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Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
14.11.2012, 22:11
Beitrag: #1
Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
Ehepaar gibt Einkommensteuererklärung für 2011 ab.
Nur die Ehefrau hat wesentliche Einkünfte, der Ehemann kommt über das Jahr auf 6000 Euro. Bei einer Einzelveranlagung entfiele die gesamte Einkommensteuer-Zahllast auf die Ehefrau.

Aus der Zusammenveranlagung ergibt sich eine Erstattung von 300 Euro.
Das Finanzamt zahlt nicht aus sondern verrechnet mit einer Gewerbesteuerschuld des Ehemannes aus 1996. Der Fall spielt in Berlin, da die Finanzverwaltung direkt die Gewerbesteuer festsetzt und einzieht.

Wie mir die Mandantschaft in der Zwischenzeit geteilt hat, hat der Ehemann aus Anfang der neunziger Jahre noch aus einer gescheiterten Selbstständigkeit Steuerschulden in einigen Größenordnungen.

Das Finanzamt hat den Antrag auf Erlass eines Aufteilungsbescheides nach dem allgemeinen Aufteilungsmaßstab abgelehnt, da Voraussetzung für das Aufteilungsverfahren sei, dass Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesamtschuldner anhängig sind. Da jedoch Vollstreckungsmaßnahmen wegen der Einkommensteuer 2011 nicht anhängig seien, komme eine Vollstreckungsbeschränkung nicht infrage.

Frage ist für mich, ob
- das Finanzamt berechtigt ist, die gemeinsame Erstattung der Einkommensteuer 2011 mit der Gewerbesteuer 1996 des Ehemannes vorzunehmen
- es Möglichkeiten gibt, noch eine Einkommensteuererstattung zu erhalten.

Im übrigen hab ich den Mandanten empfohlen, über andere Schritte, sprich Insolvenz des EM nachzudenken...

vielen Dank für euer Mitdenken

schönen Tag noch

phönix
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15.11.2012, 10:13 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.11.2012 10:20 von Kiharu.)
Beitrag: #2
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
Empfehlung:
Abrechnungsbescheid für die erfolgte (rechtwidrige) Aufrechnung der Gewerbesteuerschulden mit dem Einkommensteuerguthaben beantragen. Darin gleich darauf hinweisen, dass Aufrechnung nur insoweit möglich ist, wie der Ehemann hinsichtlich der Einkommensteuer erstattungsberechtigt ist.

Wie hoch der Anteil ist, läßt sich aus deinen Angaben jedoch nicht herleiten. Die Grundsätze der Aufteilung bei Aufteilungsbescheiden gelten im Rahmen von Erstattungen jedenfalls nicht. Daher wäre noch zu klären, woraus die Erstattungen resultieren? Lohnsteuerabzugsbeträge? Vorauszahlungen?


