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Umsatzsteuer bei Liebhaberei
09.06.2016, 09:55
Beitrag: #1
Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Hallo zusammen,

ich bin ehrlich gesagt ein wenig verwirrt. Kurz zum Fall, der m. E. nicht kompliziert ist.

Mandantin macht in 2009 einen kleinen Gewerbebetrieb auf und designt und bedruckt T-Shirts für Kinder (Kindergartenalter). Sie selbst arbeitet 4 Tage die Woche bei einer großen Versicherung und kümmert sich 1 Tag die Woche um den Betrieb. 2009 ist ein kleiner Verlust entstanden und der Bescheid steht nicht unter Vorbehalt und hat auch keine Vorläufigkeit. In 2010 entsteht zur Erstbeschaffung ein höherer Verlust (noch vierstellig). Sie hat eine Verkaufsseite bei Dawanda und verkauft hier und da im Kindergarten etc. einige T-Shirts.

Ab 2010 sind alle Bescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Die Verluste ab 2010 werden von Jahr zu Jahr deutlich geringer (nie höher als 1.500 EUR), aber eine positive Totalgewinnprognose ist wohl nicht möglich, da sie ihre Haupttätigkeit nicht weiter zurückfahren kann und die Steuerberatungskosten allein den Jahresumsatz wegfressen :/

Nun flattern berichtigte Bescheide ins Haus. Gewinnerzielungsabsicht nicht gegeben. 2009 wird aufgrund 129 AO berichtigt. Das kann ich nicht nachvollziehen...Wenn es so leicht sein soll einen Bescheid nach 129 zu ändern (ohne vorhandene Vorläufigkeit ohne weitere Erläuterung - nur mit dem Satz dass die Gewinnerzielungsabsicht nicht vorhanden ist), dann möchte ich das künftig auch dürfen.

Nun flattern auch Umsatzsteuerbescheide ins Haus. Erläuterung in den Umsatzsteuerbescheiden: "... dass es sich bei dem Gewerbe um Liebhaberei handelt und keine Gewinnerzielungsabsicht besteht"

Also vielleicht habe ich das falsch gelernt. Aber Gewinnerzielungsabsicht bei der Umsatzsteuer?

Ein Anruf beim FA erbrachte nur eine übel gelaunte Sachbearbeiterin, welche meinte dass "telefonisch gar nichts geht" und wir Einspruch einlegen sollen. Auf meine Frage warum in Umsatzsteuerbescheiden von Gewinnerzielungsabsicht gesprochen wird blieb unbeantwortet (Copy Paste Problem). Mein Hinweis, dass auf unsere Mandantin sämtliche Eigenschaften einer umsatzsteuerlichen Unternehmerin zutreffen wurde nicht beantwortet. Unsere Mandantin kann jedes T-Shirt vorlegen, dass noch nicht in den Verkauf gegangen ist. Es wird eine ständige undlückenlose Inventur gelebt. Es gibt keinerlei Privatentnahmen, wir haben keinerlei Kosten verbucht, die nicht eindeutig dem Betrieb zuzuordnen sind.

Ich frage mich nun, wie ich weiter vorgehen soll. Es geht nur um knapp 1.800 EUR USt, aber dennoch..

Viele Grüße
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09.06.2016, 11:45
Beitrag: #2
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
(09.06.2016 09:55)Oliver Thomas schrieb:  Nun flattern auch Umsatzsteuerbescheide ins Haus. Erläuterung in den Umsatzsteuerbescheiden: "... dass es sich bei dem Gewerbe um Liebhaberei handelt und keine Gewinnerzielungsabsicht besteht"

Also vielleicht habe ich das falsch gelernt. Aber Gewinnerzielungsabsicht bei der Umsatzsteuer?
§ 2 UStG bringt die Erleuchtung:

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt ...


