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Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
16.05.2011, 22:08
Beitrag: #1
Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Hallo,


Heute mal was verfahrensrechtliches zur Diskussion.



Steuerpflichtige geht zur befreundeten Beraterin A zwecks Anfertigung Einkommensteuererklärung, nachdem sie dazu aufgefordert wurde.
Beraterin A kommt nicht in die Gänge, es folgt ein Schätzbescheid mit VdN. Der Bescheid ergeht direkt an die Steuerpflichtige.

Beraterin A legt Einspruch, ohne weitere Begründung ein.

Finanzamt fordert (vermutlich mehrfach) Einspruchsbegründung oder Abgabe der Steuererklärungen, ansonsten Entscheidung nach Aktenlage.


Weil Beraterin A nicht aktiv wird, beauftragt die Steuerpflichtige Berater B mit der Sache. Berater B versucht an Rechtsbehelfsunterlagen sowohl bei der Beraterin A als auch beim FA zu erlangen. FA hat inzwischen Kenntnis über Empfangs- und Vertretungsvollmacht von Berater B.

Bei einem Telefonat mit dem zuständigen Finanzamt wird vom Sachbearbeiter die Aufhebung des VdN avisiert mit der Möglichkeit gegen den neuen Bescheid (Folgebescheid) erneut Einspruch einzulegen und innerhalb der (neuen) Rechtsbehelfsfrist die Erklärung abzugeben.

Es kommt zu einem Sachbearbeiterwechsel. Info zum Telefonat ergibt sich aus Beraterakten, aber nicht aus FA-Akten.

Neuer Bescheid kommt zu Berater B, welcher erneut Einspruch einlegt (und bisherigen Schriftverkehr sowie Bescheide immer noch nicht erhalten hat). Unmittelbar nach dem Einspruch erfolgt Abgabe der Steuererklärungen, die dann wenigstens gemacht werden konnten.

Ein paar Tage später kommt eine ablehnende Einspruchsentscheidung mit Hinweis auf 173 AO und der Erläuterung, dass die Aufhebung des VdN einen neuen Bescheid notwendig macht, dieser aber an die Stelle des vorhergehenden, rechtsbehelfsbehafteten Bescheides tritt. Da sich negativer Einspruchsentscheid und Abgabe der Steuererklärung überschnitten haben, besteht FA auf den ergangenen Ablehnungsbescheid.


Berater B unterstützt Mandant zur Schadensersatzklage gegen Berater A, da aufgrund Vorauszahlungen und Schätzbescheid insgesamt mehr gezahlt wurde, als nach tatsächlicher Veranlagung zu zahlen gewesen wäre.

Es wird überlegt gegen die negative Einspruchsentscheidung zu klagen. Doch welche Anknüpfungspunkte sind vorhanden?

----------
Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. -
George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker
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16.05.2011, 23:31
Beitrag: #2
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
was heisst denn "Da sich negativer Einspruchsentscheid und Abgabe der Steuererklärung überschnitten haben"?

ich denke dabei daran, dass auch bei einer EE die bekanntgabefiktion von 3 tagen gilt. wenn die erklärung vor bekanntgabe abgegeben wurde, könnte die EE doch gar nicht mehr wirksam werden, oder bin ich da auf dem holzweg? es wird doch auch auf seminaren gepredigt, dass ein einspruch vor ablauf der 3 tage fiktion gegen einen Bescheid nicht zulässig ist und somit abgewiesen werden kann.

"Wirtschaftsprüfer sind eine nicht näher definierbare Kreuzung aus überzüchteten Betriebswirten, die nicht rechnen können, und entarteten Juristen, die an Zahlen Gefallen finden." - Sebastian Hakelmacher, Das Alternative WP Handbuch, 2. Auflage, Seite 20 m.w.N.
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16.05.2011, 23:42 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.05.2011 23:43 von towel day.)
Beitrag: #3
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Ich verstehe ehrlich gesagt das Problem nicht. Gegen die Einspruchsentscheidung kann - und muß - man klagen. Sonst macht sich B selber SE-pflichtig. Als Klagebegründung dient die Einkommensteuererklärung.

Ggf. hat man sich aber die Kosten ans Bein gebunden. Die wären dann ggf. als Schadensersatz vom Berater A zu holen.

Gruß

towel day
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17.05.2011, 00:03
Beitrag: #4
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Hallo,

Überschneiden heißt eben überschneiden. Sowohl die ablehnende Einspruchsentscheidung als auch die Erklärungen gingen am gleichen Tag zur Post und kamen (Fiktion oder real) am gleichen Tag beim Empfänger an.

