Steuerberater

Normale Version: Unzulässiger nachträglicher VdN
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Mir ist gerade in der Jurathek ein Thread aufgefallen, bei dem das FA wohl durch Eingabefehler in endgültige Bescheide bei späterern Änderungen einen VdN eingebaut hat, was ja eigentlich gar nicht möglich ist.

Da ich gerade was fast gleiches erlebt habe und überlege, ob ich daraus Kapital schlagen kann, stelle ich folgenden Fall mal zur Diskussion:

Fall:

Es ergehen Bescheide nach Ap mit Aufhebung VdN. Diese werden aus Unachtsamkeit bestandskräftig, obwohl noch Fehler zu Lasten Stpfl. enthalten sind.

Die Steuerfestsetzungen sind grundsätzlich (bis auf ein Jahr) mit Bestandskraft auch schon festsetzungsverjährt.

In der Folge ergehen aus anderen Gründen Änderungsbescheide mit Änderungen aus Grundlagenbescheiden. Die Folgebescheide werden in diesem Zusammenhang mit Einspruch angefochten. Änderungen sind im Rahmen des § 351 AO noch machbar, soweit kein Problem.

In der weiteren Folge erlässt das FA Teilabhilfebescheide, die Einsprüche laufen noch weiter, da der Ausgang eines anderen Verfahrens abgewartet werden soll.

Bei Erstellung dieser Teilabhilfebescheide hat das FA irgendwelche Rechnerprobleme. Die Bescheide lassen sicher erst nicht erstellen, es muss irgendwas neu aufgebaut werden (es handelt sich um recht umfangreiche G+E-Bescheide). Ergebnis: Es dauert, bis die Bescheide kommen. Diese enthalten jetzt plötzlich den Vermerk, dass die Änderung nach § 164 Abs. 2 AO erfolge und der VdN bestehen bleibe.

Frage:

Praktische Auswirkung ja oder nein? Kann man über den ursprünglichen Änderungsrahmen hinaus Kapital draus schlagen?

Mein Bauchgefühl sagt mir nein, falls aber ja, käme mir das bei meiner Argumentation sehr gelegen ...

Ansätze:

1. Ein Bescheid wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird, es sei denn, er ist nichtig. Könnte für mich sprechen.

2. Im Bescheid steht nicht, dass der unter VdN ergehe, sondern nur, dass der bestehen bleibe. Der bisherige angefochtene Bescheid hatte aber eindeutig keinen Vorbehalt mehr. Also nur eine fehlerhafte, aber bedeutungslose Erläuterung?

3. Der Bescheid war bis auf die im Einspruchsverfahren angefochtene Änderung bei Einspruchseinlegung schon festsetzungsverjährt (bis auf ein Jahr, es geht um mehrere Jahre). Selbst wenn man jetzt einen wirksamen VdN annehmen wollte, sollte einer Änderungsmöglichkeit doch insoweit Festsetzungsverjährung entgegenstehen ?
Dann werde ich mich mal mit meinem Senf äußern.

Zitat:Die Steuerfestsetzungen sind grundsätzlich (bis auf ein Jahr) mit Bestandskraft auch schon festsetzungsverjährt.

Daran wird man wohl nicht vorbei kommen. Ob mit VdN oder ohne.

Die Bescheide konnten nur aufgrund geänderter Grundlagenbescheide nochmal geändert werden. Nur hinsichtlich dieses Teils ist die Verjährung nochmal aufgehebelt worden.

Ergo können nunmehr nur noch Einwände bis zur Höhe der nach Bp festgesetzten Steuer vorgebracht werden.

Selbst ein wirksamer VdN (was ich hier bezweifle) entfällt grundsätzlich mit Ablauf der regulären Festsetzungsfrist. Insofern kann ein solcher auch nicht nach Ablauf der regulären Frist im Rahmen einer Änderung nach § 175 AO wirksam aufgenommen werden.
Kiharu schrieb:Selbst ein wirksamer VdN (was ich hier bezweifle) entfällt grundsätzlich mit Ablauf der regulären Festsetzungsfrist. Insofern kann ein solcher auch nicht nach Ablauf der regulären Frist im Rahmen einer Änderung nach § 175 AO wirksam aufgenommen werden.
Nun ja, eigentlich kann es den Fall ja sowieso überhaupt nicht geben und ist nur denkbar, wenn das FA Fehler macht.

Ein VdN kann ja sowieso nicht nachträglich aufgenommen werden
außer im Rahmen einer Verböserung in einem Einspruchsverfahren (wobei ich mich frage, ob das überhaupt noch zulässig wäre, wenn der Bescheid nur noch teilweise offen ist, wohl eher nicht, da es einen "Teil-VdN" ja nicht gibt).