Zitat: 2. Erstattungsberechtigung bei zusammenveranlagten Ehegatten
18 Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten führt auch die Regelung des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG nicht zu einer Gesamtgläubigerschaft der Ehegatten im Erstattungsfall. Soweit dem Finanzamt bekannt ist, dass ein Ehegatte nicht (mehr) mit der Auszahlung des gesamten Erstattungsbetrags an den anderen Ehegatten einverstanden ist, darf es nicht mehr an den anderen Ehegatten auszahlen.Das ist z.B. dann der Fall, wenn die Eheleute inzwischen geschieden sind oder getrennt leben oder wenn dem Finanzamt aus sonstigen Umständen bekannt ist, dass ein Ehegatte die Erstattung an den anderen nicht billigt.
19 § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG ist darüber hinaus nicht anwendbar, wenn das Finanzamt mit Abgabenrückständen eines der beiden Ehegatten (z.B. Umsatzsteuer des unternehmerisch tätigen Ehegatten) aufrechnen will;
der Erstattungsanspruch nur eines der beiden Ehegatten abgetreten, gepfändet oder verpfändet worden ist.
In solchen Fällen muss die materielle Anspruchsberechtigung aufgrund des Gesetzes (§ 37 Abs. 2 AO) selbst dann geprüft werden, wenn die Eheleute übereinstimmend davon ausgehen, dass der steuerliche Erstattungsanspruch ihnen gemeinsam zusteht.
20 Erstattungsberechtigt ist danach derjenige Ehegatte, auf dessen Rechnung die Zahlung (z.B. die Einkommensteuer-Vorauszahlung oder Einkommensteuer-Abschlusszahlung) bewirkt worden ist. Es kommt dabei nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln (von wessen Konto) gezahlt worden ist, sondern allein darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte.
21 Hat der zahlende Ehegatte im Zeitpunkt der Zahlung kenntlich gemacht, dass er nur seine eigene Steuerschuld tilgen will, so ist er im Falle der Erstattung allein erstattungsberechtigt. Eine spätere Interpretation durch den zahlenden Ehegatten kann keine Berücksichtigung finden.30
22 Häufig ist bei zusammenveranlagten Ehegatten die Willensrichtung des zahlenden Ehegatten im Zeitpunkt der Zahlung jedoch nicht erkennbar. In solchen Fällen ist bei im Zeitpunkt der Zahlung bestehender und intakter Ehe davon auszugehen, dass die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden ist. Damit sind beide Ehegatten erstattungsberechtigt. Der Erstattungsbetrag ist zwischen ihnen nach Köpfen aufzuteilen.
23 Erfolgt dagegen die Zahlung durch einen Ehegatten erst nach - dem Finanzamt bekannter - Scheidung oder Trennung, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Zahlende nur auf eigene Rechnung leisten will. Im Falle einer Erstattung ist dann er allein erstattungsberechtigt.
24 Führt die Zusammenveranlagung zur Erstattung einbehaltener Lohnsteuer, so ist derjenige Ehegatte erstattungsberechtigt, von dessen Arbeitslohn die Lohnsteuer einbehalten wurde, denn diese Steuer ist für seine Rechnung an das Finanzamt abgeführt worden. Haben beide Ehegatten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, von denen Lohnsteuer einbehalten wurde, so ist die Aufteilung des Erstattungsanspruchs im Verhältnis des jeweiligen Lohnabzugs des Ehegatten zum Gesamtabzug durchzuführen. Dabei sind die einzelnen Steuerabzugsbeträge getrennt zu betrachten, so dass jeweils die Lohnsteuern, die Kirchensteuern und die Solidaritätszuschläge, die für die Ehegatten einbehalten wurden, einzeln zueinander ins Verhältnis zu setzen sind.
24.1 An diesen Grundsätzen hält der BFH auch in seiner Entscheidung vom 22.03.2011 - VII R 42/10 - BStBl II 2011, 607, fest. Allerdings entwickelt er sie für Fälle einer auf gemeinsame Vorauszahlungen folgenden getrennten Veranlagung wie folgt fort: Vorauszahlungen eines Ehegatten aufgrund eines an beide Ehegatten gerichteten Vorauszahlungsbescheides dienen letztlich der Tilgung der zu erwartenden Steuerschulden beider Ehegatten, unabhängig davon, ob die Eheleute später zusammen oder getrennt veranlagt werden. Sie sind deshalb zunächst auf die festgesetzten Steuern beider Ehegatten anzurechnen. (Nur) ein verbleibender Rest ist nach Kopfteilen an die Ehegatten auszukehren.

24.2 Vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben v. 30.01.2012 - IV A 3-S 0160/11/10001, 2012/0081623 - juris - mit umfangreichen Beispielen.

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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15.11.2012, 10:39
Beitrag: #3
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
Welches FA macht das? Sicherlich wieder mal Treptow/Köpenick.

Das Steuerrecht kennt zwar einen Gesamtschuldner, aber keinen Gesamtgläubiger. Das FA kann nur befreiend an den Gläubiger auszahlen. Deshalb greift bei Erstattungsfällen die Aufteilung nicht.

Eine Aufrechnungslage liegt daher nur insoweit vor, wie Erstattungsbeträge dem Mann zuzurechnen sind (evtl. Lohnsteuer, KapSt des Mannes). Soweit es die Erstattungsbeträge betrifft, die der Frau zuzurechnen sind, scheitert die Aufrechnungslage bereits an der Personenidentität.

Die Begründung des Finanzamts "da Voraussetzung für das Aufteilungsverfahren sei, dass Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesamtschuldner anhängig sind", ist zwar falsch (es genügt das Leistungsgebot, § 269 AO), aber das kann dahinstehen, da es kein Leistungsgebot gibt.

Der Empfehlung Kiharus folge ich, überlege allerdings, ob es nicht möglich ist, das Finanzamt irgendwie zur Auszahlung des Guthabens zu verdonnern, ohne die Verrechnung aufzugeben. Aber das verfolge mal gar nicht erst weiter.

