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Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - Druckversion

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Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - jurico - 04.12.2007 15:13

Hallo,

man stelle sich folgenden Sachverhalt vor:

Das Finanzamt behelligt Unternehmer U mit einer Betriebsprüfung. In deren Folge schreibt das Finanzamt sämtliche Subunternehmer (große Anzahl) des U an mit der freundlichen Bitte, die Erfassung von Us Zahlungen nachzuweisen.

Die Sache nimmt nun allerdings geschäftsschädigende Ausmaße an. Ständig rufen Subs bei U an ("Wasn bei Dir los?" usw.). Zumal die Anschreiben an die Subs auch einige Voreingenommenheit des Finanzamtes erkennen lassen.

Ich bin auf der Suche nach Rspr./Lit. zur Frage, welchen rechtlichen Grenzen die Auswertung von Kontrollmaterial unterliegt, insb. im Zusammenhang mit Geschäfts-/Rufschädigung. Kann jemand weiterhelfen?


RE: Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - Vorwitzig - 04.12.2007 18:25

Normalerweise werden Kontrollmitteilungen an die Betriebsstättenfinanzämter der Subunternehmer gemacht und es erfolgen dann Betriebsprüfungen bei den Subunternehmern, wenn Zweifel bestehen, ob die Umsätze versteuert wurden. Das ist aber ein ganz normaler Vorgang.

Wieso ist die direkte Nachfrage bei den Subs für den U rufschädigend? Es ist für den Sub doch wesentlich weniger belastend, wenn das Finanzamt nur nachfragt, ob die vereinnahmten Gelder versteuert wurden, als wenn es eine BP anordnet?

Oder geht es darum, dass U so viele Fremdleistungen in seiner Gewinnermittlung hat, dass das Finanzamt den Verdacht bekommt, dass es sich nur um Scheinrechnungen gehandelt hat? Sind die Rechnungen vielleicht alle bar bezahlt worden und gab es keine entsprechenden Barabhebungen vom Konto bzw. Bareinnahmen, von denen die Rechnungen bezahlt werden konnten?


RE: Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - lieschenmueller - 04.12.2007 18:41

Das Finanzamt schreibt die Subs an???
Ungewöhnlich!
Aber gem. § 93 AO erlaubt. Allerdings haben die BPler wohl die Anweisung, das nur im Notfall zu machen und wirklich nur dann, wenn es einen naja, sagen wir mal Verdacht gibt, dass was nicht ganz ordentlich gelaufen sein könnte. Oder wenn wirklich einfach sehr umfangreiche Bargeschäfte oder ähnliches gelaufen ist.

Allerdings werden die Subs wohl auch nicht weiter geplagt, wenn sie nicht anworten.

Soweit zumindest mein Kollege, seines Zeichens ehemaliger BPler.

Er meinte weiter, dass man nochmals (gemeinsam mit dem Mandanten) zusammen sitzen sollte und genau überlegen, warum der BPler sowas macht.
Ist es dann immer noch unschlüssig und einfach nur 'Schikane' des BPlers, diesen schriftlich zur Ordnung rufen. Also einen Antrag auf Einstellung/Unterlassung stellen.
Das Finanzamt muß auf den schriftlichen Antrag auf Unterlassung der Kontrollmitteilungen reagieren. Dann hat man etwas, wogegen man notfalls klagen kann (auf Unterlassung klagen).

Kostet natürlich alles Zeit, deswegen ist der Weg zum Sachgebietsleiter und/oder gleich zum Vorsteher wohl noch die gängigste Lösung.

Im Normalfall sind auch Finanzamtler nur Menschen ;-)
Mit Ausnahmen natürlich *grins*
(Nur ein Witz, bitte, es soll sich niemand auf den Schlips getreten fühlen!)

Viel Erfolg!


RE: Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - frankts - 05.12.2007 09:34

Das hat ja nichts mit Kontrollmaterial zu tun.
Hier gilt ganz normal § 93 AO mit der Ergänzung des § 200 (1) AO.
Der Prüfer kann zwar KM fertigen, aber rundherum anschreiben, da ist die Ermessensausübung ins Hintertreffen geraten. Ein intensives Gespräch mit Prüfer und SL sollte hier schon stattfinden und die Androhung einer Dienstaufsichtsbeschwerde ins Gespräch einfliessen.
Natürlich sitzt die Verwaltung hier am längeren Hebel, aber soll man sich alles gefallen lasen?
Grüße
frankts


RE: Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - jurico - 06.12.2007 00:09

Hallo,

danke für die Anmerkungen.

@Vorwitzig: Ja, der Vorwurf "Scheinrechnungen" steht im Raum. Aber unbegründet. Wink

@frankts: Ich habe etwas vereinfacht; in den meisten Fällen mögen hier das BP-FA und das Betriebsstätten-FA identisch sein.


RE: Grenzen der Auswertung von Kontrollmaterial? - zaunkönig - 06.12.2007 08:01

Hallo,

naja, Rechtsinanspruchnahme hin oder her. Soweit die Täätigkeit des Prüfers scheinbar darauf ausgerichtet ist lediglich nur Kontrollmitteilungen zu schreiben und dem eigentlichen Sinn und Zweck der Prüfung nicht nachzugehen, verfehlt er sein Ziel und ist in diesem Punkt angreifbar.

Wenn es darum geht, dem geprüften Betrieb hier den Nachweis zu erbringen, dass ein Umsatzsteuerkarussell vorhanden ist, oder auf andere Art und Weise Vorsteuerabzüge erschlichen werden, dann ist es nicht zwingend notwendig alle Subunternehmer anzuschreiben. Zumal dann nicht, wenn aufgrund der Verhaltensweise des Prüfers davon auszugehen ist, dass es in der Folge dieser Prüfung zu weiteren Prüfungen bei den Subunternehmern kommt.

Der Prüfer hat ja auch die Möglichkeit über die Betriebsstättenfinanzämter der Subunternehmer eine USt-Sonderprüfung durchführen zu lassen. Die, man erinnere sich, jederzeit und ohne Vorankündigung durchgeführt werden könnte. Die eigene Prüfung kann er bis zum vorliegenden Ergebnis unterbrechen.

Ich möchte dem Prüfer hier nichts unterstellen, aber aus meiner praktischen Erfahrung heraus, sieht dies schon ein wenig so aus, als hätte der Prüfer persönliche Vorbehalte gegen den Steuerpflichtigen oder seine Tätigkeit. Kommt gelegentlich schon mal vor.


Ich würde hier auch das Gespräch mit dem Sachgebietsleiter suchen, obwohl dieser von der Vorgehensweise des Prüfers informiert sein sollte, da hier auch die steuerlichen Belange anderer, nicht unmittelbar an der Prüfung beteiligte Steuerpflichtige betroffen ist.

Und gerade in diesem speziellen Fall geht es um die steuerliche Erklärung der Umsätze anderer Unternehmer. Dies ist nicht Aufgabe dieses Prüfers und dürfte den Rahmen der Prüfungsanordnung bei weitem sprengen. Denn der soll schließlich lediglich diesen Betrieb prüfen.