Wiedereinsetzungsgrund oder Haftungsfall?
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17.05.2011, 12:15
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.05.2011 12:16 von meyer.)
Beitrag: #1
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Wiedereinsetzungsgrund oder Haftungsfall?
Folgender Sachverhalt:
StB (Einzelkämpfer) ist vor einigen Tagen verstorben und war vorher schon länger schwer krank. Hatte zwar Mitarbeiter, aber offensichtlich viel selbst gemacht. Ergebnis: Es bleibt jede Menge unbearbeitet liegen, auch werden Bescheide nicht geprüft, nicht an Mandant weitergeleitet etc. Steuerlich unbelecktes Arztehepaar kommt zu uns und erzählt beiläufig, dass sie gar nicht wissen, was Sache ist und sogar schon ohne Vorwarnung (da alles an StB ging) eine Kontopfändung über fünfstellige Beträge erfolgte. Ich versuche derzeit, aufzuklären, wie überhaupt Stand der Dinge ist. Neuester Stand: Ein Schreiben des Büros, unterzeichnet von einem andere Büro als Vertreter nach § 69 StBerG, mit dem mitgeteilt wird, dass dort diverse Bescheide (z. T. bestandskräfige Schätzbescheide) vorliegen, der älteste schon neun Monate alt. Die Bescheide wurden allerdings nicht beigefügt. Hat jemand Erfahrung, ob die Krankheit des StB einen erfolgversprechenden Wiedereinsetzungsgrund darstellt oder ein Haftungsfall vorliegt, falls die Steuerfestsetzung überhöht und nicht mehr änderbar ist? |
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17.05.2011, 13:37
Beitrag: #2
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RE: Wiedereinsetzungsgrund oder Haftungsfall?
"dass dort diverse Bescheide ..... vorliegen, der älteste schon neun Monate alt."
Nach § 69 (2) wird der Vertreter in eigener Verantwortung tätig. Also eigenverantwortlich. Wenn der Vertreter also keinen Wiedereinsetzungsgrund vortragen kann, haftet er m.M. n. ® |
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17.05.2011, 14:41
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.05.2011 19:57 von meyer.)
Beitrag: #3
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RE: Wiedereinsetzungsgrund oder Haftungsfall?
Da ist meine Frage wohl nicht richtig verstanden worden. Den Vertreter (wegen der schweren Erkrankung) gibt es erst seit Ende April (letzte Woche ist der Kollege dann verstorben). Es ist nicht ersichtlich, dass dem Vertreter etwas vorzuwerfen wäre. Der versucht anscheinend im Moment, aufzuräumen.
Auch ist ziemlich sicher ein StB-Haftungsfall (für den Verstorbenen, also jetzt den Nachlass) gegeben, sollte es wegen Bestandskraft von Schätzbescheiden etc. zu überhöhten endgültigen Steuerfestsetzungen gekommen sein, die nicht mehr wegzubekommen sind. Meine Frage war eigentlich nur, ob man mit der Wiedereinsetzung Erfolg haben könnte, oder ob man da ein Verschulden des Beraters sehen muss, das dem Stpfl. zuzurechnen ist, auch wenn er gar nicht informiert war und alles beim Berater versackt ist (und dem das wiederum als Verschulden zuzurechnen ist, da der sich nicht um eine Vertretung gekümmert hat). |
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17.05.2011, 15:34
Beitrag: #4
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RE: Wiedereinsetzungsgrund oder Haftungsfall?
Sicherlich ist es Pflicht des Beraters gewesen, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, aber es ist wohl auch von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
BFH schließt Wiedereinsetzung wg. Krankheit des Beraters zumindest nicht grundsätzlich aus: Urteil vom 17.10.2007 - I R 31/06 Leitsatz 2. Ein Steuerberater kann die Versäumung einer Frist nur dann mit Krankheit entschuldigen, wenn diese in einer Weise aufgetreten ist, dass dem Berater ein rechtzeitiges Tätigwerden nicht mehr zumutbar war. Ein solcher Sachverhalt muss, wenn auf ihn ein Wiedereinsetzungsgesuch gestützt wird, in geeigneter Weise glaubhaft gemacht werden. Fraglich ist m.E., ob das Hindernis schon mit der Bestellung des Vertreters weggefallen ist (§110 Abs. 2 S.1 AO). Ich würde auf jeden Fall erst mal schnellstens Wiedereinsetzung beantragen |
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17.05.2011, 22:24
Beitrag: #5
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RE: Wiedereinsetzungsgrund oder Haftungsfall?
Hallo,
warum Möglichkeiten wegwerfen, wenn man sie doch hat. Antrag auf Wiedereinsetzung stellen und sagen was Sache ist. Wenn das Amt die Wiedereinsetzung ablehnt, dann ist entsprechend Munition für eine Haftung vorhanden. Würdest Du es nicht auf diesem Wege versuchen, dann musst Du Dir am Ende gefallen lassen zu hören - man hätte ja Wiedereinsetzungsantrag stellen können. Weiß mal nach, dass der keinen Erfolg gehabt hätte. So wie es hier passiert ist, passiert es regelmäßig. Alleininhaber ohne Vertretungs- und Nachfolgeregelung geraten auf diese Weise immer wieder in Bedrängnis. Dumm nur, dass sie viel zu häufig ihre Mandanten mitnehmen und die dann mit der Aktualität von Straf- und Vollzugsmaßnahmen leben müssen. Ich kann da nur anraten für solch einen Fall eine Absprache mit einem Kollegen oder einer Kollegin zu treffen und die Mitarbeiter dahingehend zu informieren, dass der Kontakt aufgenommen werden kann. Kollege bzw. Kollegin können dann ja alles weitere veranlassen. So ist wenigstens gesichert, dass keine Fristen versäumt werden und die Kanzlei nicht im Chaos untergeht, falls der Inhaber dann doch mal wieder seine Tätigkeit aufnimmt. ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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