Steuerberater

Normale Version: Kostenerstattungsansprüche nach erfolgreicher Sprungklage
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Ich bins mal wieder mit einem Spezialthema, zu dem ich gerne mal andere Meinungen hören würde.

Ich habe einen Fall der wohl in die Klage gehen wird (Ehegatten, streitig sind aber nur Einkünfte der Ehefrau, getrennte VA ist (im niedrigen dreistelligen Bereich wegen höherer abziehbarer Vorsorgeaufwendungen) bei allen denbaren Varianten (also sowohl bei Erfolg wie bei Misserfolg) günstiger.

Vorheriger Bearbeiter hatte das entweder übersehen oder der Vorteil war ihm zu gering. Egal, wurde am Rande im Einspruchsverfahren auch mit eingebracht, d. h. neben dem eigentlich streitigen Punkt wurde getrennte Veranlagung begehrt.

FA beabsichtigt den Einspruch, was den Hauptpunkt angeht zurückzuweisen. Soweit ich sehe müsste aber verfahrensrechtlich erstmal der ZV-Bescheid aufgehoben und stattdessen neue Bescheide je Ehegatte erteilt werden.
Es dürfte doch wohl nicht möglich sein, dass in dem Fall der Bescheid der Ehefrau Gegenstand des Einspruchsverfahrens wird, da es ja zu einer Aufhebung des ZV-Bescheides kommt?

Dann müsste also aufs Neue gegen den Bescheid der Ehefrau vorgegangen werden. Soweit wäre ich mir, ohne dazu intensiv geforscht zu haben, ziemlich sicher.

Nun würde sich in dem Fall, da die Argumente schon ausgetauscht sind, in Abstimmung mit dem FA eine Sprungklage betreffend den Bescheid für die Ehefrau anbieten.

Meine Hauptfrage ist: Wegen möglicher Kostenerstattungsansprüche dürfte eine Sprungklage (wäre meine erste) doch suboptimal sein, da man der Erstattungsmöglichkeit der Kosten des Vorverfahrens verlustig gehen würde. Oder übersehe ich da was?

Die interne Abrechnung gegenüber dem Mandanten ist kein Problem, es geht nicht darum, insgesamt zusätzliche Gebühren für den Mandanten zu erzeugen, da das als Gesamtpaket gehandelt wird.
Zitat:Es dürfte doch wohl nicht möglich sein, dass in dem Fall der Bescheid der Ehefrau Gegenstand des Einspruchsverfahrens wird, da es ja zu einer Aufhebung des ZV-Bescheides kommt?

Doch, genau das wird passieren. Ich hab zwar derzeit keine Kommentare zu Hand aber ich bin mir da ziemlich sicher. M.E. dürfte man dazu in den einschlägigen Kommentaren was finden. Ich versuchs aber mal anhand der AO zu erläutern.

§ 365 Abs. 3 AO besagt klar und deutlich:
Zitat:Wird der angefochtene Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Beim Wechsel der Veranlagungsart wird die Zusammenveranlagung aufgehoben (in der Regel nach § 172 AO) und durch die getrennte Veranlagung ersetzt. Da Ihr Einspruchsbegehren sich ja nicht nur auf die Veranlagungsart bezieht, wird Ihrem Einspruchsbegehren durch den Wechsel der Veranlagungsart nicht vollumfänglich entsprochen. Um die Ef mit der Aufhebung der Zusammenveranlagung und Durchführung der getrennten Veranlagung nicht aus dem Einspruchsverfahren zu drängen, denn genaus das würde passieren, erfasst § 365 Abs. 3 AO auch die Fälle, in denen angefochtene Bescheide durch andere ersetzt werden.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die einschlägigen Kommentare dazu äussern. Vor Jahren wurde genau dieses Problem mal im Kollegenkreis aus gegebenen Anlass diskutiert. Soweit ich das noch in Erinnerung habe, fand sich die Lösung mit obigen Ergebnis jedoch sehr schnell.

Sofern ich mit meinen Ausführungen richtig liege, dürfte sich damit Ihr Kostenproblem erledigt haben und für eine Sprungklage kein Raum bestehen.
Besten Dank für die (erhoffte) Antwort. Das ist auch ein Punkt, bei dem ich nicht ganz sicher bin. Daher ist auch das mit ein Anlass für den Beitrag gewesen.

Ich habe jetzt auch mal in drei Kommentierungen zu § 365 AO (Schwarz, Tipke/Kruse und H/H/S geschaut. In keinem wird aber dieser Fall konkret genannt, wenn ich auf die Schnelle nichts übersehen habe.

