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Scheinselbständigkeit
20.09.2007, 17:06 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.09.2007 17:09 von PiranhaVS.)
Beitrag: #1
Scheinselbständigkeit
Hallo,


Frau X arbeitet als Versicherungsvertreterin für VERSICHERUNGSGESELLSCHAFT ABC (Werbung gelöscht...) -Agentur.

Sie hat keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und auch nur einen Auftraggeber, nämlich diese Agentur.

Mein gedankliches Problem: Sie schliest mit vielen Kunden Versicherungen ab, kann diese aber nur diese eine Agentur abwickeln, hat also keine Chance einen weiteren Auftraggeber zu bekommen (5/6 Regelung).

Die Deutsche Rentenversicherung Bund sagt nun, dass es eine Scheinselbstäigkeit ist.

Ich denke mir eigentlich schon, dass die Recht haben, mich stört aber diese Angelegenheit mit dem einen Auftraggeber, den Sie nicht einfach beliebig in mehrere Auftraggeber "umwandeln" kann...

D.H. dann es wäre jeder Handelsvertreter in jedem Bereich, der nur fuer eine Firma tätig wird und keine SV-pflichtigen Arbeitnehmer hat, Scheinselbständiger mit Folge der RV-Pflicht ?!?!

Oder gibt es Ausnahmen ?!?!?!?!
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20.09.2007, 17:45
Beitrag: #2
RE: Scheinselbständigkeit
Hallo,

schau Dir mal den folgenden Link an:

Scheinselbständigkeit

Das ist zwar katalogisierend nicht mehr ganz auf dem laufenden (durch die Einführung der Ich-AG wurde das modifiziert) aber im Grundsatz gilt es noch.

Schon damals wurden die Handelsvertreter außen vorgelassen. Die müssen aber auch als solche ein Gewerbe nach § 84 HGB angemeldet haben.
Nicht ausgeschlossen waren und sind die Außendienstmitarbeiter.


Es ist im Grundsatz immer auf die Einzelumstände abzustellen. Je mehr Merkmale erfüllt sind, umso mehr spricht alles für eine unselbständige Tätigkeit.
Nur allein die wirtschaftliche Abhängigkeit von einer Agentur ist nicht alleine bestimmendes Merkmal für eine unselbständige Tätigkeit.
Soweit der "Agent" seine eigenen Kunden aquiriert, einen eigenen Bestand pflegt und nicht abgeben muss; solange er das wirtschaftliche Risiko (Storno, Steuern, Abgaben und Betriebsausgaben) tragen muss; solange er selbst am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt; solange er selbst Werbung betreiben darf; solange er entscheiden kann, welche Versicherung er aus dem Unternehmenspool vermitteln kann; solange ist er durchaus als selbständig zu betrachten.

Aber so wie ich die Strukturen kenne, hat die SV wohl recht. Ist schließlich nicht der erste Fall der denen unterkommt. Ende der 90er Jahre, als die Strukturvertriebe den deutschen Markt penetriert haben, da gab es jede Menge solcher Fälle, die hinterher ein Arbeitnehmerverhältnis waren. Schließlich kann es sogar arbeitsrechtliche Merkmale aus einer Vertragsgestaltung geben, die eine Selbständigkeit ausschließen und ein unbefristetes Bschäftigungsverhältnis begründen.


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Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. -
George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker
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20.09.2007, 18:21
Beitrag: #3
RE: Scheinselbständigkeit
Also mit der Scheinselbstständigkeit hätte ich in diesem Fall große Probleme. Das hierße ja volle SV-Pflicht, wobei der Versicherungsgesellschaft mächtig nachzahlen muss.
Versicherungsvertreter sind zu 99% arbeitnehmerähnliche Selbstständige. Und hierfür sind sie das Vorzeigebeispiel. Wenn ich ehrlich hatte ich sogar noch nie von einem scheinselbstständigen Versicherungsvertreter gehört.
Die Scheinselbstständigkeit ist heutzutage aber auch schon fast ausgestorben.

@piranhaVS: Oder meintest du arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit und hast versehentlich Scheinselbstständigkeit geschrieben? Immerhin sprichst du nur von RV-Pflicht.
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20.09.2007, 20:51 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.09.2007 20:57 von PiranhaVS.)
Beitrag: #4
RE: Scheinselbständigkeit
Hallo,


also erstmals vielen Dank für die ersten Hinweise...

