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unklare Einspruchsentscheidung
19.07.2012, 08:39
Beitrag: #1
unklare Einspruchsentscheidung
Moin,
zu folgendem Fall würde ich gerne mal ein paar Meinungen hören:
Es geht mal wieder um die Verlustfeststellung. Es wurde beantragt, für alte Jahre, in denen unzweifelhaft die 4-jährige Festsetzungsfrist abgelaufen ist, einen Verlustfeststellungsbescheid zu erlassen. Nun kommt die Einspruchsentscheidung mit folgendem Tenor:
"gegen den Bescheid über die Nichtveranlagung zur ESt ... wird der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen".
In den Entscheidungsgründen heißt es aber:
"Eine Antragsveranlagung bzw. eine Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags kann wegen der eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht mehr durchgeführt werden".

Ist mit dieser Entscheidung überhaupt wirksam über die Verlustfeststellung (Ablauf der Feststellungsfrist) entschieden worden? Wie sollte man verfahrenstechnisch vorgehen? Klage oder Aufforderung an das FA, eine wirksame Ablehnung der Verlustfeststellung zu erlassen?
Grüße
Eisvogel
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19.07.2012, 12:33
Beitrag: #2
RE: unklare Einspruchsentscheidung
Die Änderung des § 10d (4) Satz 4 EStG machts möglich:

Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, ..., zu Grunde gelegt worden sind;

Sprich: Keine Einkommensteuerfestsetzung - keine VV-Festsetzung.

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19.07.2012, 12:44
Beitrag: #3
RE: unklare Einspruchsentscheidung
(19.07.2012 12:33)ecro schrieb:  Die Änderung des § 10d (4) Satz 4 EStG machts möglich:

Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, ..., zu Grunde gelegt worden sind;

Sprich: Keine Einkommensteuerfestsetzung - keine VV-Festsetzung.
m.E. nein, das hatten wir in dem von mir verlinkten Thread schon mal. Hier geht es mir darum, ob das FA überhaupt eine wirksame Einspruchentscheidung hinsichtlich der Verlustfeststellung (nicht der Veranlagung) getroffen hat. Hier wird nur die Verlustfeststellung beantragt, das FA entscheidet aber im Tenor über die Veranlagung, in den Entscheidungsgründen aber auch über die Verlustfeststellung, wobei da nur von Festsetzungsfrist und nicht Feststellungsfrist gesprochen wird. Das ist aber genau der entscheidende Unterschied. Festsetzungsfrist 4Jahre, Feststellungsfrist 7 Jahre.
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19.07.2012, 13:52 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 19.07.2012 13:53 von ecro.)
Beitrag: #4
RE: unklare Einspruchsentscheidung
(19.07.2012 12:44)Eisvogel schrieb:  wobei da nur von Festsetzungsfrist und nicht Feststellungsfrist gesprochen wird. Das ist aber genau der entscheidende Unterschied.

Bis eben habe ich da keinen Unterschied gesehen, was die Zeitläufe betrifft. Steuern werden festgesetzt und Besteuerungsgrundlagen eben festgestellt.

Gleichwohl klart aber bei mir der Gedanke auf, was du meinst. Dann sind wir nämlich im Satz 5.

"Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit ... berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt."

Und das ist ja nicht der Fall. Der EStB unterbleibt ja nicht mangels Auswirkung auf die festzusetzende Steuer, sondern aus anderen Gründen.

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19.07.2012, 14:43
Beitrag: #5
RE: unklare Einspruchsentscheidung
Wie lautet der von Euch gestellte Antrag?
Was wurde abgelehnt (Feststellung eines Verlustes oder Durchführung der Veranlagung ?)
Wogegen wurde genau Einspruch eingelegt?


Ich weiss zwar, was du meinst aber dazu ist es wichtig zu wissen, was verfahrensrechtlich VOR der EE abgelaufen ist.

Ich gehe davon aus, ihr habe ne ganz normale Erklärung abgegeben mit dem Kreuzchen für Verlustfeststellung.

Dann gabs den üblichen Schriebs von wegen Nichtveranlagung wg. Ablaufs der Festsetzungfrist, Rb-Belehrung - fertig.

Aber jetzt wirds interessant! Was genau habt ihr jetzt gemacht?

