Verjährung / Ablaufhemmung
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26.01.2009, 15:05
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 26.01.2009 15:06 von lieschenmueller.)
Beitrag: #1
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Verjährung / Ablaufhemmung
Ich bin Steuerberaterin... d.h. hab ich es nicht so mit der AO
Folgende Situation: ESt 2002 wurde 2003 abgegeben. Bescheid in 2003. Ebenfalls Bescheid über GewSt-Meßbetrag (lt. Auskunft FA, mir liegt kein Bescheid über GewSt-Meßbetrag vor!). Einspruch gegen ESt wg. Einkünften aus Gewerbe. Änderung auf Grund Einspruch (Sonderausgaben waren falsch). Neuer ESt-Bescheid 10/2004, lt. FA auch geänderte Bescheid über GewSt-Meßbetrag. Dann BP in 2006, erneut geänderter ESt-Bescheid in 7/06 -> Einspruch hiergegen, größeres Problem, konnte erst 2008 gelöst werden. Neuer ESt-Bescheid 4/2008 (von diesem Datum lt. FA ebenfalls geänderter Bescheid über GewSt-Meßbescheid,liegt uns aber wieder nicht vor). Am 23.12.2008 hat die Stadt zum ersten mal einen Gewerbesteuerbescheid für 2002 erstellt. Bezugnehmend auf den Bescheid über den GewSt-Meßbetrag 10/2004. Meine Frage jetzt: Macht es Sinn gegen den GewSt-Bescheid vorzugehen? Verjährungsfrist für den GewSt-Bescheid: 4 Jahre gem. § 169 AO Beginn der Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wurde (§170 AO), also mit Ablauf 2003. Hemmung gem. § 171(10) AO: Verjährung frühestens zwei Jahre nach Festsetzung des Grundlagenbescheides (also des GewSt-Meßbetrages). Verjährung m.E. mit Ablauf 31.12.2007. Anschließend ist aber der Meßbescheid nochmals geändert worden... hebelt das die Verjährung aus? Beginnt da eine neue Frist zu laufen? Kann mir einer der AO-Cracks (vermutlich einer der Finanzamtler) da bitte auf die Sprünge helfen und ggf. mit Fundstellen unterstützen? Danke, danke, danke!! |
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26.01.2009, 19:23
Beitrag: #2
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Zitat:Verjährung m.E. mit Ablauf 31.12.2007. Ja, neuer Meßbescheid löst Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 AO aus (quasi Festsetzungsfenster). Aber, ist in dem Fall überhaupt bisher ein GewStMB richtig bekannt gegeben worden? Aus dem SV kann ich das so nicht herauslesen. Falls nicht, dürfte für das Jahr keine Gewerbesteuer mehr festgesetzt werden. Der jetzige Gewerbesteuerbescheid fusst auf eine MB, der nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden ist. Insofern wäre Einspruch sinnvoll. Das FA kann aber m.E. aufgrund nunmehr eingetretener Verjährung auch keinen neuen MB erlassen und wirksam bekannt geben. Alle bisherigen scheinen wohl nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden seien. Und wenn die MB unter Mißachtung der Zustellvollmacht an die Stpfl. gegangen sind, gelten Sie erst als ordnungsgemäß bekannt gegeben, wenn Du Sie erhältst. Dies kann aber erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist für MB geschehen--> insofern auch wieder verjährt. Es kommt hier wirklich darauf an, ob und wenn ja, welcher MB ordnungsgemäß bekannt gegeben worden ist. Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an! |
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26.01.2009, 20:44
Beitrag: #3
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
lieschenmueller schrieb:ESt 2002 wurde 2003 abgegeben. Bescheid in 2003. Ebenfalls Bescheid über GewSt-Meßbetrag (lt. Auskunft FA, mir liegt kein Bescheid über GewSt-Meßbetrag vor!). Vermutlich das alte Problem: In der Et-Erklärung wurde der StB als Zustellempfänger angegeben, in der GewSt-Erklärung ist dafür kein Feld vorgesehen. Gilt die Zustellvollmacht für 2002 jetzt auch für den GewSt-MB ? Dieses Problem ist auch bei uns nicht abschließend gelöst, meiner Meinung nach aber nicht. Sollen wirklich alle Bescheide an den StB hilft nur eine generelle Empfangsvollmacht. Ansonsten siehe @kiharu. |
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27.01.2009, 09:35
Beitrag: #4
