Steuerberater

Normale Version: §17 EStG und Verjährung
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Mal wieder ein Fall aus der Praxis, bei dem die Mandanten alles mögliche machen und der (weit entfernte) StB entweder "schwach" ist oder einfach keine rechte Lust auf das Mandat hat.

Es werden 2015 GmbH-Anteile zu einem Kaufpreis von 20.000 € über dem Nominalwert (= Anschaffungskosten) verkauft. Tatsächlich gezahlt wird jedoch nur der Nominalwert. StB erklärt daraufhin keine Einkünfte im Sinne §17 EStG.

Im Rahmen der Bp wird einvernehmlich festgestellt, dass ein Gewinn von 20.000 € zu versteuern ist. ABER ...

Der restliche Kaufpreis wurde bis heute weder gezahlt, noch eingefordert, aber auch nicht gestundet! Der Anspruch auf den Restkaufpreis ist grundsätzlich verjährt. Käufer unf Verkäufer sind beide weiterhin zu je 50% an der GmbH beteiligt, jedoch mittlerweile ziemlich zerstritten.

Was passiert jetzt in der Zukunft, wenn ...
1. ...der Verkäufer weiterhin still hält?

Meines Erachtens nach bleibt es dann weiterhin bei der Versteuerung des Gewinns.

2. ... der Verkäufer die Restzahlung einfordert und der Käufer die Einrede der Verjährung geltend macht?

Meines Erachtens nach liegt hier keine Kaufpreisminderung durch Uneinbringlichkeit im Sinne des Urteils des Großen Senates vom 19.07.1993, AZ.: GrS 2/92, vor, denn hier handelte es sich um durch Konkurs ausgefallene Kaufpreisraten. Auch hier bliebe es bei einer Versteuerung des Gewinns. Daher kommt man hier nicht wie der BFH zu einem rückwirkendem Ereignis im Sinne §175 AO.

3. ... der Verkäufer rechtswirksam auf die Restzahlung verzichtet.

Das wäre meiner Meinung nach dann eine Novation und es würde ebenfalls nicht zu einer Änderung des Gewinns 2015 kommen.

4. ... Verkäufer und Käufer einen "neuen" notariellen Kaufvertrag aufsetzen lassen.

Hier hätten wir dann tatsächlich eine ex tunc Lösung, die den Gewinn 2015 noch kippen könnte.

Liege ich grundsätzlich richtig oder habe ich irgendwo einen Denkfehler?

taxpert
Wenn feststeht, dass der Verkäufer die Zahlung des Kaufpreises eingefordert hat und dieses trotz mehrerer Versuche vergeblich war liegt meines Erachtens eindeutig ein rückwirkendes Ereignis vor, so dass der alte Einkommensteuerbescheid geändert werden kann.

Sollte das Geld dann wider Erwarten doch noch irgendwann fließen liegt wiederum ein rückwirkendes Ereignis vor, der EStB 2015 wäre dann wieder zu ändern.

So haben wir das jedenfalls gehandhabt.
Also ich würde sagen, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Forderung verjährt ist UND zugleich die Vertragsparteien zerstritten sind, der Gläubiger von einer Wertlosigkeit der Forderung ausgehen konnte. Zu diesem Zeitpunkt würde man eigentlich einem Antrag auf 175er Änderung des Alt-Bescheids nicht ablehnen können.

Erst wenn danach andere Sachverhalte dazu treten, würde man wohl überlegen müssen, ob rückwirkend wieder was passiert oder nicht.
Ich denke auch, dass man hier nicht die GOB anwenden kann, bei § 17 bewegen wir uns nur im PV.

