Steuerberater

Normale Version: Unternehmensidentität
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Nehmen wir mal diesen Fall an:

Eine KG produziert in D mit eigener Betriebsstätte, vertreibt auch diese Artikel und häuft einen nicht unerheblichen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag über die Jahre an.
Nun wird das gesamte Anlagevermögen veräußert und die Betriebsstätte aufgegeben.

Das Produkt wird numehr in China hergestellt, zwar weiterhin auf dem bisherigen Produktnamen, aber eben von einer dort ansässigen Fremdfirma.

Der Vertrieb der Ware erfolgt weiterhin wie bisher über diese KG, nun werden Gewinne ebenfalls in nicht unerheblicher Höhe erzielt.

Man könnte nun darüber diskutieren, on überhaupt noch die erforderliche Unternehmensidentität gegeben ist, die der § 10a für den vortragsfähigen Verlust erfordert.

Meine Tendenz ist eher nicht, denn der Verlust ist offensichtlich aus der Zeit entstanden, wo wir einen Produktionsbetrieb und (?) einen Großhandel hatten, nun gibt es nur noch den Großhandel.

Hat jemand Ideen dazu ?
Ich glaube das Schlagwort, welches Du hier beschreibst ist "Outsoucing"

Mal ein Beispiel:

VW entwickelt in wolfsburg den neuen Golf 2011.

Produktion in D ist zu teuer also verlagert man die produktion nach Russland.

und zack sind alle Verluste weg???

Also wenn es soweit kommt würde ich bis ganz nach oben klagen ... wo will man denn die grenze ziehen???

liegt der Verlust an der zu teuren Produktion oder am zu niedrigen Verkaufspreis vorher ???

Was passiert, wenn man nur einen Teil ausgliedert... streng genommen müsste nach Deiner Argumentation ja schon bei der ausgliederung eines Teils der produktion die Unternehmensidentität verloren gehen, weil das unternehmen dann ja nicht mehr identisch ist ( und der Begriff ist eigentlich eindeutig)

Oder man muss ja nicht mal ins ausland outsourcen.. was passiert wenn man auf eine tochtergesellschaft outsourct oder was Deinem Beispiel noch näher liegt auf eine schwestergesellschaft???

Da würd ich mich massiv gegen zu wehr setzen... ich sehe hier bezüglich der unternehmensidentität keinerlei probleme.

lg, Jive
Petz schrieb:Nun wird das gesamte Anlagevermögen veräußert und die Betriebsstätte aufgegeben.
Das Produkt wird numehr in China hergestellt, zwar weiterhin auf dem bisherigen Produktnamen, aber eben von einer dort ansässigen Fremdfirma.
Der Vertrieb der Ware erfolgt weiterhin wie bisher über diese KG, nun werden Gewinne ebenfalls in nicht unerheblicher Höhe erzielt.

Warum nicht wie immer:

Blümich/v. Twickel, § 10a GewSt, Rn. 67 schrieb:Eine strukturelle Anpassung an veränderte wirtschaftl. Gegebenheiten steht der Annahme der Unternehmensidentität nicht entgegen, da ein Branchenwechsel oder eine Diversifikation wirtschaftl. geboten sein können, wenn ein Unternehmen längerfristig erhalten werden soll (vgl. BFH IV R 177/80 v. 12. 1. 83, BStBl II 83, 425, und Bethmann StuW 79, 339). Der Objektsteuercharakter der GewSt rechtfertigt es nicht, das Kriterium der Unternehmensidentität so zu verstehen, dass wirtschaftl. sinnvolle Anpassungsmaßnahmen zu einer Versagung des Verlustabzugs nach § 10a führen; seine Bedeutung liegt darin, eine Besteuerung des Gewerbebetriebs als solchen sicher zu stellen (zur Bedeutung des Objektsteuercharakters bei Ermittlung des Gewerbeertrags vgl. § 7 Rz. 20 ff.).
@Jive:

naja, das Beispiel mit dem Golf hinkt etwas.
In meinem Beispiel wurde die gesamte Produktion aufgegeben.
Es wurde, wie in deinem Beispiel, weder ein Teil der Produktion noch die ganze Produktion ins Ausland verlagert, sondern die gesamte eigene Produktion aufgegeben.
Es wird nur noch von einer Fremdfirma produziert.
Diese KG betreibt jetzt nur noch Handel, sonst nichts.

