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Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung
11.02.2010, 21:12
Beitrag: #7
RE: Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung
Hier mal der Kommentar aus den NWB zu VI R 1/09

Zitat:Der Kommentar
von Dr. Stephan Geserich, München1)Fußnote ansehen

Soweit Einkommensteuererklärungen für Veranlagungszeiträume vor 2005, die nach dem 28. 12. 2007 beim Finanzamt eingingen, bislang nicht bearbeitet worden sind, sollte der Steuerpflichtige nunmehr darauf hinwirken, dass er veranlagt wird. Schließlich ist nach Ansicht des BFH der Anspruch auf Durchführung der streitbefangenen Veranlagung nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig. Entsprechend ist zu verfahren, wenn ein Antrag auf Veranlagung abgelehnt und hiergegen Einspruch eingelegt worden ist. In diesen Fällen ruhten die Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Mit der Entscheidung des Musterverfahrens VI R 1/09 endet nunmehr das automatische Ruhen dieser Einspruchsverfahren. Sie können nunmehr fortgeführt werden. Dies gilt auch, wenn das Ruhen des Verfahrens mit Zustimmung des Steuerpflichtigen nach 363 Abs. 2 Satz 1 AO angeordnet worden seien sollte. Gegebenenfalls ist die Fortführung des Verfahrens unter Bezugnahme auf den Urteilsfall zu beantragen. Aber auch Gerichtsverfahren, die nach § 155 FGO i. V. mit § 251 ZPO ruhen, können nunmehr abgeschlossen werden. Die Verfahren sind, da der Grund für die Anordnung der Verfahrensruhe weggefallen ist, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten wieder aufzunehmen.

Offen ist derzeit noch, welche Verjährungsfristen zu beachten sind, wenn ein Steuerpflichtiger seine Antragsveranlagung erst nach dem 28. 12. 2007 beim Finanzamt eingereicht hat oder erst noch einreichen wird. Ob neben der vierjährigen Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) auch die drei Jahre dauernde Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu berücksichtigen ist, ist insbesondere für die Einkommensteuer der Jahre 2003 und 2004 von Bedeutung, da der Steuerpflichtige die Durchführung einer Veranlagung gegebenenfalls noch bis zum Ablauf des Jahrs 2010 bzw. 2011 erreichen könnte. Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung wird der Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO immer nur dann gehemmt, wenn eine Verpflichtung des Steuerpflichtigen zur Einreichung einer Steuererklärung oder -anmeldung oder zur Erstattung einer Anzeige besteht. Ist der Steuerpflichtige lediglich berechtigt, nicht jedoch verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, wie z. B. bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, soll es für den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Grundregel des § 170 Abs. 1 AO (keine Anlaufhemmung) bleiben. Abzuwarten ist, ob die Finanzbehörden an dieser Rechtsauffassung festhalten. Der BFH hat sich zu der Frage nach der Anwendung der Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO bei einer Antragsveranlagung bislang noch nicht geäußert. Hierzu bestand weder im Urteilsfall noch in den Verfahren VI R 23/08 und VI R 2/09 (Erledigung durch Rücknahme der Revision) Anlass. Allerdings hat der VI. Senat des BFH bereits mit Vorlagebeschluss v. 22. 5. 2006 (VI R 46/05, BStBl 2006 II S. 820). Bedenken an unterschiedlichen „Veranlagungsfristen” geäußert. Dort hat der BFH ausgeführt, dass es mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei, dass Steuerpflichtige, die nur auf Antrag zur Einkommensteuer veranlagt werden, die Veranlagung bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahrs beantragen müssen, während Steuerpflichtige, die von Amts wegen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, die Durchführung der Veranlagung noch bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden siebten Kalenderjahrs erreichen können.


1) Dr. Stephan Geserich ist Richter am Bundesfinanzhof, München.

Fundstelle(n):
NWB 2010 Seite 248 - 249
NWB DokID: LAAAD-35634

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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RE: Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung - Kiharu - 11.02.2010 21:12
RE: Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung - al*pe - 23.02.2012, 18:21

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