Die Bescheide sind nunmal aber so ergangen und in der Welt, also mit dem Inhalt bekanntgegeben, auch wenn das noch so rechtswidrig ist.

Da ich im Einspruchsverfahren bin, ist die Verjährung ja in Höhe der Änderungen gehemmt. Das Argument, dass ein "normaler" Vorbehalt ja spätestens mit Festsetzungsverjährung entfallen wäre, kann ich zwar nachvollziehen, ist aber daher nicht auf den ersten Blick zwingend.

In der Tat bin ich aber auch nicht sicher, ob man bei dem angegebenen Vermerk überhaupt einen VdN ableiten kann, da nur drinsteht "der Vorbehalt der Nachprüfung bleibt bestehen". Kann man daraus ableiten, dass der Bescheid überhaupt einen VdN enthält?

Als FA würde ich argumentieren, dass ein nicht vorhandener Vorbehalt nicht bestehen bleiben kann, der Hinweis also ins Leere geht und nur versehentlich eine falsche Änderungsnorm genannt wurde. Passt nur leider nicht zu meinem gewünschten Ergebnis ...

Gehen wir aber mal davon aus, das FA habe aufgrund technischer Probleme (meinetwegen offenbare Unrichtigkeit) einen solchen Bescheid eindeutig unter VdN erlassen und Festsetzungsverjährung sei kein Thema.

Könnte der Bescheid dann wieder nach § 164 AO geändert werden? Im Moment neige ich dazu, dass zu bejahen, denn die Nebenbestimmung wäre, wenn dies nicht im Einspruchsverfahren gerügt und rückgängig gemacht wird, zwar rechtswidrig, aber doch mit diesem Inhalt wirksam. Und dann müsste doch eine Änderung nach § 164 AO wieder möglich sein ?
Sind ja schon mächtig viele "Wenns"....Wink

Also, meine Aussage bezog sich ausschließlich auf die Fälle, wo zwischenzeitlich Verjährung eingetreten ist. Was nützt denn der schönste VdN in Ihrem Fall (Einspruch nach Änderung wg. Grundlagenbescheid), wenn bis auf den Teil, welcher vom Grundlagenbescheid erfasst wird (und damit meine ich die steuerliche Auswirkung) der Rest bereits verjährt ist bis in die ewigen Jagdgründe? Aber ich denke, da sind wir uns einig, oder?

Nun also geht es Ihnen nicht mehr um "Ihren" verjährten Fall sondern eher um "Was wäre wenn" ?


Zitat:Als FA würde ich argumentieren, dass ein nicht vorhandener Vorbehalt nicht bestehen bleiben kann, der Hinweis also ins Leere geht und nur versehentlich eine falsche Änderungsnorm genannt wurde. Passt nur leider nicht zu meinem gewünschten Ergebnis ...

Mag sein, würde ich aber so nicht unterschreiben wollen. Und schon gar nicht vors Gericht mit ziehen...Rolleyes Was jedoch die falsche Änderungsnorm als solche angeht (der Bescheid ist nach § 164 bla bla geändert), da gibts es Rechtsprechung, dass dies total Banane ist. Hauptsache es gab überhaupt eine Korrekturnorm, die hätte angewandt werden können. Sprich: Angabe der falschen Norm, ist egal.

Da schließe ich mich schon eher Ihrer Meinung an, dass gilt, was im Bescheid geschrieben ist. Und wenn dann urplötzlich ein VdN drin ist, dann gilt der Bescheid mit diesem Inhalt als bekanntgegeben und wirksam. Ob das FA das nun wollte oder nicht, spielt keine Rolle.

Aber ich geh nochmal ein wenig auf die Suche, vielleicht finde ich ja noch was handfestes...Big Grin
Dass fehlerhafte Benennung der Änderungsnorm egal ist, ist klar. Relevant kann nur die Aussage sein, dass der Vorbehalt bestehen bleibt. Fraglich ist also, ob dies bewirkt, dass der laufende Bescheid unter VdN steht, obwohl es der vorherige Bescheid bestandskräftig nicht mehr war.

Das ist m. E. das "Haupt-Wenn", nämlich die Frage, ob die gänderten Bescheide überhaupt einen Vorbehalt enthalten. Wenn nicht, ändert sich durch die Bescheidänderung am bisherigen Status-Quo gar nichts.

