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Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
22.11.2012, 18:36 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.11.2012 19:15 von Jim.)
Beitrag: #1
Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
Hallo allerseits,


ich beschäftige mich mittlerweile seit 2 Jahrzehnten mit dem Steuerrecht, aber folgendes ist mir jetzt erstmalig auf den Schreibtisch gekommen:

Ein Berliner Finanzamt schreibt "...wurden die Bescheide ... am XX.XX.2012 um XX.XX Uhr durch einen Bediensteten des Finanzamts persönlich in den Briefkasten ihrer Mandantin eingelegt."

So weit, so gut. Die benannte Mandantin hingegen teilt dazu mit, sie habe ihre Wohnung 17 Tage vor dem vom Finanzamt genannten Termin an den Vermieter zwecks Abnahme zurückgegeben und jener habe noch am gleichen Tage ihr Namensschild vom Briefkasten entfernt. Die neue Wohnadresse könne dem Finanzamt zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sein.

Bevor ich mir eine Meinung darüber zu bilden versuche, welche von beiden Seiten nun lügt, frage ich mich folgendes:

- Kommt es wirklich vor, dass ein Finanzamt Steuerbescheide durch seine eigenen Beamten zustellen lässt? Ich habe davon in, wie gesagt, 20 Jahren noch nie gehört. Andererseits habe ich auch noch eine so hohe Meinung von unserem Rechtsstaat, dass ich nicht ohne weiteres davon ausgehen möchte, seine Beamten würden lügen.

- Angenommen, es ist, wie die Mandantin sagt. Wäre es dann denkbar, dass das Finanzamt die zwei Wochen zwischen ihrem Auszug und der Zustellung der Bescheide genutzt hat, um - z.B. mit Hilfe des Einwohnermeldeamtes oder durch Rückfrage beim ehemaligen Vermieter - die neue Anschrift ermittelt und an jene zugestellt hat?

Ansonsten fällt mir als mögliche Konstellation, bei der keiner von beiden lügt, nur ein, dass der Finanzbeamte dort im Haus erst mal vergeblich nach dem zutreffenden Briefkasten gesucht und (mangels Namensschild) keinen gefunden haben könnte, dann vielleicht irgendeinen Hausbewohner gefragt und der ihm den vormaligen Briefkasten der (längst ausgezogenen) Steuerpflichtigen gezeigt haben könnte, woraufhin der Beamte möglicherweise tatsächlich die Bescheide dort drin deponiert haben könnte. Dann hätten wir natürlich einen astreinen Bekanntgabemangel.

Irgendeine Empfangsvollmacht existierte übrigens im fraglichen Zeitraum nicht.
Die Bescheide tragen ein Datum, das genau zehn Tage nach dem angeblichen Auszug und eine Woche vor der angeblichen Zustellung liegt, und sind noch an die alte Adresse der Steuerpflichtigen adressiert.
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22.11.2012, 19:19 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.11.2012 18:13 von meyer.)
Beitrag: #2
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
Ungeachtet der Problematik des persönlichen Services des Finanzamtes:

Was ist denn das Problem? Wird der Zugang des Bescheides bestritten bzw. ist das kriegsentscheidend?

Denkbar erscheint mir zumindest, dass die normale Post an die alte Anschrift an das FA zurückgegangen ist, weil evt. dort kein Briefkasten mehr vorhanden war. Dann wird nach meiner Kenntnis eigentlich versucht, eine aktuelle Anschrift zu ermitteln. Hier hat vielleicht ein eifriger preußischer Beamter irgendwo den Brief tatsächlich persönlich eingeworfen. Das FA wäre sicherlich in der Pflicht, den Vorgang weiter aufzuklären, so denn der Zugang bestritten wird, zumindest wirft dieser einiger Fragezeichen auf.
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22.11.2012, 20:04
Beitrag: #3
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
(22.11.2012 19:19)meyer schrieb:  Wir der Zugang des Bescheides bestritten bzw. ist das kriegsentscheidend?

Genau das ist der Punkt: Zugang des Bescheides. Wir haben es natürlich mit Fristablauf zu tun.
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22.11.2012, 20:13
Beitrag: #4
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
hmm .. also meine Meinung ist.

Egal ob da irgendwer lügt oder nicht.

Wenn Deine Mandantin zum Zeitpunkt des Einwurfs in den Briefkasten durch den Finanzbeamten dort ausgezogen war, erfolgte keine wirksame Bekanngabe, da kein zugang in die Sphäre der Mandantin mehr erfolgen konnte.

lg, Jive

"Der Bankraub ist eine Initative von Dilettanten.
Wahre Profis gründen eine Bank."

- Bertold Brecht -
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22.11.2012, 20:15
Beitrag: #5
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
(22.11.2012 20:13)Jive schrieb:  eine wirksame Bekanngabe, da kein zugang in die Sphäre der Mandantin mehr erfolgen konnte.

