Steuerberater

Normale Version: Gewerbesteuer Zerlegung
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Ich grübel über die steuerliche Behandlung folgenden Sachverhaltes:

Ein FA eines Stadtstaates, welcher in Personalunion Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer festsetzt, hat einen Einspruch an uns abgegeben. Bei uns wird die Gewerbesteuer von den Gemeinden in eigener Machvollkommenheit festgesetzt, das FA ist nur für die Messbetragsfestsetzung zuständig.

Der Ef hat im Jahr 10 einen Antrag auf Änderung nach § 164 der Messbetragsfestsetzung und der Gewerbesteuerfestsetzung beim Stadtstaat gestellt. Der MB und die Gewerbesteuer sollten aufgehoben werden, da der Stadtstaat nicht hebeberechtigt sei. Vielmehr seien die Gemeinden P (bis Juli) und K (ab August) außerhalb des Stadtstaates hebeberechtigt.

Das FA des Stadtstadtes vertrat die Rechtsauffassung, dass sie selbst hebeberechtigt seien und lehnte den Änderungsantrag ab. Dagegen Einspruch euer Ehren. Der Stadtstaat erfasste lediglich 1 Einspruch (m.E. 2). Da sie davon ausgingen, dass im Jahr 10 der Sitz der Geschäftsleitung in die Gemeinde K verlegt wurden, wurde kurzerhand der Fall an unser Amt abgegeben, inclusive des offenen Einspruchsverfahrens.

Nun sitz ich hier mit einen Einspruch gegen die Ablehnung der Aufhebung des Gewerbesteuermessbetrages und einem Einspruch gegen die Ablehnung der Aufhebung der Gewerbesteuer als solche des Stadtstaates.

Rein rechtlich würde ich dem Ef Recht geben, denn im Jahr 05 befand sich wohl tatsächlich keine Betriebsstätte oder der Sitz der Geschäftsleitung im Stadtstaat. Damit wären die Gemeinden P und K für das Jahr hebeberechtigt.

Nun meine Probleme:
Es ist ja toll, dass der Stadtstaat den Einspruch gegen die Ablehnung der Aufhebung der Gewerbesteuer abgegeben hat, jedoch bin ich der Meinung, dies hätte gar nicht geschehen dürften, denn in meinem BL wird die Gewerbesteuer gerade nicht vom FA festgesetzt, ergo kann ich auch keine Einsprüche dagegen bearbeiten. Meiner Meinung nach, hätte der Stadtstaat diesen Einspruch behalten müssen und rein rechtlich die Gewerbesteuer aufheben müssen, da sie meiner Meinung nach tatsächlich nicht hebeberechtigt war für dieses Jahr.

Die Neufestsetzung der Gewerbesteuer durch die rechtlich richtige Gemeinde kann dann auch noch außerhalb der regulären Festsetzungsfrist (dürfte für Gewerbesteuer wohl am 31.12.09 abgelaufen sein) nach § 174 Abs. 4 AO erfolgen.

Soweit bin ich mir eigentlich sicher.

Nächstes Problem
Der Einspruch gegen die Ablehnung der Aufhebung des GewMB obliegt meiner Bearbeitung. Die Begründung des Ef ist ja, dass dieser Bescheid von einer örtlich unzuständigen Behörde (nämlich FA des Stadtstaates) erlassen wurde. Die Höhe des MB ist unstreitig. M.E. wäre der Einspruch im Hinblick auf § 127 unbegründet, da in der Messbetragsfestsetzung als solche keine hebeberechtigte Gemeinde/Stadt geregelt ist.

Ich würde daher den Einspruch gegen die Ablehnung der Aufhebung der Gewerbesteuer als solche an den Stadtstaat zurückgeben und dem Ef mitteilen, dass ich seinen Einspruch gegen die Aufhebung der MB-Festsetzung für erfolglos halte. Sofern der Staatstadt die Gewerbesteuerfestsetzung aufgehoben hat, würde ich die tatsächlich hebeberechtigten Gemeinden über die Höhe des MB informieren, damit diese innerhalb der Jahresfrist des § 174 Abs. 4 AO ihre Gewerbesteuer festsetzen können.

Nun kommt jedoch der Haken - es sind ja zwei Gemeinden, nämlich P und K. Der MB müsste eigentlich durch Zerlegungsbescheid aufgeteilt werden.