Wenn ja, habe ich aber unabhängig von der Festsetzungsverjährung wahrscheinlich ein Jahr noch offen. Und das ist auch noch das mit der Hauptauswirkung, würde mir also schon deutlich weiterhelfen (es könnte um eine hohe fünfstellige Summe gehen). Insofern ist die Verjährung für mich zweitrangig.

Zusätzlich Verlieren kann ich im Grunde nicht und der zusätzliche Aufwand, die SB auf das Thema VdN mal anzusetzen, hält sich sehr in Grenzen.

Ich durchdenke die Chancen aber gern im Vorhinein und mache mir natürlich keine Arbeit, wenn es in einer Sache überhaupt keine Aussichten gibt.
Hier zumindest die Lösung für Ihre verjährten Jahre
Zitat:Kein erstmaliger Vorbehalt der Nachprüfung nach Verjährungseintritt: 1. Nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist kann ein Vorbehalt der Nachprüfung nicht mehr erstmalig gesetzt werden. - 2. § 164 Abs. 4 AO ist dahingehend auszulegen, dass ein derartiger verspätet gesetzter Vorbehalt der Nachprüfung eine juristische Sekunde nach seinem Erlass kraft Gesetzes wieder entfällt. - Urt.; FG Münster 13.10.2006, 11 K 2803/05 E; SIS 07 01 81



Chancen hinsichtlich des nicht verjährten Jahres sehe ich da schon, insofern würde ich es schon versuchen.

Hier
Zitat:Das ist m. E. das "Haupt-Wenn" nämlich die Frage, ob die gänderten Bescheide überhaupt einen Vorbehalt enthalten.

Der Vorbehalt ist wirksam, sofern er nicht nichtig ist. Das FA wird sich unter Umständen daran aufhängen, dass der Vermerk nicht hinreichend bestimmt sei. Da wird sich doch was in den gängigen Kommentaren zu finden, oder? So aus dem Bauch heraus, sehe ich hier eigentlich schon eine hinreichende Bestimmtheit, da dort steht "steht weiterhin unter VdN".

Der nächste Punkt, der die Sache ins Kippen bringen könnte, wäre jedoch § 129 AO. Sofern das FA nachweisen kann, dass es sich um einen reinen Eingabefehler handelt, könnte es den VdN über § 129 wieder raus nehmen.

In diesem Zusammenhang stellt sich bei mir jedoch eine Frage:
Kann es sein, dass der ursprüngliche Bescheid (ohne VdN) von einem anderen FA erlassen wurde?
Unter normalen Umständen, zickt das Programm rum, wenn die Kennzahl für "Änderung nach § 164 und VdN bleibt bestehen" eingegeben wird, obwohl im vorherigen Bescheid kein VdN drin war. Das würde bedeuten, dass im Rahmen der Nachspeicherung was schief gegangen ist.
Danke. Habe das Urteil bereits gesichtet. Allerdings unterscheidet sich der Fall von meinem, denn ich habe hier Teilabhilfebescheide im Rahmen eines Einspruchsverfahrens, d. h. die Änderungsbescheide werden Gegenstand des Verfahrens und in dem Moment müsste ich nach der Argumentation des FG eigentlich eine Hemmung haben, so dass der Vorbehalt nicht in der nächsten logischen Sekunde entfällt. Im Verfahren ging es um einen Änderungsantrag nach § 164 nachdem ein Rechtsbehelfsverfahren wegen Fristversäumnis beendet war.

Eher könnte ich mir als Argument vorstellen, dass das, was schon mal festsetzungsverjährt war, nicht plötzlich durch einen versehentlichen VdN wieder offen sein kann. Dann käme ich zu einer Art auf die Höhe der noch nicht verjährten Beträge begrenzten VdN. Das würde nichts bringen, denn das habe ich auch durch das Einspruchsverfahren.

Über § 129 AO habe ich auch schon drüber nachgedacht. Dazu gibt es ja auch Urteile zum umgekehrten Fall (VdN vorgesehen, aber Kennzeichen versehentlich nicht gesetzt). Das FA kann dann über § 129 AO den VdN doch noch ziehen.

Aber wie will das FA hier im umgekehrten Fall § 129 AO anwenden und sich dabei schadlos halten? Dazu müsste erstmal ein berichtigter Bescheid ergehen und der führt ja erst mit Bekanntgabe bzw. deren Bestandskraft zum Wegfall und nicht rückwirkend. Demzufolge müsste ich einhaken können, es sei denn, es gibt noch einen ganz feinen Winkelzug über über Treu und Glauben oder so.

