RE: Elterngeld und Progression
Hallo,
der DStV hat zur Thematik eine Info herausgegeben. Stelle sie hier einfach mal ein, dann wird der Hintergrund verständlicher.
Die vorgeschlagene Vorgehensweise halte ich übrigens für durchaus folgenswert.
Zitat: Einbeziehung des Elterngeldes in den Progressionsvorbehalt wird durch den BFH überprüft
Für viele frisch gebackene Eltern folgt auf die Freude über den Familienzuwachs und die Zahlung des 2007 eingeführten Elterngeldes bei Erhalt des Einkommensteuerbescheides eine unangenehme Überraschung. Das ausgezahlte Elterngeld unterliegt als steuerfreie Lohnersatzleistung gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 lit. j) EStG dem Progressionsvorbehalt. Damit erhöht es den anzuwendenden Steuersatz für das gesamte zu versteuernde Einkommen und führt nicht selten zu Steuernachzahlungen.
Das Bundeselterngeldgesetz trat zum 1.1.2007 in Kraft und löst das bis dahin gewährte Bundeserziehungsgeldgesetz ab. Das alte Erziehungsgeld von 300 Euro wurde an einkommensschwache Eltern bis zu 24 Monate gezahlt und war als reine Sozialleistung nicht in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen. Anders liegt der Fall nun jedoch beim Elterngeld. Dieses wird dem betreuenden Elternteil zum Ausgleich des wegfallenden Erwerbseinkommens gezahlt und beträgt 67 % des vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten Nettoeinkommens, höchstens jedoch 1.800 Euro. Damit stellt es grundsätzlich eine familienpolitisch begründete Lohnersatzleistung dar und unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Jedoch sieht auch das Bundeselterngeldgesetz einen Mindestbetrag von 300 Euro vor, der an nicht erwerbstätige Elternteile gezahlt wird.
Von Beginn an wurde daher die Frage diskutiert, ob auch dieser Sockelbetrag von 300 Euro in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen ist. Der Wortlaut des Gesetzes spricht eindeutig dafür. Auch der in der Begründung (BT-Drucks. 16/1889, S. 3 und 18) zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers deutet auf eine vollständige Einbeziehung hin, denn die durch den Progressionsvorbehalt erzielten Mehreinnahmen werden als Gegenfinanzierung bezeichnet. Im vorgenannten Sinne hat sich auch bspw. die OFD Frankfurt (Vfg. vom 4.3.2008, Az. S 2282 A-22-St 217) geäußert.
Nachdem das FG Nürnberg am 19.2.2009 die Klage zur Freistellung des Sockelbetrages vom Progressionsvorbehalt unter Hinweis auf die genannten Gründe abgewiesen hat, liegt nunmehr beim BFH eine Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Az. VI B 31/09 vor. Die Steuerpflichtigen argumentieren, dass der Sockelbetrag des Elterngeldes ebenfalls eine Sozialleistung und daher nicht in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen sei. Dies zeige insbesondere die Zahlung auch an nichtberufstätige Personen, was gegen eine Qualifikation als Lohnersatzleistung spreche.
Bis zu einer endgültigen Entscheidung zu dieser Frage sollten die Betroffenen und ihre Berater daher unter Hinweis auf das beim BFH anhängige Verfahren Einspruch einlegen. Da die Steuerbescheide in diesem Punkt nicht vorläufig gemäß § 165 AO ergehen, ist dies die einzige Möglichkeit, an einem positiven Ausgang zu partizipieren. Gleichzeitig sollte ein Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO beim Finanzamt beantragt werden. Dies ist notwendig, da eine Zwangsruhe gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO jedenfalls derzeit nicht in Betracht kommt. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH stellt nämlich kein sog. Musterverfahren im Sinne des Satzes 2 dar, da hierzu nur solche Verfahren zählen, die auf eine abschließende Klärung von Rechtsfragen gerichtet sind; vgl. hierzu Birkenfeld in: Hübschmann/ Hepp/ Spitaler, AO, § 363 Rdnr. 165.
Der Vollständigkeit halber soll in diesem Zusammenhang noch auf zwei weitere Punkte im Zusammenhang mit dem Elterngeld hingewiesen werden. Zur Frage, ob und inwieweit Elterngeld, das ein Kind erhält, bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen ist, hat die Finanzverwaltung entschieden, dass der Sockelbetrag von 300 Euro nicht zu berücksichtigen sei; vgl. bspw. OFD Frankfurt, Vfg. vom 4.3.2008, Az. S 2282 A-22-St 217. Gleiches soll bei der Einkünfteermittlung für § 33a Abs. 1 Satz 4 und § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG gelten.
Des Weiteren wird aus der Praxis davon berichtet, dass die Elterngeldstellen ihre Anerkennung versagen, wenn Eltern vor der Geburt ihre Steuerklasse wechseln, um so mehr Elterngeld zu erhalten.
Bereits mehrere Sozialgerichte haben jedoch entschieden, dass diese Praxis der auszahlenden Stellen nicht zulässig ist. Mit nicht rechtskräftigen Urteilen haben die Sozialgerichte in Dortmund und Augsburg bestätigt, dass ein Wechsel der Steuerklasse eine zulässige Gestaltung sei. Die Revision ist beim Bundessozialgericht (BSG) anhängig und muss nun für eine endgültige Klärung sorgen (Az. B 10 EG 4/08R und B 10 EG 3/08R). Bei einem entsprechenden Bescheid der Elterngeldstelle sollten auch hier die Betroffenen unter Hinweis auf die Verfahren beim BSG Widerspruch einlegen.
Mit freundlichen Grüßen
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Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. -
George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker
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