Da gedenke ich auch anzusetzen.
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22.11.2012, 20:49
Beitrag: #6
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
(22.11.2012 18:36)Jim schrieb:  - Kommt es wirklich vor, dass ein Finanzamt Steuerbescheide durch seine eigenen Beamten zustellen lässt?

Ja, habe ich selbst schon veranlasst. Allerdings wegen des Zustellnachweises mit Zeugen...
(22.11.2012 18:36)Jim schrieb:  - Angenommen, es ist, wie die Mandantin sagt. Wäre es dann denkbar, dass das Finanzamt die zwei Wochen zwischen ihrem Auszug und der Zustellung der Bescheide genutzt hat, um - z.B. mit Hilfe des Einwohnermeldeamtes oder durch Rückfrage beim ehemaligen Vermieter - die neue Anschrift ermittelt und an jene zugestellt hat?

Ja, große Ermittlungen sind nicht notwendig, denn die Finanzämter haben direkten Zugriff auf die Meldedaten. Dazu braucht mit niemandem Kontakt aufgenommen zu werden.

(22.11.2012 18:36)Jim schrieb:  Die Bescheide tragen ein Datum, das genau zehn Tage nach dem angeblichen Auszug und eine Woche vor der angeblichen Zustellung liegt, und sind noch an die alte Adresse der Steuerpflichtigen adressiert.

Wie bist du zu den Bescheiden gekommen, wenn sie nicht zugegangen sind?

Man muss nur lange genug am Fluss sitzen, um die Leichen seiner Feinde vorbei schwimmen zu sehen. (chinesisches Sprichwort)
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22.11.2012, 21:11
Beitrag: #7
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
(22.11.2012 20:49)Stadtkatze schrieb:  Wie bist du zu den Bescheiden gekommen, wenn sie nicht zugegangen sind?

Ich habe um Bekanntgabe gebeten (woraufhin das FA ja mitgeteilt hat, die Bescheide wären bereits im XX.2012 in den Briefkasten eingelegt worden) und daraufhin Duplikate der angeblich bereits bekanntgebenen Bescheide erhalten.
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23.11.2012, 18:27
Beitrag: #8
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
Ich würde zunächst telefonisch nachfragen, unter welcher Adresse die Post denn persönlich eingelegt worden sein soll. Wenn das die alte ist, stehen die Chancen sicher gut, den Zugang erfolgreich zu bestreiten, denn das FA wäre m. E. in der Pflicht, den Zugang nachzuweisen.

Nach der derzeiten Darstellung kann das FA wohl den Einwurf des Bescheides vielleicht ausreichend nachweisen aber wohl eher nicht, dass dort noch eine wirksame Bekanntgabe erfolgen konnte. Gegen das FA spricht auch, dass sehr wahrscheinlich zunächst ein Versand per Post nicht geklappt hat, darauf deutet jedenfalls hin, dass das ursprüngliche Bescheiddatum früher lag und dass überhaupt ein persönlicher Einwurf vorgenommen wurde. Das würde sich mit der Aussage decken, dass kein beschrifteter Briefkasten mehr vorhanden war.

Sollte der Einwurf bei der aktuellen Anschrift erfolgt sein, sieht es wahrscheinlich schlecht aus, außer der Akteninhalt des FA reicht in solchen Fällen (ohne Zeugen) als Beweis nicht aus, da bin ich mir nicht ganz sicher.

Wenn Mandant behauptet, den Bescheid nicht erhalten zu haben, muss man das als StB erstmal so annehmen (außer Lüge des Mandanten ist noch denkbar, dass der so chaotisch veranlagt ist, dass er seine Post nicht im Griff hat und das gar nicht bewusst zur Kenntnis genommen hat oder dass der Bescheid zwischen Briefkasten und Entnahme durch Mandant verlorengegangen ist (Hund, Putzfrau oder was auch immer).

Ist bekannt, wann sich die Mandantin umgemeldet hat? Wenn das erst mit Verzögerung geschah, hat das FA evt. noch die alten Meldedaten abgefragt.
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24.11.2012, 17:52
Beitrag: #9
RE: Finanzamt stellt Steuerbescheide persönlich zu?
(23.11.2012 18:27)meyer schrieb:  Ist bekannt, wann sich die Mandantin umgemeldet hat? Wenn das erst mit Verzögerung geschah, hat das FA evt. noch die alten Meldedaten abgefragt.

Ich bin noch dabei, das aufzuklären. Habe von der Mandantin das Wohnungsübergabeprotokoll, die Ummeldebescheinigung, die Abmeldung bei den Stadtwerken, die Umzugsrechnung und alles andere, was im Zusammenhang mit dem Umzug steht, verlangt.
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