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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19.07.2012, 16:48
Beitrag: #6
RE: unklare Einspruchsentscheidung
(19.07.2012 14:43)Kiharu schrieb:  Ich gehe davon aus, ihr habe ne ganz normale Erklärung abgegeben mit dem Kreuzchen für Verlustfeststellung.

Dann gabs den üblichen Schriebs von wegen Nichtveranlagung wg. Ablaufs der Festsetzungfrist, Rb-Belehrung - fertig.
ja, genau.

(19.07.2012 14:43)Kiharu schrieb:  Was wurde abgelehnt (Feststellung eines Verlustes oder Durchführung der Veranlagung ?
Das ist ja schon die LösungSmile.
Es wurde nur die Veranlagung abgelehnt und dagegen wurde dann Einspruch eingelegt. Dann wurde im Schriftverkehr nochmals darauf hingewiesen, dass mit der eingereichten Erklärung die Feststellung eines Verlustes beantragt wurde. Hierüber wurde aber ja tatsächlich noch gar kein Ablehnungsbescheid erteilt, gegen den Einspruch eingelegt werden konnte. Es gab dann nur diese Einspruchsentscheidung, die ja in der Einspruchsbegründung auch die Verlustfeststellung ablehnt. Aber ohne Einspruch kann es ja gar keine wirksame Einspruchsentscheidung geben.
Wir treten also jetzt alles in die Tonne und bitten um Erteilung eines (Ablehnungs-)Bescheides über die Verlustfeststellung.
Ganz vielen Dank @Kiharu
Eisvogel
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19.07.2012, 18:32
Beitrag: #7
RE: unklare Einspruchsentscheidung
Zitat:Wir treten also jetzt alles in die Tonne und bitten um Erteilung eines (Ablehnungs-)Bescheides über die Verlustfeststellung.

Genau das ist der verfahrensrechtlich richtige Weg.

Obs materiellrechtlich was bringt (nach der Änderung des § 10d Abs. 4 EStG) sei mal dahingestellt.

Zitat:Ganz vielen Dank

Da nich für Wink

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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19.07.2012, 20:43
Beitrag: #8
RE: unklare Einspruchsentscheidung
(19.07.2012 18:32)Kiharu schrieb:  Genau das ist der verfahrensrechtlich richtige Weg.

Und genau das sehe ich anders. Ãœber den VV-Antrag muss nicht mehr entschieden werden. Wegen Satz 5.

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20.07.2012, 07:26 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.07.2012 07:27 von Kiharu.)
Beitrag: #9
RE: unklare Einspruchsentscheidung
@ecro
Grundsätzlich bin ich ganz bei dir.

ABER @Eisvogel will ja darauf hinaus, dass die 7jährige Feststellungsfrist für den Verlustfeststellungsbescheid gilt, gerade und weil ja keine Einkommensteuerfestsetzung (und damit keine Quasi-Grundlagenbescheid) vorliegt. Dies kann er aber nur in einem RB-Verfahren wg. Verlustfeststellung erreichen. Denn für die ESt-Festsetzung ist der Zug nun unstreitig abgefahren. Um in ein Rb-Verfahren wg. Verlustfeststellung zu kommen, muss dafür erstmal der Antrag abgelehnt werden.

Hier mal die Passage aus DStR

Zitat:Verlustfeststellungsbescheid ohne Steuerfestsetzung

2.4 Verlustfeststellung ohne Einkommensteuerveranlagung
Es ist vorstellbar, dass der Steuerpflichtige einerseits negative Einkünfte erzielt, andererseits jedoch eine Veranlagung zur Einkommensteuer unterbleibt.


Beispiel 4:
Nach langjähriger Ausbildung tritt A in das Berufsleben ein und erzielt ab 2010 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. H. von 40 000 €. Anfang 2006 erbte er von seinem Vater ein Mietwohngrundstück. Daraus ergeben sich jährlich negative Einkünfte aus VuV von 10 000 €. A reicht erstmals im Februar 2011 eine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2010 beim FA ein.

Abwandlung: Die Immobilie wurde bereits im Januar 2000 durch Erbfolge übertragen.