@showbee:

ok, mit dem von dir zitierten Kommentar gehe ich ja konform.
Dann stellt sich aber die Frage, wann die Unternehmensidentität überhaupt noch geprüft werden muss.
Oder anders formuliert:
Wann wäre sie denn z.B. nicht mehr gegeben?
Petz schrieb:Dann stellt sich aber die Frage, wann die Unternehmensidentität überhaupt noch geprüft werden muss.
Oder anders formuliert:
Wann wäre sie denn z.B. nicht mehr gegeben?

eigentlich die klassischen Fälle:
vorher: Solarium
nachher: Gemüsegroßhandel

oder

vorher: Sägewerk
nachher: Marktforschung

für mich also die Fälle eines eindeutigen echten Branchenwechsels, nicht jedoch die Fälle in denen innerhalb der recht weit zufassenden Branche (siehe hier ) andere Tätigkeiten übernommen werden.

Der Begriff Branchenwechsel dürfte hier unterschiedlich besetzt sein. Wenn Blümich/ BFH von Branchenwechsel spricht, dann wohl eher von Tätigkeit in benachbarten Unterbranchen nach der Klassifizierung, jedenfalls kann ich mir das so vorstellen.
Hallo,

Es kommt nicht alleine darauf an ob die Tätigkeit identisch ist, sondern auf das Gesamtbild des Unternehmens.
Und hier spielen eben auch Merkmale eine Rolle, die sich nicht allein auf den Tätigkeitsbereich erstrecken.

- Art der Betätigung
- Kunden- und Lieferantenkreis
- Arbeitnehmerschaft
- Geschäftsleitung
- Betriebsstätten
- Umfang und Zusammensetzung Aktivposten der Bilanz


Besteht dann immer noch ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen, liegt immer noch ein identisches Unternehmen vor.


Die Richtlinien selbst zitieren ein BFH-Urteil unter dem Hinweis der Unschädlichkeit der Auslagerung aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gesichtspunkten.

Und hier lagen zwar zwei wirtschaftliche Betätigungsfelder vor, jedoch in direktem Zusammenhang. Lediglich ein Tätigkeitsfeld wurde hier, aus wirtschaftlichen Gründen, steuerlich zulässig und -nach meiner Meinung- unschädlich ausgelagert.
Der eigentliche Kern des Unternehmens, der Vertrieb und alle betrieblichen wie absatztechnischen Strukturen, sind erhalten geblieben.


Der BFH hat sogar die Unternehmensidentität bei folgendem Konstrukt bejaht:

Verkauf des Betriebsgrundstückes an Fremd und Anpachtung. Gleichzeitige Veräußerung des Aktivvermögens an eine Schwestergesellschaft, die die Produktion weiterführt während die veräußernde Gesellschaft abgewickelt wird.

Hier haben wir nicht mal mehr das gleiche Steuersubjekt.
Art der Betätigung : Statt Produktion nur noch Handel
Kunden- und Lieferantenkreis: Kundenkreis ist gleich geblieben, der Lieferantenkreis natürlich nicht
Arbeitnehmerschaft: statt 2 Mio Gehälter nur noch 147.000
Geschäftsleitung: gleich geblieben
Betriebsstätten: jetzt keine mehr
Aktivposten der Bilanz: nur noch 3 Posten: Forderungen aus LuL, Bank, ein wenig Anlagevermögen (Büroausstattung)
vorher: zusätzlich Sachanlagen ca 1 Mio, Umlaufvermögen ca 2 Mio

Nun gut, der Fall muss sowieso zu meiner Chefin, ich werde berichten....
Oder, um das Beispiel mit VW aufzugreifen:

VW produziert selber gar nicht mehr, lässt alles von einer chinesischen Firma herstellen und betätigt sich nur noch als Autohändler, wenn auch weiterhin unter den Namen VW.
Hallo,

das erinnert mich doch ganz stark an meine alten Liebhabereistreitigkeiten.

Hat hier die Firma nicht genau das getan, was man von ihr im Falle dauernder Verluste erwartet? Nämlich alles so umgekrempelt, dass nun Gewinne verzeichnet werden.
Das Produkt ist das gleiche, der Vertrieb auch identisch.
Und die Firma will die Gewinne auch noch in D versteuern.
Ich finde, da sollte man nicht kleinlich sein.

Gruß

tosch
Ach menno, lasst mich doch bei 4 Mio GewSt-Verlustvortrag doch mal ein wenig kleinlich sein... Big Grin

Aber im Ernst: Prüfungswürdig ist das schon, einfach so drüber wegsehen geht nicht.
Soll ja auch nicht heißen, dass es nicht anerkannt wird, ich versuche ja mit Absicht hier den "Bösen" zu spielen um ein Meinungsbild über die rechtliche Würdigung zu bekommen.
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