Ich bin jedoch der Meinung, die Frist für eine Zerlegung ist schon längst abgelaufen. Der ursprüngliche MB ist aus dem Jahr 06! Nach § 189 AO kann eine Zerlegung nur noch erfolgen, wenn diese innerhalb eines Jahres nach der Unanfechtbarkeit der MB-Festsetzung erfolgt oder beantragt wird. Dieses Jahr ist schon längst rum! Eine Änderung des MB-Bescheides erfolgt ja auch nicht im Hinblick auf § 127 AO, so dass ich daraus auch keinen Honig saugen kann.

Also was ist zu tun? Wenn der Stadtstaat seine Gewerbesteuer aufhebt, wer ist ohne Zerlegung dann die hebeberechtigte Gemeinde? Die letztgültige?

Wer kann mir aus dieser Nummer raus helfen?
Vielleicht bringt BFH vom 28.06.2000 - I R 84/98 was?
Versteh ich jetz nicht?

Da ich hier ja definitiv keine Änderung des GewSt-MB habe, scheidet m.E. der Erlass eines Zerlegungsbescheides an der Jahresfrist des § 189 AO.

Oder meinen Sie, ich sollte flugs den VdN des MB-Bescheides aufheben und damit die Jahresfrist erneut in Gang setzen?
Ich habe das Urteil nicht im Detail gelesen, es stand da nur was in der Schlagzeile dass auch ein Änderungsbesched nach 164 AO (auch die Aufhebung des VdN) die Jahresfrist neu auslöst.

Auf Anhieb habe ich allerdings Mühe das nachzuvollziehen. Denn wie ich das sehe, hat der Stpfl. eine Änderung nach § 164 AO beantragt ,mit dem Ziel, das Heberecht einer bzw. mehreren anderen Gemeinden zuzuweisen. Da ist er nur im falschen Verfahren, da das nicht zum Regelungsgehalt des GewMB gehört. Er könnte sich damit vielleicht gegen den GewSt-Bescheid wenden, was aber nicht Ihre Baustelle ist.

Ansonsten kann das Ganze ja nur als Antrag auf Zerlegung oder so aufgefasst werden. Und da will mir nicht ganz einleuchten, wieso nach einer Aufhebung des VdN eine neue Jahresfrist ausgelöst wird (Zerlegungsbescheid also möglich), wenn gar nichts passiert aber nicht.

Hier würde ich aber sagen, dass ja der VdN sowieso schon wegen Fristablauf entfallen sein müsste, oder nicht?

Anderer Gedanke:

Kommt man nicht einfach über eine andere Norm (§ 175 Folgebescheid oder der schon genannte § 174) noch rein? Oder ist da auch schon die Frist abgelaufen?

Soweit ich auf die Schnelle erkennen kommte (Zerlegung ist nicht mein Spezialgebiet) hebelt § 189 AO nicht anderweitige Änderungsnormen aus.
Zitat:Da ist er nur im falschen Verfahren, da das nicht zum Regelungsgehalt des GewMB gehört. Er könnte sich damit vielleicht gegen den GewSt-Bescheid wenden, was aber nicht Ihre Baustelle ist.

Das sehe ich genauso.

Zitat:Ansonsten kann das Ganze ja nur als Antrag auf Zerlegung oder so aufgefasst werden. Und da will mir nicht ganz einleuchten, wieso nach einer Aufhebung des VdN eine neue Jahresfrist ausgelöst wird (Zerlegungsbescheid also möglich), wenn gar nichts passiert aber nicht.

Dazu gibts Rechtsprechung und die Kommentarmeinung scheint da einhellig (siehe Ausführungen in dem von Ihnen zitieren Urteil). Also grundsätzlich käme ich mit der Aufhebung des VdN wieder in die Jahresfrist rein.

Zitat:Kommt man nicht einfach über eine andere Norm (§ 175 Folgebescheid oder der schon genannte § 174) noch rein?

Nein, der MB-Bescheid ist und bleibt so wie er ist (es sei denn, ich heb den VdN auf). Der § 174 AO bezieht sich nur auf die Möglichkeit der erstmaligen Gewerbesteuerfestsetzung durch die tatsächlich hebeberechtigten Gemeinden, wenn der Stadtstaat die Gewerbesteuer aufhebt. Zunächst hatte ich ja schon Befürchtungen, dass das auch nach hinten los geht. Frei nach dem Motto: Der Stadtstaat muss die Gewerbesteuer aufheben, da tatsächlich nicht hebeberechtigt und die andere/n Gemeinde/n gucken in die Röhre wegen Verjährung (für GewSt 05 tritt wohl mit Ablauf 09 Verjährung ein). Aber die Gemeinde/n kommen nach der Aufhebung vom Stadtstaat über § 174 Abs. 4 AO an die Möglichkeit der Festsetzung von Gewerbesteuer.

