Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
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14.08.2007, 15:12
Beitrag: #1
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Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Hallo,
kaum bin ich vom Sprung in die Heimat zurück, werde ich gleich wieder um Rat gefragt. Zwei Brüder betreiben, getrennt voneinander, neben diversen Geschäften jeweils auch einen Kiosk/Imbissbetrieb in einem Schwimmbad. Die beiden können zwar ganz gut miteinander, aber geschäftlich gehen sie strikt getrennte Wege. So hat auch jeder einen eigenen Steuerberater. Und nun kommt der Clou. Der Steuerberater des einen Bruder versteuert die Umsätze mit dem Regelsteuersatz von 19%, der Steuerberater des anderen Bruders versteuert die Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz von 7%. Und genau darüber sind die beiden Brüder in Streit geraten und fragen nun mich, was richtig ist. Die Argumentation des Verkaufs außer Haus hat schon etwas für sich. Schließlich hält der Betreiber des Kiosk/Imbiss keine Sitzgelegenheiten vor und seine Waren dienen dem sofortigen Verzehr, meist in Transportverpackungen. Das Gelände des Schwimmbades hat er nicht mitgepachtet und sieht sich somit auch nicht in der Verantwortung über die Nutzung des Schwimmbadbetreibers. Allerdings steht dem ein Urteil des BFH und mein steuerlicher Sachverstand entgegen. Ableitend von R 29 UStR bezüglich der Bewirtschaftung von Kantinenbetrieben, sehe ich die komplette Betriebsstätte des Schwimmbades, auf der sich auch der Kiosk/Imbiss befindet, als Einrichtung des verpachtenden Unternehmens mit der Möglichkeit des Verzehrs an Ort und Stelle, gleichgültig wo die Käufer die Essenswaren und Getränke verzehren. Maßgeblich ist der räumliche Zusammenhang und die Tatsache, das es entsprechende Vorrichtungen gibt, die einen Verzehr an Ort und Stelle zulassen. In die gleiche Kerbe schlägt ein Urteil des BFH (Urteil vom 26.10.2006, V R 58, 59/04; V R 58/04; V R 59/04) . Hier war ein Imbisswagen ohne eigene Verzehreinrichtungen (nicht einmal ein Handtresen) auf Jahrmärkten und Festveranstaltungen unterwegs. In unmittelbarer Nachbarschaft war ein Getränkegastronom, der auch Außensitzplätze (Biertischgarnituren) aufstellte. Die Imbissbesucher kauften nun Ihr Essen und setzten sich nach nebenan, teilweise mit oder ohne etwas bei diesem Unternehmer zu bestellen. Im Ergebnis kam der BFH zu Regelumsätzen mit 19%. Ist hier irgendjemand anderer Meinung und kann dies gegebenenfalls entsprechend belegen, oder erhalte ich allgemein Zustimmung? ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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14.08.2007, 17:11
Beitrag: #2
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Ich hab auch nen Schwimmbadkiosk, und hab da sicher Unterlagen zu dem Problem, bin nur leider etwas in Eile und komme erst morgen/Donnerstag (wir haben morgen Feiertag, werd aber wenns meine Baustelle zu lässt trotzdem ins Büro flitzen...) dazu Dir das rauszusuchen!
----------------- LG Clematis |
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14.08.2007, 20:56
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.08.2007 21:28 von Lemgun.)
Beitrag: #3
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Aus dem von Ihnen erwähnten Urteil:
Zitat:26 Das lese ich nach wie vor so, dass wenn Speisen ausschließlich zum Mitnehmen "geliefert" werden, dass dann trotz Verzehreinrichtungen ermäßigt besteuert werden kann. Siehe Fast-Food-Restaurants mit sogar eigenen Verzehrvorrichtungen, die machen es auch (noch? ) so. Voraussetzung ist nach wie vor natürlich getrennte Aufzeichnung. Und Verjagen der Gäste von den Verzehreinrichtungen in der Nähe, wenn die eigentlich was mitnehmen wollten. Werden Speisen in nur in Einweg-Verpackungen abgegeben und die dann von den Kunden mitgenommen, oder Teller mit Besteck zur Verfügung gestellt, die anschließend gereinigt werden? Bei letzterem würde das Dienstleistungsmoment dazu führen, dass keine Lieferung, sondern sonstige Leistung vorliegt, die nicht ermäßigt besteuert wird. Ich meine, das wurde in Urteilen des BFH (zu Catering oder Pizzalieferanten) als Beurteilungsmaßstab herangezogen. Vielleicht hilft das auch noch weiter: Zitat:Gastro-Umsätze in Kinos und Fußballstadien Die OFD-Verfügungen habe ich bisher nicht finden können... Gruß Lemgun _______________________________________________________________________________ "Der Steuerbescheid ist neben dem Strafbefehl das wirksamste Instrument, den Bürger zu erschrecken." [Quelle: Dr. Peter Knief - Steuer-Sätze, 153 Steuer-Aphorismen] |
