Steuerberater

Normale Version: negative Feststellungsklage möglich
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Hallo Zusammen,

nach längerer Abwesenheit mal wieder eine Frage von mir:

Mandant war im Insolvenzverfahren und hat 2010 rechtskräftig die Restschuldbefreiung erteilt bekommen. Nun kommt das Finanzamt für das Jahr 2002 mit einer Steuerforderung über ca. 200 T¤ um die Ecke, wg. Nichtabgabe der Steuererklärungen soll es sich um Hinterziehung handeln, strafrechtlich aber verjährt.

Ich verweise auf die erteilte Restschuldbefreiung. Das FA ist aber der Meinung, der Mandant müsse zahlen, weil a) die Forderungen nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen hätten und b) es sich ja schließlich um hinterzogene Steuern handeln würde.

Vollstreckungsmaßnahmen wurden noch nicht durchgeführt, die Bescheide sind noch recht frisch.

Kann ich schon jetzt beim FG eine Feststellungsklage einreichen, mit dem Antrag, das FG möge feststellen, dass der Steueranspruch des FA wg. der Restschuldbefreiung nicht mehr durchsetzbar ist, oder muß ich abwarten, bis die wirklich vollstrecken und kann dann erst dagegen vorgehen?

Vielen Dank schonmal!
Ich sehe erst einmal die Notwendigkeit, gegen die Bescheide selbst vorzugehen, wenn sachliche Gründe vorliegen. Wenn diese Erstbescheide für 2002 sind, dürfte das FA wohl Recht haben. Ggf. neue Insolvenz beantragen...
phönix schrieb:Ich sehe erst einmal die Notwendigkeit, gegen die Bescheide selbst vorzugehen, wenn sachliche Gründe vorliegen.
Selbst wenn man sich die (in diesem Fall erhebliche) Mühe machen wollte: Wozu? Denn das
Zitat:...dürfte das FA wohl Recht haben.
ist schlicht unzutreffend. Mit Erteilung der Restschuldbefreiung ist für den Mandanten die Sache erledigt.
Ich halte das Verhalten des FA für falsch. M.E. hätten sie spätestens im Schlusstermin einen Antrag auf Versagung stellen müssen. Eine Sammlung zur ergangenen Rechtsprechung findest Du hier

insbesondere das Urteil des OLG Köln von 2001 könnte für deinen SV interessant sein.
Ich habe zur Restschuldbefreiung bisher es so verstanden, dass fehlende Steuererklärungen wie unvollständige Angaben gelten.
Habe aber jetzt OLG Köln gefunden: http://www.f-sb.de/inso/insorechtsprechu...sb0003.htm
Damit könntest Du Recht haben. Zumal die Nichtabgabe der Steuererklärung als mögliche Steuerhinterziehung keine unerlaubte Handlung nach 302 Inso ist (BFH Urteil vom 19.08.2008 - VII R 6/07)
tolledeu schrieb:Ich halte das Verhalten des FA für falsch.
Natürlich liegt das FA hier falsch. Da werden die auch noch draufkommen, spätestens in der Vollstreckung. Da sitzen i.d.R. Leute, die sich mit Insolvenzen auskennen.

Darum geht es mir aber gar nicht. Die Frage ist, ob ich im jetzigen Stadium schon den Weg zum FG beschreiten kann. Bei dem Streitwert drängt sich das förmlich auf...
phönix schrieb:Zumal die Nichtabgabe der Steuererklärung als mögliche Steuerhinterziehung keine unerlaubte Handlung nach 302 Inso ist (BFH Urteil vom 19.08.2008 - VII R 6/07)
Selbst wenn sie es wäre. Mit der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung ist die Sache gelaufen. Damit sind alle Insolvenzforderungen (und dazu gehören alle Steuerforderungen, die vor Insolvenzeröffnung begründet waren) - und nicht als solche aus unerlaubter Handlung festgestellt wurden - nicht mehr durchsetzbar.

Das Urteil des OLG Köln ist auch nicht mehr relevant, weil es hier um die Versagung der RSB nach § 290 InsO ging. Und ein derartiger Versagungsantrag kann nur im Schlusstermin gestellt werden. Wenn der Gläuiger den Versagungsgrund da noch gar nicht kennt, dann hat er Pech gehabt.

Aber wie gesagt, darum ging es mir hier gar nicht.
Ich nehme die Ausführungen mal so hin und erlaube mir dann auf § 44 Abs. 1 FGO hinzuweisen.

Es gibt einen VA, der mit einem RB angefochten werden könnte. Damit ist erstmal das Vorverfahren (Rb-Verfahren) durchführen und erst danach ist der Weg zum FG frei. Anders sieht es nur aus, wenn eine Sprungklage in Erwägung gezogen wird und das FA zustimmt.

