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Bekanntgabeproblem - Druckversion

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Bekanntgabeproblem - Jive - 13.07.2011 10:11

Hallo Ihr Lieben :-)

Das Finanzamt und ich sind wieder mal verschiedener Meinung und ich benötige Euern geschätzten Rat.

Mandant M ( selbstständig ) befindet sich seit 2 Jahren in Privatinsolvenz und hat auch einen Insolvenzverwalter.

Das Finanzamt wusste davon aber irgendwie nix und hat geschätze Umsatz- und Einkommensteuerberscheide an M geschickt.

Als der Mandant zu mir kam waren diese natürlich bestandskräftig....

...keine der üblichen Änderungsnormen greift.

Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass der Insolvenzverwalter den M schon vor Erlass der Bescheide Ermächtigt hat, seine selbstständige Tätigkeit weiter auszuüben.

Der Umsatzsteuerbescheid ist m.E: damit richtigerweise an den M bekanntgegeben worden.

Nur mit dem Einkommensteuerbescheid habe ich Probleme.. hätte der nicht an den Insolvenzverwalter bekannt gegeben werden müssen ???

Mangels Bekanntgabe an diesen wär meines Erachtens zumindest der ESt-Bescheid noch zu ändern ...

Das FA argumentiert dass die Steuer aus dem freigegebenen Betrieb gegen den Insolvenzschuldner festzusetzen ist ...und diesem damit auch bekanntzugeben ist.

Aber unterschreiben muss die ESt-Erklärung doch der Insolvenzverwalter...

...bei Minderjährigen Kindern die einen BEtrieb ausüben dürfen diese doch auch zwar die Umsatz oder Gewerbesteuererklärung unterschreiben .. die ESt - Erklärung aber nicht ...

mit der Bekanntgabe verhält es sich meiner Meinung genauso ..

Was meint Ihr ??

lg, Jive


RE: Bekanntgabeproblem - Opa - 13.07.2011 10:30

Zitat:Aber unterschreiben muss die ESt-Erklärung doch der Insolvenzverwalter...
Nein, der IV kann auch die Zustimmung geben, daß der M selbst, oder ein Dritter die Erklärung erstellen darf. Und damit muss der Bescheid nicht zwingend beim IV landen. Der ist meist auch "nur" RA und im Steuerrecht nicht so bewandert.
(Will aber keinem RA auf den Schlips treten.)


RE: Bekanntgabeproblem - Jive - 13.07.2011 11:52

Hat der Insolvenzverwalter aber nicht ...

Das komische an diesem Fall ist darüber hinaus, dass er in Niedersachsen liegt.

Die Sachbearbeiterin wollte mich daher mit einem Urteil des Niedersächsischen FG überzeugen : Az.: 15 K 110/09 vom 01.10.2009.

Da war es genau andersrum .. BEscheid wurde an Insolvenzverwalter bekannt gegeben .. und der klagte, dass der an den Stpfl bekanntzugeben ist.

FA hat verloren ist aber in Revision gegangen BFH - VIII R 47/09.

Ich meine Hü oder Hott .. das FA kann sich doch nicht je nach Aktenlage die für das FA bessere Argumentation rauspicken ...

lg, Jive


RE: Bekanntgabeproblem - Petz - 13.07.2011 12:00

Jive schrieb:das FA kann sich doch nicht je nach Aktenlage die für das FA bessere Argumentation rauspicken ...

Hallo,
nicht das Finanzamt, sondern wenn überhaupt "nur" der einzelne Bearbeiter.

Zitat:Mangels Bekanntgabe an diesen wär meines Erachtens zumindest der ESt-Bescheid noch zu ändern
Einen nicht bekanntgegebenen Bescheid kann man nicht ändern, da dieser überhaupt nicht existiert.
Es muss überhaupt erstmal ein Bescheid in die Welt gesetzt werden, also bekanntgegeben werden.


RE: Bekanntgabeproblem - zaunkönig - 13.07.2011 19:56

Hallo,

Der Steuerbescheid ist bekannt zu geben an den/die Steuerpflichtige/n bzw. dessen Vertreter.

Der Inso-Verwalter ist aber nicht als Vertreter bestellt und auch nicht entsprechend mit Vollmacht ausgestattet, nur weil er als Verwalter bestellt ist.

Der Inso-Verwalter ist auch nicht verpflichtet Steuererklärungen zu erstellen, schon erst recht darf er diese nicht zeichnen. Er macht dies nur als Vertreter der Geschäftsführung bei einer Kapitalgesellschaft. Dort tritt er auch in die Abgabepflicht ein, soweit diese noch besteht.

Das ist der große Irrtum im Land, dass der Inso-Verwalter nun auch die persönlichen Rechtspflichten übernimmt. Das tut er eben nicht. Insoweit ist der ESt-Bescheid auch an den Steuerpflichtigen bekannt zu geben.



Zusatz und Ergänzung:

Geregelt ist das in den §§ 21 und 22 InsO unter dem Begriff des Verfügungsverbots


RE: Bekanntgabeproblem - meyer - 14.07.2011 15:19

@ zaunkönig

Mir scheint, Sie haben § 34 Abs. 3 AO nicht in Ihre Betrachtung einbezogen? Der Insolvenzverwalter ist ein Vermögensverwalter im Sinn dieser Vorschrift in Bezug auf die Insolvenzmasse.