Damit entfällt die USt-Nachzahlung -> und nun kann sie ja auf Kleinunternehmer machen und spart sich den teuren Steuerberater Rolleyes

Und § 129 AO ist ja wohl nur lächerlich. Eigentlich sollte man dem Finanzamt zum Einspruch gleich die Kostenrechnung dazulegen.
Wahrscheinlich würde ich den Einspruch gar nicht begründen, sondern freundlich bitten, zu erläutern, warum § 129 angewendet wurde.
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09.06.2016, 11:57
Beitrag: #3
Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Naja, wenn sich in der Akte des Jahres der Hinweis findet, dass die Veranlagung nach 164 durchzuführen ist und dass dann im Bescheid nicht "ankam", dann hat man 129 mit 164. Das ist aber erhöht begründungsbedürftig, ggf muss man einen Antrag auf Akteneinsicht stellen.
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09.06.2016, 14:47
Beitrag: #4
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Großes Kino, da hat die Sachbearbeiterin ja wohl so gar keine AhnungRolleyes

Die Frage, die ich mir in diesen Fällen immer stelle, ist, warum macht man das in dieser Form, wenn keine Gewinne erzielt werden können?
Private Neigungen können ja wohl durch solch einen Betrieb nicht befriedigt werden (und das ist m.E. auch Voraussetzung für Liebhaberei). Oder stellt sie vielleicht doch für ihre Kinder etwas her?
Wenn die Mandantin kein Geld damit verdienen will, würde ich ihr raten, den Betrieb einzustellen.
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09.06.2016, 16:07
Beitrag: #5
Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Warum soll das Design und der Druck nicht private Neigungen befriedigen können? Das ist doch durchaus Hobby und wenn man nur Verluste macht, die Preise nicht anheben, die Kosten nicht senken und die Betriebsstruktur nicht ändern kann und will, dann spricht die Beibehaltung des Verlustbetriebs für einkommensteuerlich irrelevante Privatmotive.

UStlich bin ich aber dabei.
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10.06.2016, 09:44 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.06.2016 19:54 von taxpert.)
Beitrag: #6
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Liebhaberei kann hier grundsätzlich vorliegen

Auszug aus Leitfaden Gewinnerzielungsabsicht

"Liebhaberei kann sich ergeben aus ...

... der Wesensart der Tätigkeit und Art der betriebswirtschaftlichen Führung

Struktur und Art der Tätigkeit können darauf hindeuten, dass hieraus eine nachhaltige
Erzielung von positiven Einkünften nicht möglich ist, z. B. bei einem
- Schriftsteller, dessen Werke nur einen kleinen Käuferkreis ansprechen;
- land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (z. B. Pferdezucht mit nur wenigen
Zuchttieren), der erkennbar aus Passion bewirtschaftet wird;
- nebenberuflich ausgeübten Weinhandel mit eingeschränkten Vertriebswegen10.
Ebenso kann gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen, wenn die Tätigkeit
betriebswirtschaftlich nicht geeignet ist, einen Totalerfolg zu erreichen, z. B. bei
- fehlender / geringer Werbung;
- [undefined=undefined]kleinem Kundenkreis[/undefined];
- zu hohen Fixkosten;
- [undefined=undefined]überhöhten Investitionen[/undefined];
- fehlender betriebswirtschaftlicher Kalkulation oder Ergebnisprognose."

Für den 129er sehe ich zwar eine grundsätzliche Möglichkeit, aber hier wären die Kollegen in der Nachweispflicht!

Das mit der USt verstehe ich aber auch nicht! Übereifriger Anwärter vielleicht?

taxpert

Nehmt das Leben nicht so ernst. Man kommt sowieso nicht lebend raus!!!!

"Yeah, I'm the taxman
And you're working for no one but me"
(The Beatles, Taxman, Revolver)
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10.06.2016, 10:10
Beitrag: #7
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
(09.06.2016 16:07)showbee schrieb:  ..., dann spricht die Beibehaltung des Verlustbetriebs für einkommensteuerlich irrelevante Privatmotive.
Bei Umsatz = Steuerberatungskosten könnte man auch durchaus mal darüber nachdenken, ob hier nicht verdecktes Sponsoring eines armen Steuerberaters vorliegt Big Grin
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10.06.2016, 10:34
Beitrag: #8
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Und was, wenn der Steuerberater der einzige T-Shirt-Abnehmer ist?
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10.06.2016, 11:38
Beitrag: #9
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Ich verstehe das mit der USt nicht. Was heißt nun flattern auch USt-Bescheide ein, gab es vorher also keine? Hat sie ein auf Regelunternehmerin gemacht und soll nun die Vorsteuer wieder zurück zahlen? Wenn es erstmalige Bescheide sind verstehe ich das FA nicht..

„Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht zum Steuerzahlen. Die Kenntnis aber häufig.“

Baron Rothschild
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10.06.2016, 11:57
Beitrag: #10
RE: Umsatzsteuer bei Liebhaberei
Naja, es wird wohl immer ein USt-Guthaben entstanden sein, dass nun zurückgedreht werden soll.
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