Ich glaube ich habe vermutlich noch ein paar Angaben zu wenig gemacht bzw. mich unverständlich ausgedrückt...

Es gibt eine Versicherungs-Agentur der ABC-Versicherung. Also Versicherungsvertreter Schulze ist Generalvertreter bei der ABC-Versicherung. Jetzt vermittelt eine Frau Versicherungen auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit eigenem unternehmerischen Risiko usw... Frau bekommt Provisionen von Generalvertreter Schulze.

Habe ein wenig im Web gesucht und es geht wohl nur um die RV, also nur um die Einordnung als arbeitnehmerähnlichen Selbständigen...

Die 5/6 Grenze wird nicht erreicht, da es ja nur einen Auftraggeber gibt...

Mir bereitet dies immer noch Kopfzerbrechen, da Verträge an viele einzelne Personen "verkauft" werden, die Abrechnung aber nunmal nur über einen Auftraggeber möglich ist...
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20.09.2007, 23:35
Beitrag: #5
RE: Scheinselbständigkeit
Hallo,

stellt sich mir unwillkürlich die Frage, ob KV und RV dermaßen abgetrennt werden können, dass sich lediglich eine RV-Pflicht ergeben sollte.
Nach meiner Meinung nicht möglich, soweit nicht berufsständische Versicherungspflichten bestehen.

Mein SV-Lexikon gibt zum Thema "Versicherungsrechtliche Beurteilung von Handelsvertreter" folgendes wieder:

Infoschreiben


Schon hieraus ergibt sich für Versicherungsvertreter eine Zuordnung nach § 84 Abs. 1 HGB mit der Folge, dass diese als selbständige Unternehmer anzusehen sind. Damit keine Ableitungsmöglichkeit einer RV-Pflicht. Die müsste sich dann ja aus einer anderen gesetzlichen Bestimmung ergeben, wobei SGB IV ausscheidet, da der sich ausdrücklich auf das HGB bezieht.

Außerdem gibt es noch ein gemeinsames Rundschreiben der Krankenkassenorganisationen vom 05.07.2005, wo speziell in der Anlage 2 ausführlich dargestellt ist, inwieweit Handelsvertreter der Sozialversicherungspflicht unterliegen und welche Merkmale dazu erfüllt sein müssen.

Ich denke mal, damit bist Du gewappnet.

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21.09.2007, 00:28
Beitrag: #6
RE: Scheinselbständigkeit
Also, der Fall ist relativ einfach. Die Frau ist in der RV versicherungspflichtig (arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit).

Man muss in diesem Bereich sehr vorsichtig mit den Begriffen und Abgrenzungen sein. Es sind folgende 2 Prüfungen durchzuführen:
1. Statusfeststellung: Bei der Dt. Rentenversicherung wird geprüft, ob der Anfragende abhängig beschäftigt oder selbstständig ist. Nur auf dieser Stufe der Prüfung kann es zu einer Scheinselbstständigkeit kommen, die volle Versicherungspflicht in allen Zweigen der SV auslöst (wie schonmal erwähnt ist die Scheinselbstständigkeit vom Aussterben bedroht).
Bei einem Handelsvertreter wird man, wie zaunkönig völlig richtig geschrieben hat, (nahezu) immer zu einer Selbstständigkeit kommen.
2. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob ein Selbstständiger eventuell bei der RV versicherungspflichtig ist (§ 2 Nr. 9 SGB VI). Hierzu gibt es wiederum Fragebögen, die von der Dt. Rentenversicherung versandt werden.
Der Handelsvertreter ist dann sv-rechtlich als Selbstständiger eingestuft, jedoch i.S. des SGB VI als ein solcher Selbstständiger, der in den Genuss von Pflichtbeiträgen zur RV kommt. Es ist übrigens der volle Beitrag an die RV abzuführen.

Die arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit trifft bei vielen Handelsvertretern zu. Diese sind sogar geradezu die Musterbeispiele hierfür.

@piranhaVS: Aus der Nummer wirst du leider nicht rauskommen. Ich erlebe immer wieder Mandanten die sich wundern, dass sie nochmal 19,9 % RV abdrücken dürfen. Dies ist in der Handelsvertreterszene eigentlich hinlänglich bekannt, dass die RV-Pflicht greifen kann. Aber das ist halt typisch Mandant. Erst machen und dann nachfrahgen.
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21.09.2007, 08:31
Beitrag: #7
RE: Scheinselbständigkeit
Hallo ihr zwei...

