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Verlustanerkennung
26.06.2007, 14:55
Beitrag: #1
Verlustanerkennung
Hallo,

die meisten wissen ja, dass ich ein wenig aus der Routine raus bin. Daher brauche ich mal für einen Fall ein wenig geistige Auffrischung.

Steuerpflichtiger S hat in 2005 folgende steuerpflichtigen Einnahmen:

1. Vermietungseinkünfte
2. Einkünfte als Kommanditist einer GmbH & Co. KG
3. Keine Einkünfte aus GmbH

GmbH & Co. KG sowie Komplementär-GmbH werden Anfang 2005 gegründet. Durch betrügerische Machenschaften erfolgt Ende 2005 Insolvenzantrag der KG als auch der GmbH. Die Insolvenz der GmbH wird Anfang 2006 mangels Masse gar nicht erst eröffnet. Ob Vermögenswerte bei der KG vorhanden sind oder sein werden ist unbekannt.

Der Insolvenzverwalter hat sich alle Unterlagen gegriffen. Ob Steuererklärungen abgegeben wurden ist unbekannt, da der Insolvenzverwalter nie zu sprechen war und ist.

Es liegen Feststellungsbescheide der KG für die Jahre 2005 und 2006 vor, mit dem Ergebnis 0, aufgrund Schätzung nach § 162 AO.

S hat in 2005 folgende Verluste geltend gemacht:

Verlust GmbH-Anteil
Verlust Bürgschaftsinanspruchnahme Kontokorrentkredit KG


Der ESt-Bescheid 2005 sieht die Verlustanerkennung nicht vor mit folgendem Hinweis:

"Zahlungen/Sonderbetriebsausgaben im Zusammenhang mit dem Untergang/Betriebsaufgabe der GmbH & Co. KG sind im einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahren der GmbH & Co. KG festzustellen. Der Feststellungsbescheid ist dann Grundlagenbescheid für die Einkommensteuer. Das gilt auch für den Untergang der Anteile an der Komplementär-GmbH, da die Anteile an der Komplementär GmbH zwingend notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten der GmbH & Co. KG und entsprechend in der Sonderbilanz des Kommanditisten zu aktivieren sind.
Sobald der entsprechende Grundlagenbescheid vorliegt, wird der Einkommensteuerbescheid von amtswegen erlassen. Die bisher vorliegende Mitteilung lautet über 0 €."

1. Frage: Steckt da jetzt noch irgendeine sachliche oder zeitliche Falle im momentanen Veranlagungsverfahren, bei dem die Verluste untergehen könnten?

2. Frage: Für 2005 dürfte die KG einen geringen Gewinn erwirtschaftet haben, für 2006 in jedem Fall einen Verlust. Wie nun die Veranlagung durchführen, wenn man nicht an die Unterlagen herankommt?
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26.06.2007, 21:39
Beitrag: #2
RE: Verlustanerkennung
Bei der GmbH hat das FA jedenfalls recht, die befindet sich ja im BV der KG.

§ 17 gilt nur nur für PV, siehe R 17 (1) EStR.

Ich habe mal gelernt, dass Feststellungsbescheide bei einer insolventen KG nicht mehr erlassen werden, siehe auch dieses BFH-Urteil.

ESt-Bescheide können also nicht mehr nach § 175 Nr. 1 AO geändert werden, da keine Feststellungen mehr erfolgen werden.

Also bleibt notfalls nur der Einspruch gegen den ESt-Bescheid, aber die Frage ist natürlich, was will man da geltend machen ?

Und wie ?

Da habe ich auch keine Lösung......
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27.06.2007, 00:05
Beitrag: #3
RE: Verlustanerkennung
Hallo,

zunächst einmal Danke für die Antwort. Bestätigt meine Überlegungen und macht ein Handeln aufgrund BFH-Urteil notwendig.

Die Feststellungsbescheide sind lediglich geschätzt aber ohne Vermerk der Vorläufigkeit oder Nachprüfung. Würden ja somit bestandskräftig. Die spätere Abgabe einer Feststellungserklärung sollte ja dann nicht mehr zu einer Änderung führen, wobei ich mir hier auch nicht sicher bin, da die Finanzverwaltung mit nachträglichen Tatsachen konfrontiert würde (schließlich wissen die bisher lediglich dass es das Unternehmen gibt, und dass war es auch schon. Eine eigenständige steuerliche Beurteilung kann nicht erfolgt sein?).