Die Frage ist eben, ob die Einspruchsentscheidung tatsächlich erfolgreich angegangen werden kann. Und vor allem mit welcher Argumentationskette?


Aus Sicht der Verwaltung muss die ja schließlich irgendwann mal entscheiden. Wenn nach mehrfacher Aufforderung eine Einspruchsbegründung abzugeben eine Entscheidung gefällt werden muss, dann geschieht dies an einem Tag X auch, und zwar nach Aktenlage. Und die war zu diesem Zeitpunkt klar und deutlich - Einspruch ohne Begründung, also ohne erkennbare Beschwer und ohne sachlichen Grund.

Das zwischen der Entscheidung und der rechtlichen Bekanntgabe die Postzustellfrist liegt, ändert doch zunächst nichts an den Gründen für die Entscheidung, dich ich persönlich auch für die logische Konsequenz aus der Untätigkeit der Beraterin A halte.

Falls Jemand zu dieser oder einer ähnlichen Sachverhaltslage Entscheidungen hat, dann immer her damit. Ansonsten bin ich für jeden Gedanken dankbar, der eine Klage aussichtsreich unterstützt.

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17.05.2011, 08:07
Beitrag: #5
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Moin,
so ganz begreife ich den Sachverhalt ehrlich gesagt nicht
zaunkönig schrieb:Neuer Bescheid kommt zu Berater B, welcher erneut Einspruch einlegt
der ursprüngliche Einspruch war doch noch gar nicht erledigt. Er kann doch nur durch Einspruchsentscheidung oder Abhilfebescheid erledigt werden.
zaunkönig schrieb:Ein paar Tage später kommt eine ablehnende Einspruchsentscheidung mit Hinweis auf 173 AO und der Erläuterung, dass die Aufhebung des VdN einen neuen Bescheid notwendig macht, dieser aber an die Stelle des vorhergehenden, rechtsbehelfsbehafteten Bescheides tritt.
Soll das vielleicht heißen, dass nur über den zweiten Einspruch entschieden wurde und der Bescheid mit der Aufhebung des VdN Gegenstand des anhängigen ersten Einspruchs geworden ist?
zaunkönig schrieb:Es wird überlegt gegen die negative Einspruchsentscheidung zu klagen. Doch welche Anknüpfungspunkte sind vorhanden?
warum nicht einfach einen Antrag auf schlichte Änderung?
Grüße
EV
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17.05.2011, 08:41
Beitrag: #6
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Auch ich komme mit dem SV nicht ganz klar. Bei mir kam folgender SV an:
1. Schätzung mit VdN
2. Einspruch
3. neuer Bescheid mit Aufhebung VdN
4. Einspruch Bescheid von 3.
5. Einspruchsentscheidung über Einspruch von 4.
6. zeitgleich mit EE, Eingang der Erklärung


Damit komme ich zu folgender Einschätzung:

Der Einspruch unter 4. ist unzulässig, da der geänderte Bescheid unter 3. Gegenstand des noch laufenden Einspruchsverfahrens von 2. ist (§ 365 Abs. 3 AO) und damit für einen weiteren Einspruch das Rechtschutzbedürfnis fehlt.

Schau also bitte ins Rubrum der EE und teile uns mit, über welchen Einspruch das Finanzamt in seiner Entscheidung wirklich entschieden hat.

Wenn es so ist, wie ich und Eisvogel vermuten, dann wäre der erste Einspruch noch offen und könnte durch erklärungsgemäße Veranlagung der nunmehr vorliegenden Erklärung erledigt werden. Eine Klage macht daher keinen Sinn.

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17.05.2011, 12:05 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.05.2011 12:06 von meyer.)
Beitrag: #7
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Wenn ich das richtig verstehe (jetzt mal egal, gegen welchen Bescheid Einspruch eingelegt und entschieden wurde) sollte auf jeden Fall noch eine Bearbeitung der Steuererklärung im Wege der schlichten Änderung auch außerhalb eines Klageverfahrens möglich sein (Erklärung wurde definitiv innerhalb der Klagefrist abgegeben).

Dies nur, wenn das Verfahren nicht sowieso aus anderen Gründen (siehe Kiharu) noch offen ist.

Oder ist der Sachverhalt so zu verstehen, dass es schon mal früher eine EE zum "ersten Einspruch" ohne Aufhebung des VdN gab? Dann wäre zutreffend, dass gegen den zweiten Bescheid neu Einspruch eingelegt werden konnte.

