RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Aus dem von Ihnen erwähnten Urteil:
Zitat:26
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG a.F., der auf die Umsätze des Klägers im Jahr 1997 und bis zum 26. Juni 1998 anzuwenden ist, galt die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 nicht für die Lieferung von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle. Mit gleicher Zielsetzung regelt § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG 1993, der auf die seit dem 27. Juni 1998 ausgeführten Umsätze des Klägers anzuwenden ist, dass die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle eine sonstige Leistung ist. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an Ort und Stelle im Sinne dieser Vorschriften abgegeben/geliefert, wenn sie nach den Umständen der Abgabe/Lieferung dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Ort der Abgabe/Lieferung in einem räumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden (§ 3 Abs. 9 Satz 5 UStG 1993, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 UStG a.F.).
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d) Soweit der Kläger lediglich Speisen "zum Mitnehmen" abgegeben hat, unterliegen diese Umsätze als Lieferungen (vgl. EuGH-Urteil Faaborg-Gelting Linien A/S in Slg. 1996, I-2395 RandNr. 14) der Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 2000 V R 27/99, BFHE 191, 429, BStBl II 2000, 482, unter II.2.b aa), weil der Kläger insoweit keine Dienstleistungen erbrachte, die den Verzehr in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalteten.
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aa) Entgegen der Auffassung der Revision führt die Zubereitung der Speisen durch den Kläger als Dienstleistungselement (vgl. EuGH-Urteil Faaborg-Gelting Linien A/S in Slg. 1996, I-2395 RandNr. 13) nicht generell zur Annahme einer Dienstleistung. Die Zubereitung der Speisen ist nämlich im Streitfall im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht zu berücksichtigen; denn bei der Beurteilung des Dienstleistungsanteils an der Gesamtheit eines komplexen Geschäftes, zu dem auch die Abgabe einer fertig zubereiteten Speise gehört, dürfen nur solche Dienstleistungen berücksichtigt werden, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung eines Gegenstands verbunden sind (vgl. EuGH-Urteil Hermann in Slg. 2005, I-2025, BFH/NV Beilage 2005, 210, RandNr. 22, 26 ff.). Die notwendige Vorstufe der Vermarktung einer zubereiteten Speise ist jedoch ihre Zubereitung.
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Diese Beurteilung wird durch § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 28, 31, 32 und 33 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG 1993 bestätigt: Danach ist nämlich die Lieferung der dort genannten Lebensmittelzubereitungen ermäßigt zu besteuern, was voraussetzt, dass Lebensmittelzubereitungen "geliefert" werden können; die Vorschrift wäre sonst gegenstandslos. Der vom FA angeführten Auffassung des FG des Saarlands (Beschluss vom 12. August 2003 1 V 176/03, EFG 2003, 1742), verzehrfertige Speisen seien generell nicht begünstigt, vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.
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bb) Auch dass der Kläger die Speisen "zum Mitnehmen" in Papierservietten oder Einwegschälchen und mit Einweggabeln abgegeben sowie auf Wunsch Senf, Ketchup, Mayonnaise oder Apfelmus beigefügt hat, ist insoweit unschädlich. Dies gilt auch für die Bereitstellung von Abfalleimern, da die Rücknahme von Verkaufsverpackungen notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden ist. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 9 der Verpackungsverordnung 1998 (BGBl I 1998, 2379) i.V.m. Art. 3 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 11, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle --Richtlinie 94/62/EG-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 365 vom 31. Dezember 1994, S. 10), wonach Verkaufsverpackungen vom Vertreiber (hier: dem Kläger) zurückzunehmen und beigefügte Einwegartikel (z.B. Einwegbesteck) als Verpackungen zu betrachten sind.
Das lese ich nach wie vor so, dass wenn Speisen ausschließlich zum Mitnehmen "geliefert" werden, dass dann trotz Verzehreinrichtungen ermäßigt besteuert werden kann. Siehe Fast-Food-Restaurants mit sogar eigenen Verzehrvorrichtungen, die machen es auch (noch? ) so. Voraussetzung ist nach wie vor natürlich getrennte Aufzeichnung. Und Verjagen der Gäste von den Verzehreinrichtungen in der Nähe, wenn die eigentlich was mitnehmen wollten.
Werden Speisen in nur in Einweg-Verpackungen abgegeben und die dann von den Kunden mitgenommen, oder Teller mit Besteck zur Verfügung gestellt, die anschließend gereinigt werden? Bei letzterem würde das Dienstleistungsmoment dazu führen, dass keine Lieferung, sondern sonstige Leistung vorliegt, die nicht ermäßigt besteuert wird. Ich meine, das wurde in Urteilen des BFH (zu Catering oder Pizzalieferanten) als Beurteilungsmaßstab herangezogen.
Vielleicht hilft das auch noch weiter:
Zitat:Gastro-Umsätze in Kinos und Fußballstadien
Wann kommt der ermäßigte, wann der volle Umsatzsteuersatz zur Anwendung?
Kinosessel sind keine Tribünenplätze. So die Auffassung der Finanzverwaltung, wenn es um die umsatzsteuerliche Behandlung des Verzehrs von Speisen in Kinos und Fußballstadien geht. Es geht wieder einmal um die alte Frage, unter welchen Voraussetzungen Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle geliefert werden und wann genau steuerbegünstigte Außer-Haus-Verkäufe vorliegen. Die Oberfinanzdirektionen Frankfurt/Main und Koblenz sind dieser Frage im Detail nachgegangen.
Die OFD-Verfügungen habe ich bisher nicht finden können...
Gruß Lemgun
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"Der Steuerbescheid ist neben dem Strafbefehl das wirksamste Instrument, den Bürger zu erschrecken."
[Quelle: Dr. Peter Knief - Steuer-Sätze, 153 Steuer-Aphorismen]
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