Ich bin auch nach wie vor nicht sicher, dass es sich wirklich um einen Fall der Ersetzung handelt (aber auch nicht vom Gegenteil überzeugt). Immerhin handelt es sich ja um ein komplett neues Veranlagungsverfahren.

Praktisch werde ich ohnehin erstmal die RB-Sachbearbeiterin fragen, wie sie das sieht, bzw. auf welche Vorgehensweise man sich verständigen kann.
Also HHS und TK brauch ich dann nicht mehr bemühen, bliebe für mich noch der Klein.

Aber in meinen Augen ist das ein Paradebeispiel für eine Ersetzung. Gleicher Inhaltsadressaten, gleiche Besteuerungsgrundlagen nur anderer Tarif. Mir ist auch klar, dass es eine völlig neues Veranlagungsverfahren darstellt, welches es aber nicht geben würde, wenn der ZV-Bescheid noch Bestand hätte.

Wühl mich nun schon geraume Zeit durch die Rechtsprechung. Im Hinblick auf § 68 FGO (gleicher Gesetzestext) habe ich das hier gefunden:

Zitat:BFH 15.2.2006, XI B 78/05 (NV)

Geht zwar vordergründung um etwas anderes, aber:
Zitat:Da die getrennte Veranlagung betreffend Einkommensteuer 1997 und 1998 erst während des Beschwerdeverfahrens durchgeführt wurde und gemäß § 68 Satz 1 FGO n.F. zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist, konnte die Klägerin gegen diese weder Einspruch einlegen, noch konnten die Bescheide durch das FG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft werden. Auch die Rechtsbehelfsbelehrung zu den Änderungsbescheiden weist ausdrücklich darauf hin, ein Einspruch sei bei laufendem (zulässigem) Rechtsmittel ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 566 = SIS 05 16 06).

Wenn selbst der BFH bei Wechsel der Veranlagunsart im Rahmen einer NZB ein Fall des § 68 FGO sieht, muss dies auch für das Einspruchsverfahren geltend.
Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Übrigens habe ich zu den Kommentierungen zu § 68 FGO noch nicht nachgelesen. Vielleicht gibt es da was.
Ich werde am Montag mal im Büro schauen. Juris spuckt eventuell etwas mehr aus und dann will ich mal sehen, was die "internen" Arbeitsanweisungen noch so hergeben.

Das Ergebnis steht für mich jedenfalls fest. Jetzt muss ich es nur noch "meyerfest" machen.
Kiharu schrieb:Das Ergebnis steht für mich jedenfalls fest. Jetzt muss ich es nur noch "meyerfest" machen.
Das ist natürlich nicht einfach. Ich könnte ja außerdem mal eine abweichende Rechtsauffassung vertreten ...

Die theoretische Lösung interessiert ich zwar, ich gehe aber erstmal als Praktiker ran und werde das mit der RB-SB vorab abstimmen. Schließlich könnte man die obige Lösung auch dadurch umgehen, dass man zunächst das alte Verfahren einvernehmlich durch getrennte Veranlagung beendet und dann einen neuen Einspruch gegen den neuen Bescheid der Ehefrau, der ja dann gleichzeitig Abhilfebescheid wäre, einlegt.

Würde mir etwas Zeitgewinn bringen und beim Amt wäre der neue Einspruch ein "Neufall". Es ist nämlich hierzulande im Moment Mode, dass die RB-SB bei Altfällen ständig Fortschritt dokumentieren müssen.

Ein neuer Einspruch nach Abhilfe kommt natürlich beim Amt wohl nur dann gut, wenn das von vornherein abgesprochen wird.
Zitat:Ich könnte ja außerdem mal eine abweichende Rechtsauffassung vertreten ...

Das können Sie natürlich. Aber bitte sehen Sie es mir dann nach, dass ich keine weitere Zeit in die Lösung des Problems stecke. Denn ich brauch Ihnen kein "Futter an die Hand geben", wenn Sie gar keinen Hunger haben bzw. sich längst für ein anderes "Menu" entschieden haben.

Zitat:Wegen möglicher Kostenerstattungsansprüche dürfte eine Sprungklage (wäre meine erste) doch suboptimal sein, da man der Erstattungsmöglichkeit der Kosten des Vorverfahrens verlustig gehen würde.

Das ist dann so.

Zitat:Würde mir etwas Zeitgewinn bringen und beim Amt wäre der neue Einspruch ein "Neufall".