Der AEAO zu § 122 Nr. 2.9 lässt sich denn auch relativ ausführlich zur Bekanntgabe für Verwaltungsakte, die die Insolvenzmasse berühren, und Verwaltungsakten, für die der Insolvenzverwalter nicht Bekanntgabeadressat ist, aus.


RE: Bekanntgabeproblem - zaunkönig - 14.07.2011 19:56

Hallo,

die AO folgt auf die InsO.

Und die Feststellungen hinsichtlich der Vermögensverwaltung widerspricht meiner Aussage nicht. Die ist nur etwas unpräzise, was mir verziehen sein soll.


RE: Bekanntgabeproblem - meyer - 14.07.2011 20:51

Vielleicht habe ich Ihre Aussage missverstanden.

Aus der InsO folgt die Vermögensverwaltung, soweit sind wir uns offenbar einig.

Aus § 34 Abs. 3 AO folgt, dass der Insolvenzverwalter auch die steuerlichen Pflichten für den Schuldner zu erfüllen hat, soweit seine Verwaltung reicht. Und soweit dies der Fall ist, sind auch Verwaltungsakte dem Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter bekanntzugeben. Dies jedenfalls die eindeutigen Ausführen im AEAO zu § 122 Nr. 2.9.

Es mag da auch andere Auffassungen zu geben, zumindest ist mir kein BFH-Urteil bekannt, dass dies ganz eindeutig ausgeurteilt hat, aber die Verwaltungsmeinung ist die, dass die Bekanntgabe auch der ESt-Bescheide an den Insolvenzverwalter zu erfolgen hat. Dieser hat zumindest theoretisch demnach auch die Verpflichtung, die Einkommensteuererklärungen zu erstellen. Die Praxis sieht da wahrscheinlich durchaus erheblich anders aus ...


RE: Bekanntgabeproblem - showbee - 14.07.2011 21:34

Die Abgabepflicht des InsoV richtet sich NUR auf die verwaltete Vermögensmasse, also ist dies beschränkt auf die Einkünfte bzw. USt/GewSt. Die ganze EStE muss der InsoV nicht machen, also bleibt nur die Gewinnermittlung und ggf. Anlage EÜR / G / SE / LUF auszufüllen, mehr nicht. Den Rest muss der Schuldner schon allein machen, weil ggf. andere Einkünfte des Ehegatten, private Sonderausgaben und Kindergedöns nicht in die verwaltete Masse fällt. Lt. Pahlke/Koenig, § 34 AO Rn. 29 muss der InsoV bei einer PersG nicht mal die GuE erstellen!

Hier noch eine Fundstelle:

Depré/Dobler, Praxis der Insolvenz, 2. Auflage 2010, § 35, Rn 4 schrieb:Rolle des Insolvenzverwalters

In der Praxis fließen in die endgültige Veranlagung zwei Steuererklärungen ein. Die erste Erklärung wird vom Insolvenzschuldner abgegeben und umfasst allgemeine steuerlich relevante Angaben, beispielsweise zu Kindern, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen sowie Angaben zu den vom Ehegatten realisierten Einkunftsarten und Angaben zu allen Einkünften des Insolvenzschuldners, die an ihn freigegeben wurden (vgl. auch die Ausführungen zum Neuerwerb).

Der zweite Teil der Erklärung wird vom Insolvenzverwalter abgegeben. Sie umfasst Angaben zu den Einkünften, welche in der Insolvenzmasse begründet sind, sowohl für die Zeiträume vor der Verfahrenseröffnung, als auch nach der Verfahrenseröffnung.

In der Regel ist es somit für diese beiden Parteien ohne Informationsaustausch nicht möglich die resultierende Steuerlast zu ermitteln. Schuldner und Insolvenzverwalter brauchen allerdings nicht zusammenzuarbeiten. Es ist ausreichend, wenn beide Parteien ihre Informationen an das Finanzamt weiterleiten. Die Finanzbehörde muss diese Teilstücke dann zusammensetzen. Eine explizite gesetzliche Regelung hierzu fehlt jedoch (vgl. jedoch OFD Magdeburg v. 26. 8. 2004).



RE: Bekanntgabeproblem - zaunkönig - 15.07.2011 19:56

Hallo,

das Ganze steht und fällt mit dem Verfügungsverbot.
Das ist bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich gegeben, bei Einzelunternehmen liegt es in der Hand des Gerichts bzw. des Verwalters (§ 22 InsO).
Wenn nun besondere Sicherungsmaßnahmen (§21 InsO) getroffen werden müssen, dann geht es nur über den InsO-Verwalter.

Der InsO-Verwalter will in aller Regel lediglich die Steuererklärungen sehen und freigeben. Die Pflichten überlässt er dem Steuerpflichtigen, auch bezüglich USt und GewSt.

Der betreffenden Verwaltungsbehörde wird vom InsO-Verwalter auch angezeigt (muss angezeigt werden), inwieweit seine Vollmacht geht. Das ist schon allein deshalb notwendig, weil in der Phase zwischen Antragstellung und Bestellung eines Verwalters, ansonsten die Bescheide im Niemandsland bekannt gegeben würden.

Zudem ist der Insolvente verpflichtet die Finanzverwaltung zu informieren, wie alle Gläubiger zu informieren sind. Die Verwaltung setzt sich dann in aller Regel mit den Verwalter in Verbindung und stimmt Umfang und Art der Vollmacht ab.

Ansonsten bin ich ja ganz bei Euch.