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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Druckversion

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Clematis - 06.09.2010 09:28

Sachverhalt:

Einkommensteuerbescheid 08 vom 13.4.2010 enthält geschätzte Einkünfte aus Gewerbebetrieb beim Ehemann in Höhe von 24.000 ¤, obwohl der Ehemann kein Gewerbe angemeldet hat. Bescheid ergeht unter § 164 AO.
Einkommensteuerbescheid 08 vom 05.07.2010 korrigiert oben genannten Bescheid und enthält geschätzte Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei der Ehefrau in Höhe von 30.000 ¤.
Eine Anhörung nach § 91 AO ist unterblieben, auch fehlen im Bescheid Erläuterungen darüber, warum die Einkünfte nun um 6.000 ¤ erhöht wurden. Der VdN wird aufgehoben.
Mandant bringt beide Bescheide am 10.08.10 in die Kanzlei.
Einspruch + Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde beantragt, aber natürlich abgeleht, mit Hinweis auf Niedersächsisches FG vom 22.5.02, nachdem hier angeblich der Bescheid keine weitere Begründung erfordere.
Greift aber hier mE nicht. Im FG-Fall wurden Einkünfte von 0 ¤ geschätzt, obwohl in den Vorjahren Verluste erzielt wurden. Das FG führt aus, dass das FA seine Schätzungsgrundlage nicht begründen muss. Hier liegt aber ein anderer Fall vor, da das FA von seiner ursprünglichen Schätzung abgewichen ist. Das Ganze hat den Eindruck einer Strafschätzung. Was meint Ihr?


RE: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Eisvogel - 06.09.2010 10:16

Moin,
Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, die Frist zu wahren. Egal ob Strafschätzung oder nicht. Bei einer Strafschätzung kann es doch nur um Nichtigkeit des Bescheides gehen. Das ist aber nur ausnahmsweise der Fall. S. dazu z.B. mal FG München Urteil vom 23.02.2010 - 13 K 3668/08.
Der 09.08. war der letzte Tag der Frist - warum wurde denn nicht umgehend ein Einspruch gefaxt?
Empfangsvollmacht lag wahrscheinlich nicht beim FA vor?
Gruß
Eisvogel


RE: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Clematis - 06.09.2010 10:33

Käse, der Bescheid wurde am 10. gebracht-eben genau einen Tag zu spät. Hab meinen Beitrag oben schon geändert. Ist einer unserer Lieblings-Chaos-Mandanten, bei dem nur gegen Barzahlung gearbeitet wird...

Und am 10. ist dem das FA mit einem PFÜB auf die Füsse getreten, daher ist er bei uns aufgefahren...

Danke für das Urteil, werd ich mir gleich mal ansehen!


RE: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Eisvogel - 06.09.2010 10:38

noch mal ne Frage dazu:
wurde denn gegen den ursprünglichen Bescheid vom 13.04. etwas unternommen?


RE: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Clematis - 06.09.2010 12:24

Nein, wurde nicht-den haben wir ja auch erst Anfang August gesehen!


RE: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - zaunkönig - 06.09.2010 12:56

Hallo,


wie wäre es denn einfach nur eine Feststellungserklärung abzugeben?
Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid. Wird also ein solcher erlassen, ändert sich auch der Einkommensteuerbescheid.

Allerdings weiß ich nicht, wie in Bayern die Veranlagung von gewerblichen Einkünften gehandhabt werden.


Ansonsten stehen die Chancen eher schlecht.
Eine Anfechtung macht nur dann Sinn, wenn die Finanzverwaltung nicht ordnungsgemäß geschätzt hat, also alle für den Veranlagungszeitraum relevanten Faktoren berücksichtigt hat, oder sogar gar keine Ermittlungen hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen vorgenommen hat. Dann könnte man auf Nichtigkeit klagen (siehe auch FG München 2 V 1909/08).


Der erste Steuerbescheid ist, nach meiner Meinung ohnehin nichtig, da hier völlig unzutreffende Besteuerungsgrundlagen vorliegen. Insoweit spielt es auch keine Rolle, ob höhere Einkünfte im neuen Bescheid drin stehen. Es bedarf lediglich des Hinweises auf die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen.

Fatal wäre allerdings ein Hinweis auf die Änderung des ursprünglichen (nichtigen) Steuerbescheids.

Hinsichtlich des zweiten Bescheids bleibt anzumerken, dass die Finanzverwaltung nicht verpflichtet ist einen Vorläufigkeitsvermerk bei einer Schätzung einzusetzen.


Mir stellt sich die Frage, ob es nicht vielleicht sinnvoller gewesen wäre, wenn der Steuerbescheid "verlustig" gewesen wäre.


Der Zug dürfte abgefahren sein. Angesichts der Kurzinfo zum Mandanten auch nicht weiter verwunderlich. Wer derart fahrlässig mit seinen Pflichten umgeht, den trifft einfach irgendwann die Strafe.


RE: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Eisvogel - 06.09.2010 13:39

Clematis schrieb:Nein, wurde nicht-den haben wir ja auch erst Anfang August gesehen!
mich machte nur etwas stutzig, dass die Finanzverwaltung den ersten Bescheid von sich aus geändert hat. Ist ja sonst eher nicht der Fall, dass noch mal jemand in dem kurzen Zeitrahmen die Bescheide überprüft. Hat vielleicht der Mandant dagegen Einspruch eingelegt?
Außer Prüfung der Adressierung und Bekanntgabe (Vollmacht) fällt mir da jetzt auch nichts mehr ein