Der dann in der Bearbeitung wieder hinten an steht, da die Bearbeitung nach FIFO erfolgt.
Kiharu schrieb:Das können Sie natürlich. Aber bitte sehen Sie es mir dann nach, dass ich keine weitere Zeit in die Lösung des Problems stecke. Denn ich brauch Ihnen kein "Futter an die Hand geben", wenn Sie gar keinen Hunger haben bzw. sich längst für ein anderes "Menu" entschieden haben.
Ich bin im Moment noch in der Vorbereitungsphase (muss einen Fall fortführen, der eigentlich nicht meiner ist) und mache mir gern im Vorfeld Gedanken über den formell richtigen Weg. Ob der dann ausgereizt wird, hängt natürlich davon ab, was das FA dazu meint.

Im vorliegenden Fall wäre eine Verzögerung kein großes Problem, da es ein Fall ist, wo durchaus auch mal jemand anders klagen könnte und dann kann man sich da vielleicht dranhängen. Wir sind eigentlich nicht so scharf drauf selbst zu klagen, aber das FA macht jetzt Druck, so dass wir wahrscheinlich nicht drum rum kommen.

Ich bedanke mich für Ihr Engegement, das ich sehr schätze.

Natürlich kann ich nicht erwarten, dass Sie, abgesehen von eigenem Interesse, Ihre Zeit zur Fortbildung anderer Teilnehmer des Forums verwenden. Insofern habe ich volles Verständnis, wenn Sie sich an dieser Stelle ausklinken.

(Das mit der anderen Rechtsauffassung sollte übrigens scherzhaft gemeint sein. Kam wohl nicht so ganz rüber).
War wohl etwas zart besaitet und hatte die Ironie Ihres Beitrages nicht erkannt.

Sei es drum Wink

Natürlich ist es sinnvoller, vorher mal beim FA anzufragen und nachzufragen, was die dazu meinen. Natürlich kann man auch den von Ihnen beschriebenen Weg gehen - kommt halt drauf an, was man will und wo die Prioritäten liegen. Da Sie eingangs von Sprungklage schrieben, klang es so, als ob Sie an einem schnellem Abschluss des Verfahrens beim FA interessiert sind. Wenn man sich mit dem FA handelseinig ist, dann ist es auch ok. Ihnen gehen ja keine Rechte verlustig bei dem von Ihnen angestrebten Vorgehen (mal abgesehen von Ihrer eigentlichen Fragen zur Kostenerstattung bei Sprungklage).

Habe heute Morgen auch nochmal den TK, den HHS und den Klein bemüht. Ihnen ist Recht zu geben, dass dieser Fall dort nicht aufgeführt wird. Jedoch entspricht nach meinem Verständnis die Aufhebung der Zusammenveranlagung wegen Wechsels zur getrennten Veranlagung einer Ersetzung im Sinne des § 365 Abs. 3 AO.

Ich glaube mein FG-Senat würde mich zur Schnecke machen, wenn ich Ef auf diese Art und Weise aus dem Verfahren drängen würde. Gerade im Hinblick darauf, dass § 365 Abs. 3 AO einen gewissen Schutz vor Rechtschutzbeschneidung durch das FA darstellt, muss man in solchen Fällen von einer Ersetzung im Sinne des § 365 Abs. 3 AO ausgehen.

Die Kommentierung zu § 68 FGO ist sehr Stpfl-freundlich. Soll heissen, der Regelungsinhalt des § 68 FGO ist möglichst weit auszulegen.

Gefunden hab ich nur eine alte Verfügung mit allgemeinen Ausführungen zu § 68 FGO

Zitat:Die Begriffe "Änderung" oder "Ersetzung" i.S.d. § 68 FGO sind weit auszulegen (BFH-Urteil vom 20.5.1994, BStBl II S. 836). Auch ein Aufhebungsbescheid ist als ein i.S.d. § 68 FGO geänderter Bescheid anzusehen (BFH-Urteil vom 24.5.1991, BStBl II 1992 S. 123). Die Änderung oder Ersetzung eines angefochtenen Verwaltungsakts während des gerichtlichen Verfahrens kommt z.B. gemäß §§ 129, 130, 131, 164, 165, 172, 173, 175 AO oder § 35 b GewStG in Betracht. Entscheidend ist, daß hinsichtlich des ursprünglichen und des neuen Verwaltungsaktes Identität der Beteiligten und des Besteuerungsgegens-tandes besteht. Der gegen den Kläger ergangene Zweitbescheid muß den Regelungsge-halt des gegen ihn erlassenen rechtshängigen Bescheides in sich aufgenommen und die Wirkung des angefochtenen Bescheides suspendiert haben (vgl. BFH-Beschluß vom 25.10.1972, GrS 1/72, BStBl II 1973 S. 231). § 68 FGO ist auch dann anwendbar, wenn die Änderung nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch gegen den ur-sprünglichen Bescheid, aber vor Klageerhebung erfolgt (BFH vom 16.9.1986, BStBl 1987 II S. 435).
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