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Vermutlich das alte Problem: In der Et-Erklärung wurde der StB als Zustellempfänger angegeben, in der GewSt-Erklärung ist dafür kein Feld vorgesehen. Gilt die Zustellvollmacht für 2002 jetzt auch für den GewSt-MB ? Dieses Problem ist auch bei uns nicht abschließend gelöst, meiner Meinung nach aber nicht. [/quote] Stimme zu, der StB-Stempel in einem Formular genügt nicht. GewSt und ESt sind unterschiedliche Steuerarten, also kann man nicht einfach Steuerbescheide nach Mutmaßung zustellen. Entweder man teilt bei Mandatsübernahme dem FA eine generelle Zustellvollmacht oder man hat Pech. Das ist auch entscheidend, weil der StB für die Prüfung von Bescheiden eine Gebühr verlangen kann. |
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27.01.2009, 10:29
Beitrag: #5
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
lieschenmueller schrieb:Hemmung gem. § 171(10) AO: Verjährung frühestens zwei Jahre nach Festsetzung des Grundlagenbescheides (also des GewSt-Meßbetrages).Weitere Hemmung: § 171 (4) AO: Wird vor Ablauf der Frist mit einer BP begonnen, so läuft die Frist nicht ab, bevor die aufgrund der AP zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind Endgültige Bescheide wurden in 2008 erlassen, damit Beginn der Festsetzungsverjährung in 2008 -> Hemmung § 171 (10): Verjährung erst 2010 Ich fürchte, es kommt nicht darauf an, ob die vorherigen MB´s wirksam bekannt gegeben worden sind. Leg doch einfach mal den Einspruch ein und begründe ihn mit Festsetzungsverjährung. Das Gewerbesteueramt hat sicherlich die entsprechenden Textbausteine oder "Erfahrungen", aufgrund derer es die steuerlich korrekte Lösung mitteilen kann. Oder - was ich nicht glaube - es akzeptiert die Verjährung, nimmt den Bescheid zurück, Du zeigst und Deine Mandanten freuen sich - auch noch über Deine Rechnung. |
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27.01.2009, 11:25
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27.01.2009 11:30 von Kiharu.)
Beitrag: #6
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Zitat:Weitere Hemmung: § 171 (4) AO: Ob nach AP endgültige Bescheide (hier wohl MB als Grundlagenbescheid für dei Gewerbesteuer) erlassen worden sind, hängt maßgeblich davon ab, ob die ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sind ! Insofern fusst auch § 171 Abs. 4 AO auf eine ordnungsgemäße Bekanntgabe, denn nur eine solche läßt Bescheide unanfechtbar werden. Aber der Hinweis auf § 171 Abs. 4 AO bringt uns doch noch weiter. Also, der jetzige Gewerbesteuerbescheid nimmt Bezug auf den MB aus 10/04. Wenn dieser nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden ist, so hätte ein Einspruch durchaus Aussicht auf Erfolgt. Dieser wäre aber nur kurzfristig. Begründung: Durch die AP im Jahr 06 sind wir hinsichtlich des MB im § 171 Abs. 4 AO. Sofern man davon ausgeht, dass kein MB bisher ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde, ist also bis zum heutigen Tag aufgrund der Außenprüfung kein unanfechtbarer MB erlassen worden. Vorausgesetzt die Schlussbesprechung der AP hat in 06 stattgefunden, könnte das FA noch bis zum Ablauf 2010 (4 Jahre) einen MB auf Grundlage der AP ordnungsgemäß bekannt geben. Dementsprechend hätte die Stadt oder die Gemeinde unter Berücksichtigung von § 171 Abs. 10 AO im schlimmsten Falle noch bis 2012 Zeit, die Gewerbesteuer festzusetzen.[/quote] Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an! |
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27.01.2009, 13:31
Beitrag: #7
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Auf dem Mantelbogen der Einkommensteuererklärung steht:
Der Steuerbescheid soll nicht mir/uns zugesandt werden, sondern: Ich würde mich nicht trauen, daraus eine generelle Empfangsvollmacht für alle Steuerarten herzuleiten. Und ich glaube auch nicht, dass lieschenmueller´s Mandant die Meßbescheide nicht bekommen hat. Erfahrungsgemäß werden diese Arten von unliebsamen Papieren, auf denen nicht steht: "Bitte bezahlen Sie bis zum" in irgendeine Ablage gelegt und vergessen. Ich hätte beim FA angerufen und mir Kopien der MB´s zuschicken lassen. Diese sind vermutlich an die Anschrift des Mandanten adressiert. Und wenn die Anschrift stimmt und es in seinem Haus keinen zweiten Mitbewohner mit gleichem Namen gibt, wird der Mandant den Zugang kaum bestreiten. Mal ganz abgesehen davon ist die Frage der wirksamen Zustellung hier eh nur theoretischer Natur: Legt man gegen den Gewerbesteuerbescheid mit der Begründung eines nicht zugegangenen MB´s Einspruch ein, wird das FA die Zustellung umgehend nachholen. Ihne zeitliche Probleme. |