Hinsichtlich der Bearbeitung würde ich nicht auf die VO vertrauen. Da es sich deiner Meinung nach um einen Steueranspruch handelt, welcher wegen Restschuldbefreiung nicht mehr durchgesetzt werden kann, dürfte wohl die Festsetzung betroffen sein. Damit ist die VO raus, denn die ist nur für Verfahren im Bereich Erhebung zuständig.

Anders sähe es aus, wenn man die Auffassung vertritt, das FA hätte noch festsetzen können, jedoch wäre die sich bei einer Festsetzung ergebende Steuernachforderung von der Restschuldbefreiung gedeckt.

Dann wäre zum einen die VO zuständig und zum anderen müsste dann erstmal ein Abrechnungsbescheid unter Hinweis auf die Restschuldbefreiung beantragt werden. Wenn dieser vorliegt, ist dagegen Einspruch einzulegen und das Rb-Verfahren durchzuführen. Erst danach steht der Gang zum FG offen.

Also müsste erstmal geklärt werden, ob eine Restschuldbefreiung die Möglichkeit einer Festsetzung als solche einschränkt oder ob die nur Auswirkungen auf den sich aus einer Festsetzung ergebenden Nachzahlungsbetrag hat.
Kiharu schrieb:Es gibt einen VA, der mit einem RB angefochten werden könnte. Damit ist erstmal das Vorverfahren (Rb-Verfahren) durchführen und erst danach ist der Weg zum FG frei.
Ja, aber hier geht es ja nicht darum, die festgesetzen Steuern der Höhe nach anzufechten. Unterstellen wir mal, die Festsetzungen gehen materiell-rechtlich in Ordnung und es ist auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Welchen Sinn hätte ein Einspruch gegen die Steuerfestsetzung?

Zitat:Anders sähe es aus, wenn man die Auffassung vertritt, das FA hätte noch festsetzen können, jedoch wäre die sich bei einer Festsetzung ergebende Steuernachforderung von der Restschuldbefreiung gedeckt
Genau so ist es. Unterstellt, das FA hat die Besteuerungsgrundlagen zutreffend ermittelt und es lag tatsächlich Hinterziehung vor, dann ist das FA auch nicht gehindert, die Steuern festzusetzen (ob das aus Gründen der Verfahrensökonomie sinnvoll ist, sei mal dahingestellt). Die Forderungen fallen durch die Restschuldbefreiung nicht weg, sie sind nur nicht mehr zwangsweise durchsetzbar, Stichwort "Naturalobligationen".

Zitat:zum anderen müsste dann erstmal ein Abrechnungsbescheid unter Hinweis auf die Restschuldbefreiung beantragt werden.
Vielen Dank, das ist ein interessanter Gedanke.

Edit: Auch der § 218 AO scheint mir hier nicht einschlägig zu sein. "Verwirklicht" sind die Steueransprüche ja. Nur nicht mehr durchsetzbar. Kann das FA sowas im Rahmen eines Abrechnungsbescheides feststellen?

Im Zivilrecht wehrt man sich gegen Vollstreckungsversuche nach Erteilung der RSB mit Hilfe der Vollstreckungsabwehrklage. Im Steuerrecht geht das nicht, da bleibt nur der Rechtsbehelf gegen Vollstreckungsmaßnahmen. Dann ist das Konto aber im Zweifel schon dicht oder das Gehalt gepfändet. Ggf. mit entsprechend fatalen Auswirkungen. Wenn ich es nicht soweit kommen lassen will, welche Möglichkeiten habe ich da? § 258 AO erscheint mir auch nicht einschlägig. Bliebe noch ein Antrag nach § 114 FGO, wenn die Vollstreckung dann tatsächlich droht. Oder halt eine Feststellungsklage...

Nochmal Edit: Kann es sein, dass dieses Forum manchmal spinnt? Also die Software, nicht die user...
Hallo,

Vollzug der steuerrechtlichen Forderung wird untergehen. Der Hinweis auf diverse Urteile und die Tatsache der bereits erteilten Restschuldbefreiung wurde ja gegeben.

Allerdings ist tatsächlich zu überlegen gegen die Bescheide vorzugehen, soweit es um die Steuerfestsetzung geht. Denn ungeachtet der steuerrechtlichen Seite muss der Steuerpflichtige mit einem Strafverfahren rechnen. Und da hängt das Strafmaß auch von der Höhe der hinterzogenen Steuern ab.

Und Nichtabgabe, vor allem fortgesetzte Nichtabgabe (Insolvenz hin oder her) erfüllt den Straftatbestand der Hinterziehung.
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