®
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15.11.2012, 12:23 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 15.11.2012 12:23 von phönix.)
Beitrag: #4
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
Vielen Dank, da hatte ich zwar ein Bauchgefühl, aber wie so häufig keine stichhaltige Begründung. Jetzt wird das Ganze logisch!

@ecro: nicht Treptow/Köp. sondern Neukölln!

schönen Tag noch

phönix
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15.11.2012, 12:39
Beitrag: #5
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
(15.11.2012 12:23)phönix schrieb:  Vielen Dank, da hatte ich zwar ein Bauchgefühl, aber wie so häufig keine stichhaltige Begründung. Jetzt wird das Ganze logisch!

@ecro: nicht Treptow/Köp. sondern Neukölln!

Jaja - nicht immer auf den Osten rumtrampeln! Rolleyes

Ciao Dragon
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15.11.2012, 13:32
Beitrag: #6
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
(15.11.2012 12:23)phönix schrieb:  @ecro: nicht Treptow/Köp. sondern Neukölln!

Ahja. Neukölln macht hierzustadt die ganzen beschränkt Steuerpflichtigen mit. Offenbar sind ist die Steuerpflicht nicht das Einzige, was beschränkt ist.

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15.11.2012, 18:38
Beitrag: #7
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
(15.11.2012 10:39)ecro schrieb:  Der Empfehlung Kiharus folge ich, überlege allerdings, ob es nicht möglich ist, das Finanzamt irgendwie zur Auszahlung des Guthabens zu verdonnern, ohne die Verrechnung aufzugeben. Aber das verfolge mal gar nicht erst weiter.

Das wäre möglich, wenn nicht aufgerechnet, sondern an einen nicht Erstattungsberechtigten erstattet worden wäre. Dann wäre die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt und müsste durch einen Rückforderungsbescheid geltend gemacht werden.
Gleichzeitig müsste an den Berechtigten erstattet werden.

So wird aber einfach nur die Aufrechnung rückgängig gemacht und an den Erstattungsberechtigten erstattet. Die weitaus einfachere Variante.

Man muss nur lange genug am Fluss sitzen, um die Leichen seiner Feinde vorbei schwimmen zu sehen. (chinesisches Sprichwort)
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15.11.2012, 20:16
Beitrag: #8
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
(15.11.2012 18:38)Stadtkatze schrieb:  So wird aber einfach nur die Aufrechnung rückgängig gemacht und an den Erstattungsberechtigten erstattet. Die weitaus einfachere Variante.

Ja, ich ahnte schon, dass das so passieren würde. Ist ja auch völlig logisch.

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16.11.2012, 13:19 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 16.11.2012 13:20 von meyer.)
Beitrag: #9
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
Es müsste eigentlich ausreichen, dem FA mitzuteilen, dass die Ehefrau hinsichtlich des Ihr zustehenden Anteils an der Erstattung mit der Verrechnung nicht einverstanden ist und daher eine Auszahlung an diese zu erfolgen hat (hilfsweise würde ich die Erteilung eines Abrechnungsbescheides beantragen). Dann muss das FA von Amts wegen die Aufteilung vornehmen.

Problem könnte hier sein, dass die Erstattung vermutlich auf den Vorauszahlungen beruht und hier eine hälfte Zuordnung möglich wäre. Zur Sicherheit sollten künftige Zahlungen bei der Konstellation explizit nur für Rechnung der Ehefrau erfolgen.

Abgesehen davon: Wenn es noch so alte Verbindlichkeiten des Ehemannes gibt: Gab es da kein Insolvenzverfahren/Restschuldbefreiungsverfahren oder lebt der von seiner Frau und nach dem Prinzip, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann?

PS: Wäre der Thread nicht besser im nicht besser im internen Teil des Forums aufgehoben?
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16.11.2012, 13:56
Beitrag: #10
RE: Aufrechnung Guthaben mit Steuerschulden
Die Erstattung beruht ausschließlich auf Lohnsteuervorauszahlung der EF.

Und ja, es gab da kein Insolvenzverfahren/Restschuldbefreiungsverfahren und der Mann lebt der von seiner Frau und nach dem Prinzip, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann. Ansonsten hat er sehr geringe Einkünfte und viel zu tun mit ehrenamtlicher unbezahlter Arbeit für den Jugendsport.

Das Insoverfahren habe ich auch zwischenzeitlich empfohlen...

schönen Tag noch

phönix
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