Dann kämen wir mit der schlichten Änderung in eine Thematik, bei der Kiharu und ich uns nicht vollständig einig sind ...

Dazu hatten wir schon mal irgendwo einen Thread.
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17.05.2011, 19:22
Beitrag: #8
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Ich nochmal Big Grin

Da der SV leider noch nicht klarer ist, versuche ich mich nochmal im deuten.

Wenn mit der EE sowohl der erste als auch der (unzulässige) zweite Einspruch entschieden wurden (was durchaus sein kann) und die Erklärung innerhalb der Bekanntgabefiktion beim FA eingegangen ist, dann MUSS das Finanzamt die EE aufheben und die Erklärung als Einspruchsbegründung akzeptieren. Das sollte innerhalb der Klagefrist jedoch geklärt sein, anderfalls musst du in die Klage gehen oder hoffen, dass das FA eine Änderung nach § 172 aktzeptiert.

Es gibt BFH-Rechtsprechung, dass wenn der Einspruch innerhalb der Bekanntgabefiktion begründet oder zurückgenommen wird, das FA die EE aufzuheben hat, wenn sich am rechtlichen Ergebnis durch die Begründung Änderungen ergeben. Das Risiko für diese Grauzone der Tage der Bekanntgabefiktion trägt das FA! Einzuschränken wäre das nur, wenn die EE durch PZU zugestellt wird, da dann das Datum der Zustellung gilt.

Ich habe gerade letzte Woche eine verbösernde EE aufheben müssen, weil innerhalb der Bekanntgabefiktion die Rücknahme einging. Meine EE war natürlich am nächsten Tag beim Berater, dieser hat dann noch am selben Tag die Rücknahme geschickt und ich war am A...

Bei Bedarf liefere ich auch entsprechende Aktenzeichen.

Im Übrigen sehe ich aber auch nicht dein Problem. Weil der Klageweg steht dir ja sowieso offen (zumindest wenn das FA nicht nur über den 2 - unzulässigen - Einspruch entschieden hat).

Du solltest daher erstmal prüfen, über welchen Einspruch tatsächlich entschieden wurde. Ist der erste Einspruch noch offen, dann Hinweis auf noch vorhanden Einspruch ans FA.

Hat das FA über beide Einsprüche (wichtig ist der erste) schon entschieden, dann fordere umgehend per Fax eine Ablichtung des entsprechenden Eingangsstempels an und prüfe ob die Erklärung innerhalb der Tage der Bekanntgabefiktion eingegangen ist. Falls ja - Hinweis ans FA. Falls nein - Klage oder innerhalb der Klagefrist Antrag nach § 172 im Hinblick auf die vorliegende Erklärung.

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17.05.2011, 19:28
Beitrag: #9
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Kiharu schrieb:Bei Bedarf liefere ich auch entsprechende Aktenzeichen.
Da würde ich mich für den Fall der späten Begründung interessieren. Wäre ja im Klagefall dann wohl insbesondere auch ein Argument, was die Kostentragungspflicht angeht.

Der Fall mit der Rücknahme ist klar, da Verböserung nicht ist, wenn erst nach Rücknahme bekanntgegeben ...

Im vorliegenden Fall mutmaße ich fast, dass es schon mal eine EE zu dem ersten Einspruch gab. Würde jedenfalls erklären, warum auf die Möglichkeit eines erneuten Einspruchs gegen den Bescheid mit der Vorbehaltsaufhebung hingewiesen wurde.

Rein praktisch würde ich mich hier mit dem Amt abstimmen, ob die die Sache durch eine schlichte Änderung vom Tisch bringen.
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17.05.2011, 19:42
Beitrag: #10
RE: Verfahrensrechtlich noch was zu machen?
Na hoffentlich habe ich mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt. Hab gerade mal mein SIS durchsucht und auf Anhieb nix gefunden. Bin aber sehr, sehr sicher, dass es so ist. Rein rechtlich liegt ja vor der Bekanntgabe damit die Einspruchsbegründung vor. Die Entscheidungsgründe der EE sind damit fehlerhaft, da sich diese auf einen unbegründeten Einspruch beziehen. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe war dieser Einspruch aber nicht mehr unbegründet. Spätestens im Klagewege hätte das FA damit neben der Pflicht zur Änderung die Kostenübernahme sicher.

Ich gehe morgen mal in die Kommentare.

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