Also genau soweit bin ich jetzt auch.

Die von Zaunkönig dargestellten Links betreffen erstmals die Frage ob oder nicht selbständig = SV in allen Zweigen.

Daneben gibt es nun den schönen Begriff der arbeitnehmerählich Selbständige.

Dort gibt es ein einfaches Prüfungsschema:

- keine eigenen Beschäftigten
- nur ein Aufraggeber oder die Umsätze zu 5/6 von einem Auftraggeber

Wenn dies bejahrt wird voll Pflicht in der RV = 19,x % !!!

Der Clou war jedoch folgender:

Die Frau wollte das Gewerbe in den nächsten Tagen abmelden und kurz vorher kommt dieser Fall durch eine SV-Prüfung bei der Versicherungsagentur Schulze an´s Tageslicht.

Wir haben es immerhin durchgeboxt, dass die Frau als Selbständige behandelt wird und nicht als Arbeitnehmerin, obwohl sie dort noch eine Bürotätigkeit als Arbeitnehmer ausführt.

Schon das war ein hartes Stück Arbeit hat aber geklappt.

Folge war:

- für die Tätigkeit als Arbeitnehmerin flog sie aus der gesetzlichen KV
- dadurch Erstattungsanspruch der KV Beiträge gegenüber der Krankenkasse
- jetzt dafür aufgreifen des Themas arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit

Ein Scheissfall...
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21.09.2007, 10:19
Beitrag: #8
RE: Scheinselbständigkeit
Hallo,

Zitat:für die Tätigkeit als Arbeitnehmerin flog sie aus der gesetzlichen KV
- dadurch Erstattungsanspruch der KV Beiträge gegenüber der Krankenkasse

Da habe ich jetzt ein Problem mit.

Kennzeichen der AN-Tätigkeit ist doch gerade die KV-Pflicht. Und AN war die Frau doch auch.


@2ndReality
Danke für den Hinweis auf § 2 SGB VI. Der hat mir gestern gefehlt. Daher nur mein kurzer Hinweis auf "andere gesetzliche Bestimmung".


Zum Begriff der "Scheinselbständigkeit".
Ich meine mich erinnern zu können, dass es diesen Begriff im SV-Recht nicht mehr gibt. Im Zusammenhang mit der Schaffung der Ich-AG bzw. der Nachfolgekonstruktion wurde diese Begrifflichkeit beerdigt. Letztlich wäre jeder aus einer Arbeitslosigkeit entsprungene Existenzgründer unter diese Begriffsbestimmung gefallen. Und das wollte man definitiv nicht.
Allerdings hat der Begriff der "arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung" dadurch einen entsprechenden Stellenwert erfahren. Und schließlich regelt ja auch SGB VI für die Rentenversicherung die Ansprüche. Das war es, was der Gesetzgeber letztlich wollte.
Die Krankenkassen stehen im Wettbewerb und haben die Möglichkeit gegen die privaten Versicherungen um die Selbständigen zu buhlen. Und durch die generelle KV-Pflichtversicherung seit 01.04.2007 (bzw. 01.01.2009) entgeht ja auch keiner mehr der KV (zumindest glauben das alle!).

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22.09.2007, 10:07
Beitrag: #9
RE: Scheinselbständigkeit
Zitat:für die Tätigkeit als Arbeitnehmerin flog sie aus der gesetzlichen KV
- dadurch Erstattungsanspruch der KV Beiträge gegenüber der Krankenkasse

Der Krankenversicherung ist es natürlich ein Dorn im Auge, wenn die Arbeitnehmerin (Büroarbeiten) 500,00 Euro Gehalt erhält und als Selbständige 2.000,00 Euro Provisionen.

Deshalb "flog" Sie aus der KV Pflicht heraus.

Ich habe jetzt hier einen Erstattungsanspruch in Höhe von Euro 3.500,00 gegenüber der Krankenkasse. Allerdings traue ich mich nicht ganz so recht den geltend zu machen (Antrag zu stellen), denn ansonsten würden diese sicherlich die Krankheitskosten für Arztbesuche usw. rückfordern...

Dieser Fall dreht sich wirklich im Kreis...
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