Leider führt der eingestellte Link auf eine anmeldepflichtige Seite. Daher hier ein Link zum Urteil, der offen zugänglich ist:

BFH vom 24.8.2004 - VIII R 14/02


Vielleicht noch jemand mit einem Lösungsgedanken?

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George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker
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27.06.2007, 15:19
Beitrag: #4
RE: Verlustanerkennung
Ich würde auch Einspruch gegen die Steuerbescheide einlegen.

Die gesonderten und einheitlichen Feststellungserklärungen hat der Insolvenzverwalter mit großer Wahrscheinlichkeit nicht abgegeben, weil er dafür nicht zuständig ist.

Er ist aber zuständig für den Jahresabschluss der KG und die übrigen Steuererklärungen. Insofern würde ich ihn nochmal wegen der Unterlagen anhauen.

Wenn das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist und der Insolvenzverwalter nicht reagiert, kann versuchen, auf ihn Druck auszuüben, indem man das Insolvenzgericht davon unterrichtet, dass der Insolvenzverwalter dringende Anfragen der Gesellschafter ignoriert.

Möglicherweise heißt es ja beim Insolvenzverwalter: Land unter. Alles schon vorgekommenBig Grin

Beste Grüße
Vorwitzig [Bild: trust_me-001.gif]
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27.06.2007, 15:52
Beitrag: #5
RE: Verlustanerkennung
Hallo,

Einspruchsverfahren sowohl gegen ESt-Bescheid als auch gegen Feststellungsbescheid wird erfolgen.

Feststellungsbescheid ist geschätzt nach § 162 AO steht aber weder unter VdN noch ist er vorläufig.

Feststellungsbescheid des Insolvenzjahres gibt es überhaupt nicht. Was schon sehr fragwürdig ist.

Nach grober Durchsicht des BFH-Urteils dürfte die Finanzverwaltung keinen Feststellungsbescheid erstellen, wobei mir noch nicht ganz klar ist, ob der jetzige Bescheid nichtig oder nur teilweise nichtig ist.

Problematisch die Simultaninsolvenz der KG und der Komplementär-GmbH. Eigentlich sind beide getrennt zu betrachten, so dass der Insolvenzantrag der GmbH eigentlich gar nicht notwendig war. Hier ist mir der § 131 InsO mit seiner Wechselwirkung KG <--> GmbH noch nicht ganz klar, habe aber eine Dorktorarbeit dazu gefunden, die ich mir noch intensiv anlesen muss.

Bei der Insolvenzverwalterin ist in der Tat "Land unter". Habe auch reichlich Material, dass hier Vermögenswerte durch die Verwalterin vernichtet wurden. Mit Abschluss des Inso-Verfahrens wird eine entsprechende Klage eingereicht.
Dummerweise ist die eingesetzte Verwalterin aber nur der verlängerte Arm eines Groß-Zusammenschlusses verschiedenster Inso-Verwalter. Wer hier die Fäden tatsächlich zieht, ist bisher völlig unklar.
Die Verwalterin ist irgendwann einfach mal in den Geschäftsräumen erschienen, hat alle Unterlagen und das gesamte Inventar geräumt und ward nicht mehr gesehen und gehört.

Stellt sich auch die Frage, ob die Finanzverwaltung die Inso-Verwalterin mal zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert hat. Zumindest kann sie dies nicht ohne weiteres ablehen, da sie einen Kostenerstattungsanspruch aus der Masse bzw. aus der Staatskasse hat. Ist zwar nicht sonderlich lukrativ, aber kein Grund sich der Aufforderung zu entziehen.

Ich bin allerdings für jeden Ratschlag und Hinweis in der Sache dankbar.

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30.06.2007, 08:58
Beitrag: #6
RE: Verlustanerkennung
zaunkönig schrieb:Feststellungsbescheid des Insolvenzjahres gibt es überhaupt nicht. Was schon sehr fragwürdig ist.
Warum ist das fragwürdig ?
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30.06.2007, 11:36
Beitrag: #7
RE: Verlustanerkennung
Hallo,

nun es ist einfach fragwürdig, weil mit dem Einkommensteuerbescheid für 2005 der Feststellungsbescheid für 2006 gekommen ist.

Und die Ablehnung der Verlusterklärung in der ESt 2005 bezieht sich auf den Feststellungsbescheid des Veranlagungsjahres (mithin 2005) und den gibt es nicht.

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30.06.2007, 13:12
Beitrag: #8
RE: Verlustanerkennung
Wie gesagt, die Begründung des FA ist ja auch nicht richtig.

Es wird kein Feststellungbescheid für 2005 mehr erlassen werden dürfen.