Bei Liquidation einer KapGes heißt es so schön, der Verlust ist dann entstanden, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Verlust der Höhe nach auf Gesellschafterebene feststeht.
Genau.
(02.09.2020 08:50)Petz schrieb: [ -> ]bei § 17 bewegen wir uns nur im PV.
Jein, denn wenn die Forderung PV wäre, läge ein Verlust auf der privaten Ebene vor, der steuerlich nicht relevant wäre. Dagegen spricht auch, dass bei §17 EStG die Gewinnrealisation nicht dem Zuflussprinzip des §11 EStG folgt (wie z.B. bei §23 EStG), sondern nach BVV sofort auf Grund des vereinbarten Kaufpreises erfolgt.

Grundsätzlich kommt es auf Grund des Urteils des Großen Senates sicherlich zu einer rückwirkenden Änderung des Gewinns. Ich sehe hier aber ehrlich gesagt nicht ein, dass nur weil der Berater das mit dem Zerwürfnis so sagt, ich im vorauseilendem Gehorsam den Gewinn nicht feststellen lasse. Letztendlich spielt es ja auch für die Erfassung im Rahmen der Sonderbilanzen beim Besitzunternehmen (siehe anderen thread) beim Erwerber eine Rolle.

Vielleicht spielt es aber auch gar keine Rolle mehr, denn wir haben festgestellt, dass wahrscheinlich "unsauber" gearbeitet wurde und bereits vor dem Verkauf für eine kurze Zeit eine Betriebsaufspaltung vorlag, so dass es sich um BV handelt und wir nicht im 17er sondern im 15er sind.

taxpert
Das ist ein grober Denkfehler.

Genau darum geht es bei § 17, dass Gewinne/Verluste auf der privaten Ebene berücksichtigungsfähig sind.

R 17 (1) EStR

§ 17 (2a) EStG, noch ziemlich neu

Nicht abzugsfähige Verluste auf der privaten Vermögensebene hast du z.B. bei § 20, trotz anderslautende BFH-Urteile.
Ich glaube, jetzt haben wir aneinander vorbei geredet!

Natürlich geht es hier um WG des PV die per Gesetz zu gewerblichen Einkünften werden! Bis zur Entscheidung des Großen Senats (zwar zum §16 EStG, aber wohl auf §17 EStG übertragbar) war aber die Auffassung des BFH, das eben diese gewerbliche Tätigkeit mit dem Verkauf abgeschlossen ist und der Kaufpreis, egal ob durch Zahlung oder Forderung, in das PV übergegangen ist. Ein Kaufpreisausfall fand daher bis dahin auf der steuerlich nicht relevanten privaten Vermögenssphäre statt.

Für mich stellt sich ja auch gar nicht die Frage, ob der Ausfall wegen Verjährung zu einer Änderung des 2015er-Gewinns führt (insoweit nehme ich von meiner Nr.2 im Eingangs-thread Abstand!), sondern nur wann der Eintritt des Ereignisses erfolgt. Und da bin ich nun einmal Schwein, solange vom StB nichts kommt, bleibt es bei der Versteuerung.

taxpert
Kein Missverständnis.

§ 16 ist nicht auf § 17 übertragbar.

Das eine ist BV, das andere ist PV.
BFH-Urteil vom 04.02.2020 – IX R 7/18 ist euch bekannt?

Zitat:... Verändert sich der Wert der Gegenleistung nach vollständiger Erfüllung der Gegenleistungspflicht, beeinflusst dies die Höhe des Veräußerungspreises grundsätzlich nicht mehr. Anders ist dies nur, wenn der Rechtsgrund für die spätere Änderung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt war. ...


Dementsprechend kann ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung u.a. anzunehmen sein, wenn die nachträgliche Veränderung des zunächst geschuldeten Kaufpreises auf einem dem Veräußerungsvorgang selbst anhaftenden Mangel, wie z.B. einer Leistungsstörung, beruht ...

Ist die nach Erfüllung des Erwerbsgeschäfts geleistete Zahlung jedoch Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt diese nicht auf den Veräußerungszeitpunkt zurück ...

Die Frage ist halt, fällt die Kaufpreisforderung aus oder wurde aus der Kaufpreisforderung zuvor eine echte Darlehensforderung, die dann ausgefallen ist?
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