Fraglich ist zunächst, ob ein Verlustfeststellungsbescheid ohne Steuerfestsetzungsverfahren überhaupt ergehen darf bzw. ob ein bereits ergangener Verlustfeststellungsbescheid unter dem Vorbehalt eines noch zu erlassenen Steuerbescheides steht. Das Gesetz schweigt dazu. Allerdings ordnet § ESTG § 10d Abs. ESTG § 10D Absatz 4 Satz 1 EStG unmissverständlich an, dass der am Schluss eines Veranlagungszeitraumes verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist. Dazu bedarf es keiner vorhergehenden oder nachfolgenden Einkommensteuerfestsetzung. Auch sieht weder § AO § 180 AO noch die spezialgesetzliche Regelung des § ESTG § 10d EStG zwingend eine Steuerfestsetzung allein für Zwecke der Verlustfeststellung vor.

Ohne Steuerfestsetzung entfällt allerdings eine Bindungswirkung für den Verlustfeststellungsbescheid. Bindungswirkung tritt nur ein, wenn die Besteuerungsgrundlagen tatsächlich einer Steuerfestsetzung zugrunde gelegt wurden. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 318/10, S. 76, 77) zum Ausdruck. Danach soll der Einkommensteuerbescheid wie ein Grundlagenbescheid wirken, obwohl er verfahrensrechtlich wie bisher kein Grundlagenbescheid ist.

Der Einkommensteuerbescheid ist also in Bezug auf die darin enthaltenen Besteuerungsgrundlagen ein Nichtgrundlagenbescheid, der gleichwohl die Rechtsfolgen eines Grundlagenbescheides entfaltet. § ESTG § 10d Abs. ESTG § 10D Absatz 4 Satz 4, 2. Halbsatz EStG n. F. stellt dies durch ausdrücklichen Verweis auf § AO § 171 Abs. AO § 171 Absatz 10, § AO § 175 Abs. AO § 175 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und § AO § 351 Abs. AO § 351 Absatz 2 AO sicher. A kann demnach ungehindert zum 31. 12. 2009 die Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes i. H. von 40 000 € (4 Jahre × 10 000 €) beantragen. Dahinstehen kann, ob jährlich beginnend zum 31. 12. 2006 eine Verlustfeststellung zu erfolgen hat oder das Finanzamt vereinfachend zum 31. 12. 2010 einen vortragsfähigen Verlust von 0 € und damit den vollständigen Verlustverbrauch feststellt.

Keine Feststellung verjährter Verluste

Allerdings kann A die Verlustfeststellung nicht zeitlich unbegrenzt beantragen. Sie entfällt mit Eintritt der Feststellungsverjährung. Feststellungsverjährung ist im obigen Beispiel 4 (Grundfall) noch nicht eingetreten, im Fall der Abwandlung hingegen für die Feststellungszeiträume 2000 bis 2003. Dabei ist von einer vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § AO § 169 Abs. AO § 169 Absatz 2 Nr. 2 AO zuzüglich einer dreijährigen Anlaufhemmung nach § AO § 170 Abs. AO § 170 Absatz 2 Nr. 1 AO auszugehen (BFH v. 10. 7. 2008, BFH 10.07.2008 Aktenzeichen IX R 86/07, BeckRS 2008, BECKRS Jahr 25014419; FG München v. 20. 7. 2010, FGMUENCHEN 20.07.2010 Aktenzeichen 2 K 2868/08, BeckRS 2010, BECKRS Jahr 26030078; ebenso Heinicke, in: Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 10d Rz. 47; Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2010, § 10d Rz. 24.).

Bei @Eisvogel gibt es keine Einkommensteuerfestsetzung. Wenn er jetzt einen Antrag auf Verlustfeststellung stellt, wird dieser abgelehnt werden. Das FA wird sich auf die fehlende ESt-Festsetzung berufen und basta. Dann wäre wiederum Einspruch möglich und man könnte die Argumentation aus DStR aufnehmen. Das FA wird es sich dann aber einfach machen und den Bescheid über die Nichtdurchführung der Veranlagung zum Quasi-Grundlagenbescheid erklären und den Einspruch unter Bezug auf § 351 Abs. 1 AO als unbegründet zurückweisen (m.E. falsch aber der einfachste Weg).

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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20.07.2012, 09:14
Beitrag: #10
RE: unklare Einspruchsentscheidung
Da sieht man mal, wie einfach die frühere Regelung war. Dieses Problem jedenfalls hätte es nicht gegeben.

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