Nur mein MB bleibt so jungfräulich unberührt bei der ganzen Geschichte. Eine Verletzung der örtlichen Zuständigkeit führt nach § 127 AO nicht dazu, dass der Bescheid aufzuheben ist und eine Neufestsetzung durch die tatsächlich örtlich zuständige Behörde erfolgt.

Zitat:Soweit ich auf die Schnelle erkennen kommte (Zerlegung ist nicht mein Spezialgebiet) hebelt § 189 AO nicht anderweitige Änderungsnormen aus.

Ist auch nicht mein Spezialgebiet Wink

Dann muss ich jetzt nur noch überlegen, ob ich ein kleines Schweinchen bin und den VdN aufhebe, dann könnte ich noch zerlegen (P = 350 %, K = 310 %) oder ob ich kein kleines Schweinchen bin und von der Zerlegung wegen Ablaufs der Jahresfrist absehen und es damit fürs ganze Jahr bei 310% bleibt.
Ist denn eine Aufhebung des VdN überhaupt noch möglich, oder ist dieser schon mit Zeitablauf entfallen?
Natürlich ist eine Aufhebung des VdN noch möglich. Streitjahr 05, Abgabe Erklärung 06, Ablauf Festsetzungsfrist somit 31.12.10.

Habe mich aber nunmehr entschlossen, nicht so fies durch die Hintertür einzufallen um damit ein Zerlegungsverfahren einzuleiten. Irgendwas widerstrebt mir da und dem Ef wirds freuen.
Hallo,

@Kiharu
Frage: Ist denn der MB von der sachlich zuständigen Behörde (also hier Stadtstaat) erlassen oder wäre ein anderes Finanzamt zuständig gewesen? Das ist mir aus dem Sachverhalt noch nciht ganz klar geworden.


Ansonsten kann Ich die Argumentation nachvollziehen und hätte mich entsprechend entschieden.
Also ich kann kiharus Argumention nachvollziehen und würde auch so agieren.

Und das FA hätte den Einspruch den Gewerbesteuerbescheid nicht abgeben dürfen, das sehe ich auch so.
Vielen Dank für die Meinungen.

Sowohl MB-Bescheid als auch Gewerbesteuerbescheid wurden vom Stadtstaat erlassen. Nun stellt sich raus (ist zumindest meine Meinung), die waren örtlich nicht zuständig, da Sitz der Geschäftsleitung in meinem BL war und ist.

Für die laufenden Jahre hat der Stadtstaat alles an uns abgegeben, da sie wohl zumindest ab 10 davon ausgehen, dass der Sitz der Geschäftsleitung in unserem BL ist.

Bei der Aktenabgaben sind auch die Einsprüche dabei. Hinsichtlich MB-Festsetzung 05 ist das in Ordnung, da bei Aktenabgaben auch die offenen Einsprüche mit an das übernehmende FA abgegeben werden. Hinsichtlich Gewerbesteuer müsste in meinen Augen die Zuständigkeit jedoch beim Stadtstaat bleiben, zumal die ja Stein auf Bein schwören, für das Jahr 05 auch örtlich zuständig zu sein (dass ich das etwas anders sehe, tut hier nix zu Sache, da entscheidungsbefugt lediglich der Stadtstaat sein dürfte).

Meine Vorgehensweise ist nun wie folgt:
1. Einspruch wegen Gewerbesteuer geht pronto an den Stadtstaat, damit die darüber entscheiden (hab ich heut schon in die Post gegeben)
2. Berater anschreiben, dass Einspruch wg. Gewerbesteuer beim Stadtstaat in Bearbeitung bleibt und darauf hinweisen, dass sein Einspruch gegen den MB-Bescheid unbegründet sein dürfte, da im schlimmsten Fall zwar von einer unzuständigen Behörte (hier der Stadtstaat) erlassen, jedoch nach § 127 AO aus diesem Grund nicht aufzuheben. Und im Übrigen ist der Regelungsinhalt eines MB-Bescheides lediglich der Messbetrag und nicht die hebeberechtigte Gemeinde (wird nämlich im MB-Bescheid nicht genannt).
3.Wenn der Stadtstaat dann seine Gewerbesteuer aufhebt, werde ich Mitteilung an die nun bei uns zuständige Gemeinde K machen, damit die dann ihre Gewerbesteuer auf Basis des MB-Bescheides festsetzen können. Eine Zerlegung auf die Gemeinden P und K schenk ich mir, da die Jahresfrist für die Zerlegung abgelaufen ist und ich nicht so fies durch die Hintertür einfallen möchte (nur K ist günstiger für den Ef als P und K)

Ich denke, damit kann ich leben.
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