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künstliche Befruchtung
11.11.2008, 08:36
Beitrag: #19
RE: künstliche Befruchtung
Hallo,

melde mich mal aus dem OFF zu diesem Thema, weil es in der Tat nicht so einfach zu lösen ist.

Der BFH hat in seinem Urteil III R 84/96 hierzu eine grundsätzliche Stellung bezogen und wie folgt begründet:

"Das Recht der Frau Kinder zu gebören gehört zu den Grundrechten der freien Entfaltung der Persönlichkeit der Frau"
Eine Frau, die nicht in der Lage ist zu gebären befindet sich in jedem Fall in einer Notlage. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung stellen insoweit notwendige Aufwendungen dar, die steuerlich zu berücksichtigen sind.
Auch damals sah die Finanzverwaltung eine objektive Notwendigkeit ein Kind bekommen zu müssen als nicht gegeben an.

Damals hat der BFH dieses Recht allein verheirateten Paaren zugebilligt.

Dies hat der BFH inzwischen durch Urteil vom 10.05.2007 (III R 47/05) nachgeholt.
Auch hier wurde argumentativ darauf abgestellt, dass die Empfängisunfähigkeit der Frau eine Krankheit darstellt.


In beiden Fällen hatte sich die Krankenkasse auf das SGB berufen und die Übernahme der Kosten abgelehnt.


Soweit die Gleichheit in allen Fällen, inklusive dem hier diskutierten.


Wenn der BFH unzweifelhaft eine Gebärunfähigkeit als Krankheit anerkennt, dann spielt es im Grundsatz auch keine Rolle, ob die Frau von Beginn an Gebärunfähig war oder durch äußere bzw. innere Einflüsse erst zu einem späteren Zeitpunkt, gegebenenfalls nach mehreren erfolgreichen Geburten, gebärunfähig wird.

Allerdings sehe ich hier auch die Besonderheit in diesem Fall.
Denn nach meiner Auffassung kann dann nicht mehr von einer Erkrankung und einer notwendigen Insamination ausgegangen werden, wenn die biologischen Voraussetzungen der Frau eine natürliche Schwangerschaft gar nicht mehr zulassen, weil diese bereits in der Menopause ist.


Es gilt hier, und da stimme ich TowelDay zu, nicht um das Recht der Finanzverwaltung den Wunsch der Frau/Eheleute ein Kind haben zu wollen, zu beurteilen, sondern, und da stimme ich showbee zu, allein um die Beurteilung der persönlichen Voraussetzungen im Rahmen der Individualbesteuerung des Einkommensteuerrechts.

Und da würde ich mich auf die Bestimmungen des Gesetzgebers berufen und verlassen.
Dieser sieht unzweifelhaft vor, dass zum Nachweis von außergewöhnlichen Belastungen, die hier unstrittig vorliegen können, vor, diese entsprechend zu belegen bzw. nachzuweisen.

Im Falle von krankheitsbedingten Aufwendungen bedarf es dazu eines ärztlichen Attestes.
Aus diesem Attest müsste unzweifelhaft hervorgehen, dass die Unfähigkeit zur Gebärung von Kindern, ursächlich bei der Frau liegen müssten.
Dies wurde hier bescheinigt, allerdings einschränkend. Denn nach Auffassung des Arztes wäre die Frau biologisch nicht mehr in der Lage auf natürlichem Wege einem weiteren Kinderwunsch nachzukommen, begründet alleine dadurch, dass die Gebärfähigkeit aufgrund biologischer Veränderungen naturgemäß eben nicht mehr vorgesehen ist.

Und auf diesen Punkt würde ich in meiner Begründung abstellen wollen.

Ich sehe hier keine Ungleichbehandlung der Frau hier, mit anderen Frauen, denen diese Aufwendungen erstattet würden. Denn rein biologisch ist die Frau hier naturgemäß nicht mehr in der Lage ein Kind zu gebären.
Würde der Gesetzgeber hier eine steuerliche Anerkennung, unberücksichtigt der individuellen biologischen Voraussetzungen, zulassen, würde er in ein übergeordnetes Recht eingreifen, welches im Grundsatz mit einer steurrechtlichen Regelung überhaupt nichts mehr zu tun hat.
Insoweit ist auch die definierte Altersobergrenze von 46 Jahren ein Maßstab der Begrenzung zur Anerkennung einer steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit, die Individual im Einzelfall durchaus durchbrochen werden könnte, so denn die natürlichen biologischen Voraussetzungen gegeben sind und entsprechend ärztlich bescheinigt werden könnten (erhöhte Mitwirkungs- und Nachweispflichten des Steuerpflichtigen).

Das Attest des Arztes ist ein Bitt-Attest, ohne dass ich diesem zu nahe treten möchte. Er sagt und bescheinigt ja auch nicht die Unwahrheit, hat aber augenscheinlich dieses Attest auf Bitten der Eheleute ausgestellt, die eine Berücksichtigung als agB von vornherein einkalkuliert haben.
Das soll bei der Beurteilung hier außen vor bleiben, erscheint mir aber offensichtlich.

Für mich käme ich zu dem Ergebnis, die Aufwendungen hier nicht anzuerkennen. Als Grundlage dienten mir das ärztliche Attest, aus dem die medizinische Notwendigkeit nicht hervorgeht, aber auch die alters- und biologisch bedingte Argumentation, wobei mir die Nichtanerkennung durch die Krankenkasse als Hilfsargument dienen würde.


Weiß nicht ob es Dir weiterhilft. Denn nimmst Du die Argumentation an, zahlen alle Steuerpflichtigen die Aufwendungen mit.
Lehnst Du ab, und ich hätte hier begründete Zweifel an einer Abzugsfähikgeit, dürfte die Angelegenheit vor dem FG weitergeführt werden. Schließlich haben sich die Steuerpflichtigen das Attest ausstellen lassen, weil sie die Absetzbarkeit notfalls erzwingen wollen (persönliche Meinung).
Das bedeutet aber, sich mit der Thematik weiter auseinanderzusetzen und sehenden Auges auch damit zu rechnen die Geschichte bis vor das BVerfG zu verfolgen. Denn auch hier kann ich nur zustimmen, dass die Steuerpflichtigen in ihrer Vorbereitung auf die steuerliche Thematik eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durchaus mit einkalkuliert haben.

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Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. -
George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker
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