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"Erledigung" eines Verfahrens durch Teilabhilfe - Druckversion

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"Erledigung" eines Verfahrens durch Teilabhilfe - meyer - 22.10.2010 12:32

Mal ein kleines Erlebnis aus der Praxis:

Gegen einen ESt-Bescheid 2007 wurde Einspruch eingelegt.

Grund 1: Arbeitszimmer

Grund 2: Steuerpflicht von VBL-Umlagezahlungen

Verfahren ruhte bisher wegen anhängiger Verfahren. Zu 2) ist kürzlich eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen worden. Stand zu 1) ist ja bekannt.

Jetzt kommt Änderungsbescheid wegen vorläufiger Berücksichtigung der AZ-Aufwendungen (kein anderer Arbeitsplatz).

Text weiter (zu der VBL-Sache): Die Verfassungsbeschwerde ist durch Beschluss vom 27.07.2010 erledigt.

Ihren Einspruch vom ... sehe ich hiermit als erledigt an.

(es gibt weder eine Äußerung unsererseits dazu, dass wir das Verfahren damit als erledigt ansehen noch eine vorherige Teil-Einspruchsentscheidung).

M. E. handelt es sich somit lediglich um einen Teilabhilfebescheid und der Fall ist daher noch offen (wenn auch offensichtlich im Amt nicht mehr als offen geführt).

Folge m. E.: Sollte mir in zwei Jahren nochmal was auffallen, kann ich mich darauf berufen, dass das Verfahren noch läuft.

Gegenmeinungen?


RE: "Erledigung" eines Verfahrens durch Teilabhilfe - Kiharu - 22.10.2010 12:38

Zitat:Gegenmeinungen?

Nein. Diese Vorgehensweise wird von einigen FÄ (vornehmlich in Bayern) bevorzugt, ist AO-rechtlich jedoch völlig falsch.

Mit dem Änderungsbescheid haben Sie lediglich einen neuen Gegenstand eines noch laufenden Einspruchsverfahrens. Mehr nicht!


RE: "Erledigung" eines Verfahrens durch Teilabhilfe - meyer - 22.10.2010 18:39

Kiharu schrieb:Mit dem Änderungsbescheid haben Sie lediglich einen neuen Gegenstand eines noch laufenden Einspruchsverfahrens. Mehr nicht!
Finde ich eigentlich für mich ideal. Beim Amt gilt der Fall als erledigt, von da macht also keiner mehr Druck. Ich brauche gar nichts machen.

Und sollte es z. B. mal wieder überraschende Rechtssprechungsentscheidungen in der Zukunft geben, kann man die Sache jederzeit wieder aufgreifen. Es verjährt noch nicht mal was.

Vielleicht kann das FA, wenn das ganz weit zurückliegende Fälle sind, sich irgendwann darauf berufen, dass man nach den Grundsätzen von Treu und Glauben oder wegen Verwirkung keine Änderung mehr vornehmen muss.

Ansonsten setzt das Amt womöglich darauf, dass es wahrscheinlich äußerst selten ist, dass noch Änderungswünsche, die sich auf solche vermeintlich abgeschlossenen Verfahren stützen, kommen.

Ist vorliegend aber kein Fall in Bayern sondern aus Niedersachsen, wobei ich das aus Niedersachsen normalerweise nicht so gewöhnt bin.


RE: "Erledigung" eines Verfahrens durch Teilabhilfe - Kiharu - 22.10.2010 19:02

Ich bin selbst gerade dabei die VBL-Dinger zu bearbeiten. Die am meisten vorkommende Kombi ist VBL plus RV als WK.

Da komme ich rechtlich nicht drumrum, jeden anzuschreiben, auf das erledigte Verfahren für VBL hinzuweisen und nett zu fragen, ob sich mit der Aufnahme des "neuen" Vorläufigkeitsvermerks zu RV der Einspruch erledigt hat. Bekomme ich keine Antwort, wird der Bescheid geändert (Vorläufigkeiten aktualisiert) und im Nachgang gibt die EE wg. Unzulässigkeit mangels Rechtschutzbedürftnis.

Was Sie jedoch beachten sollten: Es wird mittelfristig eine Allgemeinverfügung für VBL geben. Damit wäre auch dieser Punkt erledigt. Aber: Dem Gesetzgeber ist bei der AO-Änderung mit der Allgmeinverfügung leider eine klitzekleine Kleinigkeit entgangen. Ein Einspruch führt immer dazu, dass der gesamt Fall noch offen ist (also quasi auch unausgesprochene Einspruchsgründe). Das heisst, wenn Einspruch eingelegt wurde mit nur einem Begründungspunkt (z.B. VBL) und dann kommt eine Allgemeinverfügung zu diesem Punkt raus, dass führt das nicht dazu, dass damit der Einspruch erledigt ist.

Das Gesetz sagt hier nämlich:

Zitat:Anhängige Einsprüche, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht abgeholfen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden.


Vielmehr wird in diesem Moment aus einem ehemals begründeten Einspruch ein komplett unbegründeter (da ja keine weitere Einspruchbegründung vorliegt) und dann könnte man eine neue Begründung nachschieben, den Einspruch zurück nehmen oder das FA muss eine Einspruchentscheidung über einen unbegründeten Einspruch fertigen.

Ich bin mir nicht sicher, dass dieses Bewusstsein auch in anderen BL besteht. Falls Sie also in Ihrem Fall mal was nachschieben wollen und das FA meint, dass der Einspruch spätestens mit der Allgemeinverfügung erledigt ist, dann melden Sie sich nochmal hier.


RE: "Erledigung" eines Verfahrens durch Teilabhilfe - meyer - 22.10.2010 19:19

Kiharu schrieb:Ich bin mir nicht sicher, dass dieses Bewusstsein auch in anderen BL besteht. Falls Sie also in Ihrem Fall mal was nachschieben wollen und das FA meint, dass der Einspruch spätestens mit der Allgemeinverfügung erledigt ist, dann melden Sie sich nochmal hier.

Danke für die Info i. S. Allgemeinverfügung.

RV war auch ein Thema (Grund 3, hatte ich nicht extra erwähnt, da nicht weiter von Relevanz), muss wohl ein Einspruch noch vor den allgemeinen Vorläufigkeitsvermerken gewesen sein.

Stimmt, auch dazu wurde zur Abhilfe einfach der Vorläufigkeitsvermerk ohne vorherige Rückfrage (mit einer kurzen Erläuterung im Bescheid) aufgenommen. Andere FÄ fragen vorher nach Einverständnis der Erledigung auf diese Weise an.