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Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
13.02.2019, 11:43
Beitrag: #1
Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
Eine vermögensverwaltende KG bewirtschaftet seit Jahrzehnten ein Sondereigentum, dass Bestandteil einer WEG ist. Wegen wirtschaftlichen und technischen Problemen im Zusammenhang mit dieser Sondereigentumseinheit hat

1. die Gesellschaft in der Handelsbilanz eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten (mögliche Zahlungsverpflichtung an die WEG in Höhe von 500.000,00 € - aktuelle Wahrscheinlichkeit der Inanpruchnahme geschätzt zwischen 20 und 30%) gebildet.

2. der Gesellschafter A (natürliche Person) der Gesellschaft ein unverzinsliches Gesellschafterdarlehen von € 1.000.000 gewährt, für das er unbefristet den Rangrücktritt gewährte.

Gesellschafter A ist seit 30 Jahren Kommanditist der KG und hat in den vergangenen zehn Jahren Anteile anderer Gesellschafter an der Personengesellschaft erworben. Insoweit liegt für ihn ein Anschaffungsgeschäft für die Anteile und somit für das anteilige Vermögen der Personengesellschaft vor. Nunmehr verkauft Gesellschafter A seinen kompletten Anteil an der KG. Es stellt sich die Frage, wie für den Gesellschafter A der zu ermittelnde private Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Anteils zu ermitteln ist.

Vom Erwerber übernommene Verbindlichkeiten der Personengesellschaft gehören nach der Rechtsprechung unbestritten zum Veräußerungspreis, weil der Veräußerer insoweit von der wirtschaftlichen Belastung befreit wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit bei der Ermittlung des auf den Gesellschafter A entfallenden Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften die Befreiung von der Rückstellung mit relativ geringe Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme und die Befreiung von der rangrücktrittsbehafteten (also aktuell kaum zu bedienenden) Verbindlichkeit als Kaufpreisbestandteil einzubeziehen ist.

Meines Erachtens müsste dies so erfolgen, dass die geringe Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten genau wie der Rangrücktritt für das gewährte Darlehen Berücksichtigung bei der Betrachtung durch Nichteinbeziehung in die Gewinnermittlung (oder deutlichen Abschlag?) finden sollten. Eine definitive Aussage dazu habe ich freilich in der Literatur nicht gefunden. Wie sehen die Kollegen diese Frage?

schönen Tag noch

phönix
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13.02.2019, 23:18
Beitrag: #2
Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
Moment!? Der Veräußerungspreis erhöht sich bei der Übernahme von Schulden durch den Erwerber, soweit der Veräußerer hierdurch von einer Verbindlichkeit befreit wird. Aber bei einer KG? Da haftet doch der Veräußerer nicht, wenn er Kommanditist ist und seine Einlage erbracht hat. Der Erwerber übernimmt ja auch nichts, wenn die Übertragung des Anteils aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt als Kommanditist im Handelsregister erfolgt. Der neue übernimmt also nur, was den Gesellschafter betrifft, nicht aber die Gesamthand.
D.h. die Rückstellung in der Gesamthand tangiert doch weder Verkäufer noch Käufer. Bei der VuV KG hat man zudem auch kein BV, also auch keine steuerliche Rückstellung. Oder übersehe ich was?

Und das zurückgetretene Darlehen muss doch dann auch irrelevant sein, denn erheblich ist doch nur, was damit gemacht worden ist (vermutlich Aufwand oder nachträgliche AHK finanziert). Der Erwerber übernimmt die (wertlose?) Forderung nicht vom Veräußerer, oder?
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14.02.2019, 00:38
Beitrag: #3
RE: Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
Das wäre möglicherweise die Konsequenz, folgt man der Idee des Urteils des BFH v. 28.03.2007 - IX R 53/04 - also Loslösung vom handelsrechtlichen Begriff der Anschaffungskosten, ausschließliche Bezugnahme auf die mit der Kommanditisteneigenschaft verbundene Stellung. Unabhängig davon, dass ich so meine Zweifel an der von Berliner FA Kö 4 erfundenen und vom BFH bestätigten Sonderregelung habe: Ich habe noch nicht erlebt, dass die Finanzverwaltung dieses Urteil auch in 23er Fällen anwenden möchte - da wird fleißig die Befreiung von anteiligen Gesellschaftsschulden in den Veräußerungspreis mit eingerechnet. Üblicherweise nach dem Muster:
+Barkaufpreis des Anteils
+ anteilige Befreiung von Gesellschaftsverbindlichkeiten
– anteilige Anschaffungskosten
+ in Anspruch genommene anteilige Abschreibungen
= 23er Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften
Kennst Du ein Urteil, dass diese Berechnungsmethode verwirft?
Welche Berechnungsmethode würdest Du anwenden?

schönen Tag noch

phönix
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12.03.2019, 21:47
Beitrag: #4
Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
Nachtrag: Das FG Rhld Pf hat sich mit dem Gesellschafterwechsel in einer VuV GbR beschäftigt. Ggf bringt die Lektüre der Entscheidung weitere Erkenntnisse?

Urteil v 19.11.2018 - 3 K 1280/18, Rev BFH IX R 31/18 anh.
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[-] Die folgenden 1 Benutzer sagten Danke zu showbee für diesen Beitrag:
phönix (12-03-2019)
12.03.2019, 23:23
Beitrag: #5
RE: Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
sehr interessant. Danke!

schönen Tag noch

phönix
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13.03.2019, 22:04
Beitrag: #6
Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
Umso länger ich über das Urteil nachdenke, umso falscher halte ich es. Der Versuch die Verhältnisse einer Mitunternehmerschaft auf eine VuV GbR zu übertragen sind arg gekünstelt und ohne jede Anbindung im Normtext.
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13.03.2019, 23:45 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 14.03.2019 15:47 von phönix.)
Beitrag: #7
RE: Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften
ich habe heute in ner relativ freien Minute damit angefangen, das durchzuarbeiten, bin aber nicht in alle Details eingestiegen.
Direktlink: http://www.landesrecht.rlp.de/jportal/po...doc.part=L
Bisher meine Meinung: Das kann man - als eine der möglichen Varianten - so vertreten. Interessant z.B. die Aufstellung der Literaturquellen zur Afa-Berechnung Rz 65 oder auch der für mich überraschende Schwenk zu der alten Theorie nach § 39 AO in Rz. 66 mit Verweis auf abweichende Behandlung bei Mitunternehmerschaften nach GrS 7/89. Endgültige Lösung bringt nur gefestigte BFH-Rechtsprechung, und die sehe ich auch nach der zukünftigen Entscheidung des IX. Senats nicht sicher. Wenn man auf Seiten des BFH gewollt hätte, hier Klarheit zu schaffen, hätte man das in den vergangenen 40 Jahren bestimmt mehrfach machen können.

Schaun wir mal, ob sie wieder eine Möglichkeit finden, sich eindeutiger Stellungnahme zu entziehen: "braucht hier nicht entschieden zu werden". Die sehr unterschiedlichen Theorien zum Anschaffungskostenbegriff auf Gesellschafterebene bei Personengesellschaften seit den 1960er Jahren sind einfach zu schöne Theorie-Spielzeuge - wer will den Kindern das wegnehmen?

schönen Tag noch

phönix
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