Zitat:In diesem Zusammenhang stellt sich bei mir jedoch eine Frage:
Kann es sein, dass der ursprüngliche Bescheid (ohne VdN) von einem anderen FA erlassen wurde?
Nein, kein anderes FA. Ich weiß von der RB-SB, dass sie technische Probleme hatte, die Änderungsbescheide zu erlassen und die G+E-Bescheide "neu aufbauen" musste (was immer das heißt). Deshalb hat es auch von der telefonischen Ankündigung bis zur Bescheiderteilung gut zwei Monate gedauert.

Da muss wohl irgendwas in der EDV schiefgelaufen sein. Vermutlich wurde irgendwas manuell neu eingegeben.
Haben Sie die PN erhalten?
Danke für den Hinweis auf die PN, hatte schon länger nicht mehr auf die geachtet, da waren noch zwei ältere weitere ungelesene drin.

Das Ganze ist übrigens bei einem FA in Niedersachsen.

Zu dem § 129 bin ich immer noch nicht überzeugt, dass das FA damit Chancen hätte, wenn es eine offenbare Unrichtigkeit ist.

Vereinfachen wir den Fall mal und blenden alle Verjährungsprobleme aus.

Ich bekomme Änderungsbescheid, der aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit unter VdN ergeht, obwohl der vorherige das eindeutig und gewollt nicht war. Der ursprüngliche Bescheid ist bestandskräftig.

Der VdN gefällt mir, weil ich noch was nachschieben will, an das ich sonst nicht mehr dran käme.

Ich könnte jetzt einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO stellen, so lange keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist und der VdN noch drinsteht.

Jetzt kommt das FA mit § 129 AO. Was will es da machen, wenn der Bescheid mit VdN wirksam bekannt gegeben ist ? Der Änderungsantrag ist doch gestellt, zu einem Zeitpunkt, wo der Bescheid die Nebenbestimmung enthielt ? Da sehe ich nicht, wie das FA aus der Nummer über den 129 rauskommen will.

Abwandlung 1:

Es läuft bereits ein Einspruch gegen einen Änderungsbescheid. Somit offen nur noch im Rahmen des 351.

Der VdN taucht plötzlich in einem Teilabhilfebescheid auf. Der Bescheid wird somit Gegenstand des bereits laufenden Verfahrens. Ich stelle keinen 164er Antrag sondern erweitere mein Einspruchsbegehren. Da sich aus 164 eine weitergehende Änderungsmöglichkeit ergibt, sollte die Beschränkung nach § 351 eigentlich nicht mehr greifen.

FA erlässt zur Korrektur Berichtigung nach § 129, die wieder Gegenstand des Einspruchsverfahrens wird. Hier kann ich innerhalb des Einspruchsverfahrens doch einhaken und vorbringen, dass bei dieser Berichtigung doch jedenfalls der bestehende materielle Fehler fehlersaldierend hätte berücksichtigt werden müssen ? (Zum Vergleich: Das FA habe den Gewinn durch einen reinen Eingabefehler zu niedrig berücksichtigt und will das wieder über 129 geradebiegen. Da kann ich doch auch saldierend einhaken).

Abwandlung 2:

Wir vor, jedoch sei die ursprüngliche Festsetzung bereits verjährt. Jetzt kommt der VdN, der lt. FG in der nächsten juristischen Sekunde nach Ablauf der Festsetzungsverjährung entfällt. Hier aber Hemmung wegen Einspruchsverfahren, da das zu dem Zeitpukt schon anhängig war. Ergo gleiches Ergebnis wie vor (ggf. beschränkt auf den nicht verjährten Teil).

Ist auf jedenfalls ein interessantes und wohl noch nicht vollständig ausgeurteiltes Terrain.
Vorweg, ich habe das heute mal mit einer Kollegin besprochen. Einhellige Meinung, doof gelaufen fürs FA, da kein Fall des § 129 AO, da ein Rechtsirrtum nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer Änderung muss zwangsläufig eine Kennzahl für die Korrekturnorm eingegeben werden. Wenn nun die Kennzahl für Änderung nach § 164 (weil die interne Nachspeicherung falsch war) eingegeben wird, muss sich der Bearbeiter zwangsläufig Gedanken machen, welche KZ er jetzt eingibt. Und genau dadurch kann ein Rechtsirrtum nicht mehr ausgeschlossen werden. Ein reiner Eingabefehler mag vielleicht bei der Nachspeicherung vorgelegen haben aber nie nimmer nie nicht mehr bei den Ihnen vorliegenden Änderungsbescheiden.

Insofern sind ihre weiteren Gedanken zu § 129 und wie das FA das umsetzen möchte eher theoretischer Natur.

Ich werde mich heute abend nochmal zu Ihren theoretischen Überlegungen räuspern.
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