Daher können die Verluste nur im Einkommensteuerbescheid geltend gemacht werden.

Die Frage, die offen bleibt, ist ja wie ?
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12.07.2007, 16:46
Beitrag: #9
RE: Verlustanerkennung
Hallo,

so, Einspruch verfasst. Mal sehen was rauskommt.

Sinngemäß:

Komplementär-GmbH war Geschäftsführer der KG, somit wären Steuerbescheide der Handelsgesellschaft an selbige zu richten mit Bekanntgabeadressat der GmbH für die KG.

Durch Insolvenz (und mittlerweile Löschung mangels Masse) würde Insolvenzverwalter nach § 80 InsO in die Pflicht treten, da in der Insolvenz der Inso-Verwalter Empfangsbevollmächtigter wird, da der Geschäftsführer der GmbH nicht mehr existent ist, somit auch die Geschäftsführung der KG nicht mehr wahrnehmen kann.

Die Bekanntgabe gegen den Kommanditisten der KG kann zwar bezüglich des Feststellungsbescheides der KG erfolgen, aber eben nicht im Insolvenzfall, schon gar nicht bei Simultaninsolvenz (§ 131 InsO - der mir aber trotz Doktorarbeit nicht so ganz klar geworden ist - Gesellschaftsrecht eben).

Daher Bekanntgabebescheid gegen den Kommanditisten nach § 125 AO nichtig.

Auch kann der Kommanditist nicht zur Abgabe der Steuererklärungen für die KG aufgefordert werden, da er nicht zur Geschäftsführung befugt war und ist.

Erfolgt also im Erstveranlagungsjahr und gleichzeitig Insolvenzjahr eine Steuerveranlagung nach § 162 AO (Schätzung), wäre diese unter Vorbehaltsnachprüfung nach § 164 AO zu stellen, da dem Sachbearbeiter zur Sachverhaltsbeurteilung sämtliche Grundlagen fehlen, somit eine sachgerechte Beurteilung gar nicht möglich ist.

Wäre der Kommanditist über die Funktion Gesellschafter der GmbH, somit Geschäftsführungsbefugter der GmbH, diese Geschäftsführer der KG, dazu verpflichtet gewesen die Steuererklärungen abzugeben, so ist er tatsächlich und ohne Verschulden daran gehindert dieser Verpflichtung nachzukommen, da er im Insolvenzverfahren keine Befugnis hat. Somit ist zumindest ein Wiedereinsetzungsgrund nach § 110 AO gegeben.

Hauptstützpunkt ist aber die Nichtigkeit wegen Bekanntgabemangels.


Hinsichtlich der Einkommensteuer wurde auf Einspruchsverfahren Feststellung 2006 verwiesen, und ebenfalls auf den Mangel des fehlenden Nachprüfungsvorbehalt § 164 AO, da dem Sachbearbeiter offensichtlich wesentliche Besteuerungsgrundlagen fehlen.

Er hätte auch die erklärten Verluste geltend machen können, welche ohne weitere Erläuterung jedoch nicht berücksichtigt wurden.


Mal sehen was aus den Einspruchsverfahren wird. Jedenfalls bleibt jetzt mal alles offen, ich werde auf Einspruchsentscheidung bestehen und den entsprechenden WP mit Steueranwalt habe ich in der Hinterhand. Der kann sich dann um das Klageverfahren kümmern. Bis dahin habe ich dann vielleicht auch die Ausführungen zur Simultaninsolvenz, der damit verbundenen Nichtigkeit der Bekanntgabe und die gesellschaftsrechtlichen Zusammenhänge verstanden. Passiert mir selten genug, dass ich Rechtssachverhalte nicht gleich verstehe.

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31.05.2011, 17:46 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 31.05.2011 18:57 von Catja.)
Beitrag: #10
RE: Verlustanerkennung (vorsicht: der thread ist aus 2007!)
zaunkönig schrieb:[...] habe aber eine Dorktorarbeit dazu gefunden, die ich mir noch intensiv anlesen muss.. [...]

Sorry, wenn ich nach 4 Jahren dieses Uralt-Thema wieder hochkramse, aber ich sitze gerade über einem vergleichbarne Problem und sehe die Ablehnung des Finanzamtes bezüglich der Anerkennung der Zahlungen meines Mandanten (50%-iger Geser/Gefter) auf Schulden der Gmbh & Co. KG schon förmlich auf mich zurasen...

1.) Wie ist dein Fall denn ausgegangen?

2.) Hast Du einen Link zu der Doktorarbeit?

Beste Grüße, die Catja

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