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28.01.2009, 10:16
Beitrag: #8
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Alles nicht so einfach. Deswegen hab ich das ja auch hier in die Runde geschmissen ;-)
Also, die Empfangsvollmacht ist nicht streitbefangen hier! Es liegt eine für uns vor. Zwar kann das Finanzamt nicht sagen, seit wann die vorliegt, aber sowohl der MB-Bescheid 2001 ist an uns adressiert als auch alle USt-Bescheide (selbe Probleme mit fehlendem Feld auf dem Formular für Empfangsvollmacht) und wir generell für alle Mandanten eine Empfangsvollmacht ohne Einschränkungen an das Finanzamt schicken. D.h. es mangelt an der Bekanntgabe des GewSt-MB Bescheides 2002 an uns?! Weil für 2002 noch KEIN EINZIGER MB-Bescheid vorliegt. Obwohl ja über die Jahre insgesamt jetzt vier ESt-Bescheide vorliegen. Wenn man das ordentlich durchsubsumiert (ich habe dieses Wort bei der Stb-Vorbereitung gehasst!): Verjährungsfrist § 169 (2) Nr. 1 AO > Vier Jahre Beginn § 170 (2) Nr. 1 AO > Mit Ablauf 2003 Ende somit mit Ablauf 2007 Hemmung gem. § 171 (4) AO und § 171 (3a) AO bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides, der auf Grund BP + Einspruch gegen den daraufhin erlassenen Bescheid, ergangen ist. Der letzte ESt-Bescheid 2002 (Abhilfe Einspruch, VdN bereits im vorherigen Bescheid aufgehoben) erging am 07.04.2008, damit ab 14.05.08 unanfechtbar und rechtskräftig. Und damit ab dem 14.05.2008 keine Hemmung mehr und damit VERJÄHRT!!! Hab ich das so richtig subsumiert? Ich bring das jetzt noch zu Papier und schick das der Gemeinde ;-) Daumen drücken und danke für die Hilfe soweit... |
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28.01.2009, 10:27
Beitrag: #9
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Zitat:Hemmung gem. § 171 (4) AO und § 171 (3a) AO bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheides, der auf Grund BP + Einspruch gegen den daraufhin erlassenen Bescheid, ergangen ist. Der letzte ESt-Bescheid 2002 (Abhilfe Einspruch, VdN bereits im vorherigen Bescheid aufgehoben) erging am 07.04.2008, damit ab 14.05.08 unanfechtbar und rechtskräftig. Und damit ab dem 14.05.2008 keine Hemmung mehr und damit VERJÄHRT!!! Leider nein Du kannst die Verjährung und Ablaufhemmung des MB nicht auf Grundlage des Einkommensteuerbescheides prüfen. Fakt ist, bisher kein MB ordnungsgemäß bekannt gegeben. Auch nicht nach BP. Die BP wird sich aber auch auf Gewerbesteuer erstreckt haben (steht in der PA) Das FA hat aber 4 Jahre (gerechnet ab dem Jahr der Schlussbesprechung) Zeit, einen MB zu erlassen. Wenn die BP mit Schlussbesprechung in 06 war, kann das Finanzamt aufgrund er Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO noch bis 2010 einen MB erlassen. Ergebnis: Du könntest zwar Einspruch gegen den Gewerbesteuerbescheid einlegen. Dieser wird vermutlich auch von Erfolg gekrönt sein (wg. mangelder Bekanntgabe des MB) aber langfristig wirst du damit rechnen können, dass das FA einen MB für 2002 auf Basis der BP erläßt und ordnungsgemäß bekannt gibt und spätestens dann hat die Stadt / Gemeinde nochmals 2 Jahre Zeit die entsprechende Gewerbesteuer festzusetzen. Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an! |
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28.01.2009, 11:50
Beitrag: #10
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RE: Verjährung / Ablaufhemmung
Liebe Kiharu,
ich halte sehr sehr viel von deinem Wissen. Vorallem was AO betrifft bist du sicher Welten besser als ich. Bitte hilf mir mal weiter: Wortwörtlich steht doch in § 171 (4) AO: Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen ..., so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt ..., nicht ab, bevor die auf Grund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Okay... also: BP in 2006 (natürlich inkl. GewSt). BP-Bericht vom 29.05.2006. Damit ist doch auch Satz 2 des § 171 (4) AO erfüllt? Drei Monate seit dem Bericht sind wohl verstrichen... Damit ist die Hemmung nicht mehr vorhanden und die Festsetzungsverjährung tritt ab 01.01.2008 ein? Lieg ich falsch? Wo steh ich denn auf dem Schlauch? |
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