbestände zu einer Pflichterklärung werden, schon recht schwierig.

Weder direkter Vorsatz noch Eventualvorsatz lassen sich hier belegen, so dass wir am Ende bei der Fahrlässigkeit bleiben.


Zeitlich abzustellen wäre hier auf den Eintritt des Taterfolgs. Bei Veranlagungssteuern ist dies der Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides bzw., bei nicht Abgabe, zu dem Zeitpunkt, wo bei korrekter Abgabe und Veranlagung der Taterfolg wahrscheinlich eingetreten wäre.

Müsste man jetzt überlegen, wann die Veranlagungen des Jahres 2002 / 2003 üblicherweise abgeschlossen gewesen wären. Immerhin gab es ja die Möglichkeit der Erklärungsabgabe auf das übernächste Jahr.

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11.03.2011, 18:31
Beitrag: #5
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Ist ja alles richtig, was ihr geschrieben habt aber @meyer hat auf den entscheidenen Punkt hingewiesen:

Zitat:Sollten übrigens Erstattungen rauskommen, greift in jedem Fall nur die vierjährige Verjährung. Klare BFH-Rechtsprechung (ergangen zu Fällen, wo Zinsabschlagsteuer angerechnet werden sollte)

Und da @dragon ja schrieb:
Zitat:Wenn es doch ein §370 wäre, könnte man wohl mit einer Erstattung rechnen

Damit ist doch die ganze Diskussion hinfällig. Bei Erstattung kann nie nimmer nie nicht Hinterziehung vorliegen.

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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11.03.2011, 20:32
Beitrag: #6
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Daher am Anfang meine Verständnisfrage, was denn da eigentlich herauskommen soll.

Soweit es Hinterziehung ist und ein Entdeckungsrisiko besteht, das ausgeschlossen werden soll, bringt uns das ja wenigstens in Richtung §177 AO...
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11.03.2011, 20:36
Beitrag: #7
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Zitat:Soweit es Hinterziehung ist und ein Entdeckungsrisiko besteht, das ausgeschlossen werden soll, bringt uns das ja wenigstens in Richtung §177 AO...

Keine Ahnung, wovon du redest *grübel*

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11.03.2011, 20:42
Beitrag: #8
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Kiharu schrieb:
Zitat:Soweit es Hinterziehung ist und ein Entdeckungsrisiko besteht, das ausgeschlossen werden soll, bringt uns das ja wenigstens in Richtung §177 AO...

Keine Ahnung, wovon du redest *grübel*

Aalso,

wenn die Intention von @dragon war, aus Vorsicht wegen eines gefürchteten Entdeckungsrisikos die Erklärungen nachzureichen, und gleichzeitig die Möglichkeit besteht, bisher nicht erklärte Änderungen zugunsten des Mandanten zu realisieren, dann wird man wegen der Verjährungsproblematik zwar keine Erstattung herausholen können, aber zumindest kann im Rahmen einer Nachveranlagung auch ein "Guthaben" im Rahmen des §177 AO berücksichtigt werden, so dass er wenigstens nicht zu einer Nachzahlung kommt.

Und wenn Strafverfolgungsverjährung auch schon eingetreten ist, gibt es ja kein Problem.

Ich hatte es bei der Frage doch auch einfach nicht verstanden, wie man aus Hinterziehung ein Guthaben machen will...
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11.03.2011, 21:44
Beitrag: #9
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Aalso, offenbar ist dir die Bedeutung des Worte KORREKTURvorschrift nicht bekannt. Korrektur bedeutet, dass man etwas ändert. Wenn aber bisher keine Steuererklärung abgegeben wurden und es auch keinen Schätzbescheid gibt, dann kann man denklogisch nix ändern.

Auch im Gesetz steht:

Zitat:Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zuungunsten des Steuerpflichtigen vor, so sind, soweit die Änderung reicht, zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen, die nicht Anlass der Aufhebung oder Änderung sind.

Wir haben aber gar keine Aufhebung oder eine Änderung weil es gar keinen Steuerbescheid gibt!

Und hier bei diesem Sachverhalt mal den § 177 AO reinzuschmeissen, wo sich die ja nicht vorhandene Änderung (weil nicht vorhandener Steuerbescheid) zu Gunsten wohl eher im Bereich der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen (wo sollte wohl sonst bei einem AN ein Erstattungsguthaben herkommen?) abspielen müsste, ist sowieso falsch. § 177 AO wirst du wohl nicht auf eine Anrechnungsverfügung anwenden können.

Insofern grübel ich immer noch, wieso man hier auf § 177 AO kommen kann *weitergrübel*

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11.03.2011, 21:49
Beitrag: #10
RE: Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung?
Vieleicht kann @dragon erst einmal darstellen, wo das vermeintliche Guthaben herkommen soll, bevor hier weiter spekuliert wird ...

Und wenn schon Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, spielt für einen, der steuerunehrlich bleiben will, das Entdeckungsrisiko keine große Rolle mehr. Mehr als Nachzahlung kann dann ohnehin nicht mehr passieren.

Es gibt dann aus meiner Sicht nur zwei denkbare Gründe, die Sache anzuzeigen, wenn sich bei schon eingetretener Strafverfolgungsverjährung eine Nachzahlung ergibt:

1. Man will komplett steuerehrlich sein und das unbedingt bereinigen. Wenn das aber nicht gerade ein erst kürzlich erfolgter Gesinnungswandel ist, und derjenige die Sache erst jetzt erkannt hat, hat schon bisher keine Hinterziehung oder leichtfertige Verkürzung vorgelegen. Dann wäre das auch steuerrechtlich verjährt und man könnte sich die Nachmeldung schon deshalb schenken.

oder

2. Derjenige sieht ein hohes Entdeckungsriskio und will wegen des Zinslaufs die Sache jetzt abhaken.
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