Insolvenz
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08.09.2010, 10:47
Beitrag: #1
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Insolvenz
Hallo,
kennt sich jemand mit Insolvenzrecht aus? Fall: Jemand ist seit Jahren überschuldet und erbt einen Grundstücksanteil und Sparguthaben. Auf Grund der Überschuldung wird das Erbe aber zugunsten der Schwester ausgeschlagen. Stattdessen erhält derjenige nur ein Wohnrecht an dem Haus. Nun einige Jahre später (schätze so 5 Jahre) wird das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Dies wäre evtl. gar nicht nötig gewesen, wenn man das Erbe seinerzeit angenommen und damit die Verbindlichkeiten getilgt hätte. Gibt es eine Chance für die Gläubiger die Erbschaftsabwicklung anzufechten? Gruß Eisvogel |
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08.09.2010, 12:08
Beitrag: #2
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RE: Insolvenz
Hallo,
des ist wohl kein Fall des Insolvenzrechts sondern eine rein zivilrechtliche Angelegenheit des Erbrechts. Eine Anfechtung einer Erbausschlagung kommt immer nur dann in Betracht, wenn zu einem späteren Zeitpunkt Vermögenswerte auftauchen, die eine verkehrswesentliche Eigenschaf des Nachlasses darstellen, und zu der Annahme einer Überschuldung des Nachlasses geführt hätte. Ist in diesem Fall aber nicht tatbestandlich und somit nicht anfechtbar. Zudem müsste die Anfechtung innerhalb von 6 Wochen nach Bekanntwerden der vermögensrechtlichen Änderung erfolgen. Ist hier ja auch nicht gegeben. Ansonsten kann auch eine irrtümlich uninteressante Erbausschlagung nicht angefochten werden. Einziger Anfechtungsgrund wäre die Versagung eines Pflichtteils. Allerdings dürfte der Wert des Wohnrechts diesem in etwa entsprechen. Mir, als Laie auf diesem Gebiet, fiele keine Möglichkeit ein den Vorgang für nichtig zu erklären oder rückabzuwickeln. Gegebenenfalls könnte man prüfen inwieweit eine Schenkung zwischen den damaligen Erben und dem Insolventen steuerfrei bzw. möglichst steuerneutral erfolgen könnte. ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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10.09.2010, 14:19
Beitrag: #3
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RE: Insolvenz
ich würde mal die §§ 129 ff, insbes.133 InsO prüfen, wobei das Problem bestehen dürfte, dass die Erbausschlagung ein höchstpersönliche, einseitiges Rechtsgeschäft ist und es keinen Vertragspartner bzw. anderen Teil gibt. Aber irgendwer muss dem das Erbe ausschlagenden Erben ja das Wohnrecht eingeräumt haben.
Beste Grüße Vorwitzig |
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10.09.2010, 14:39
Beitrag: #4
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RE: Insolvenz
Danke, § 133 InsO hört sich doch ganz gut an. Das Wohnrecht hat die Schwester eigeräumt, weil sie im Gegenzug mehr geerbt hat. Sie wird natürlich auch gewusst haben, warum sie das so machen soll. Ich denke, ich werde mal den Insolvenzverwalter dezent darauf hinweisen. Was wird denn die Folge sein? Wird die Ausschlagung der Erbschaft rückgängig gemacht oder erhält der Schuldner nur keine Restschuldbefreiung?
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10.09.2010, 18:41
Beitrag: #5
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RE: Insolvenz
Hallo,
Die Ausschlagung der Erbschaft ist kein Versagensgrund gem. § 296 InSo. Hat also keine Auswirkung auf die Restschuldbefreiung. Würde ein Erbe angenommen, so würde auch nur das hälftige Vermögen vom InSo-Verwalter beansprucht werden. Was soll denn durch die Anfechtung erreicht werden? Solange keine Sittenwidrigkeit vorliegt, kann jeder das Erbe ausschlagen, auch völlig folgenlos in der Insolvenz. Der Insolvente hat ja keine Handlung unternommen oder unterlassen, um aus eigenem Handeln Vermögen zu entziehen. Zuwendungen von Dritten, auch im Rahmen der Erbrechtsnachfolge, muss er ja grundsätzlich nicht akzeptieren. Der Wert des Wohnrechts könnte gegebenenfalls ein Problem darstellen, wenn er den Pflichtteil abdeckt, wobei dieser bei einer Ausschlagung keine Rolle spielt. Fallen könnten in einer vertraglichen Gestaltung liegen, wenn hier Absprachen manifestiert wurden. Ansonsten kann das Wohnrecht auch ein Goodwill der restlichen Erbengemeinschaft sein und ist dann bestenfalls als Geschenk zu beurteilen. Aber dies ist meine ureigene Betrachtungsweise. ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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10.09.2010, 20:53
Beitrag: #6
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RE: Insolvenz
zaunkönig schrieb:Was soll denn durch die Anfechtung erreicht werden?Durch die Anfechtung soll erreicht werden, dass die Gläubiger (auch ich) ihr Geld bekommen. Wenn er die Erbschaft angenommen hätte, hätte er sicher einen Großteil der Gläubiger bedienen können, zumal neben dem Haus auch noch Kapitalvermögen vorhanden war. Von meinem Rechtsempfinden muss man das anfechten können, aber wie gesagt, im Insolvenzrecht bin ich nicht so fit. Wünsche allen ein schönes WE Eisvogel |
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10.09.2010, 21:41
Beitrag: #7
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RE: Insolvenz
Hinweis auf § 83 InsO!
Schumacher-Hey: Anfechtung nach Anfechtungsgesetz und Insolvenzverordnung in Auswirkung auf die notarielle Praxis, RNotZ 2004, 544, 566 schrieb:Nach § 83 Absatz 1, S. 1 InsO steht die Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung einer dem Schuldner angefallenen Erbschaft oder eines ihm angefallenen Vermächtnisses ausschließlich dem Schuldner zu. Ebenso wie in § ZPO § 852 ZPO kommt hier der Rechtsgedanke zum Ausdruck, dass diese Entscheidungen der alleinigen persönlichen Entscheidungsmacht des Schuldners unterliegen sollen. Das vorgenannte Urteil des BGH stellt daher knapp fest, dass auch die Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses nicht in Betracht kommt. Dies gilt auch, wenn die Ausschlagung in Gläubigerbenachteiligungsabsicht erfolgt. Neben dem höchstpersönlichen Charakter der Annahme- oder Ausschlagungserklärung wird als Begründung für die Unanfechtbarkeit angeführt, dass die Erbschaft zwar kraft Gesetzes mit dem Erbfall auf den Erben übergeht, jedoch unbeschadet des Rechts, sie auszuschlagen. Wird sie ausgeschlagen, gilt der Anfall als nicht erfolgt. Die Ausschlagung ist daher nicht die Aufgabe eines bereits erworbenen Rechts, sondern die Nichtannahme eines angetragenen Rechts. Das Gleiche gilt - nach der vorstehenden Entscheidung des BGH - auch für den Erb- sowie den Pflichtteilsverzicht: Der Abschluss eines Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrages führt nicht dazu, dass ein Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden wird, sondern er bewirkt lediglich eine bloße (potentielle) Nichtvermehrung des Vermögens. |
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13.09.2010, 07:49
Beitrag: #8
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RE: Insolvenz
@showbee vielen Dank, wieder was gelernt
Grüße Eisvogel |
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