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14.08.2007, 23:05
Beitrag: #4
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Hallo,
Zitat:45 Dies ist die, nach meiner Meinung, entscheidende Passage hinsichtlich des dem Urteil zu Grunde liegenden Sachverhalts. Abschließend erläutert der BFH lediglich unter welchen Umständen eine Lieferung oder eine Dienstleistung und somit der ermäßigte bzw. normale Steuersatz anzuwenden ist. Sinngemäß eine Klarstellung der gesetzlichen Bestimmungen. Denn würde ich die Erläuterungen losgelöst sehen, dann käme ich zwangsläufig zu dem Ergebnis, das auch ein Kantinenbetrieb lediglich Lieferungen erbringt und somit ermäßigt zu besteuern sind. Die organisatorische Infrastruktur der Kantineneinrichtung ist ihm, trotz räumlicher Nähe nicht zuzurechnen, und die Teller und Bestecke sind notwendige Verkaufsverpackung und von untergeordneter Bedeutung. Das hat mich noch nicht überzeugt. ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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15.08.2007, 22:44
Beitrag: #5
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Die Teller und Bestecke sind nicht notwendige Verkaufsverpackung, sondern machen m.E. genau die Dienstleistung aus. (Zur Verfügung Stellen + Reinigen der Teller und Bestecke)
Wenn ich das dem Kunden aber in ner Pappe o.ä. Einwegverpackung übereiche, und der nimmt das dann mit, dann ist es für mich nach wie vor eine Lieferung, die ermäßigt besteuert werden kann. Gruß Lemgun _______________________________________________________________________________ "Der Steuerbescheid ist neben dem Strafbefehl das wirksamste Instrument, den Bürger zu erschrecken." [Quelle: Dr. Peter Knief - Steuer-Sätze, 153 Steuer-Aphorismen] |
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16.08.2007, 07:49
Beitrag: #6
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Wir versteuern unseren Schwimmbadkiosk mit 16%/19%!
Der hat aber Tische und Stühle vor dem Kiosk stehen. Ohne diese würde ich auch zu 7% tendieren! ----------------- LG Clematis |
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16.08.2007, 08:04
Beitrag: #7
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Hallo,
danke Clematis. Ich kenne keinen Kiosk/Imbiss in irgend einem Schwimmbad, der nicht auch Tische und Stühle neben der Verkaufseinrichtung stehen hat. Die große Frage wäre eben, sind diese Vorrichtungen zum Verzehr Gegenstand des Pachtvertrages oder nicht. Wären sie Gegenstand des Vertrages, so gehören sie zweifelsfrei dem Betreiber des Kiosk/Imbiss mit der Folge, dass die Umsätze dem Regelsteuersatz unterliegen. Gehören sie nicht zum Pachtvertrag, so sind sie dem Schwimmbadbetreiber zuzurechnen. Allerdings in logischer Folge zum genannten BFH-Urteil und der räumlichen Nähe der Vorrichtungen zum Kiosk/Imbiss, müsste auch hier der Regelsteuersatz angewendet werden. Eine Regelung, wie sie für Fast-Food-Ketten gilt ("Essen sie hier oder zum mitnehmen"), ist im Schwimmbad nicht möglich, da die Badegäste keine Möglichkeit haben das Betriebsgelände zu verlassen, somit die räumliche Nähe immer gegeben ist. Es wäre also nicht einmal möglich nach ermäßigten und regelbesteuerten Umsätzen aufzuteilen. Ich sehe in diesem konkreten Fall keine Möglichkeit zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Ehrlich gesagt ist das steuerliche Risiko für so ein kleines Unternehmen auch recht hoch. Bei ca. 200.000 Besucher im Jahr und einem Pro-Kopf-Umsatz von 2,50 Euro ergibt dies einen Umsatz von 500.000 Euro. Hierin enthalten sind entweder 7% Steuer = 32.710 Euro oder 19% Steuer = 79.830 Euro. Das Risiko einer jährlichen Nachzahlung von rund 47.000 Euro, und dies gegebenenfalls für 3 bis 5 Jahre (Steuerverkürzungsgefähr!) bei einer Außenprüfung, ist mir persönlich auch viel zu hoch, als dass ich hier zur Risikoberatung "ermäßigte Steuer" gehen würde. ---------- Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. - George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker |
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16.08.2007, 22:49
Beitrag: #8
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RE: Schwimmbadgastronomie 19% oder 7%?
Hm, danke für die Ausführungen, ist was dran...
Gruß Lemgun _______________________________________________________________________________ "Der Steuerbescheid ist neben dem Strafbefehl das wirksamste Instrument, den Bürger zu erschrecken." [Quelle: Dr. Peter Knief - Steuer-Sätze, 153 Steuer-Aphorismen] |
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