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1% Regel gilt nicht alles ab!!!
02.09.2011, 11:36 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.09.2011 13:58 von Dragon.)
Beitrag: #21
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Was meint ihr reicht das für eine FG-Klage?

I. Sachverhalt und Verfahrensstand:

Der Beklagte hat nach einer den Zeitraum von XXX bis XXX umfassenden Lohnsteuer-Außenprüfung einen Haftungsbescheid nach § 42d EStG gegen die Klägerin wegen zu geringer abgeführter Lohnsteuer zzgl. Solidaritätszuschlages für den Zeitraum XXX bis XXX erlassen.
Strittig ist, ob mit dem Ansatz der Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges nach der so genannten 1%-Regelung auch die Nutzung für Fahrten im Rahmen eines anderen Arbeitsverhältnisses abgegolten sind.

Der Beklagte folgte den Änderungen des Lohnsteueraußenprüfers und setzte für die Nutzung des Firmenfahrzeuges einen höheren geldwerten Vorteil an. Der Beklagte begründet dies damit, dass die Arbeitnehmerin das ihr im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses zur Privatnutzung überlassene Fahrzeug zur Erzielung anderer Einkünfte genutzt hat. Er stützt seine Vorgehensweise auf das BFH-Urteil vom 26.4.2006 (X R 35/05, BStBl 2007 II S. 445), wonach der entscheidende Senat es nicht für ausreichend hält, wenn die Nutzungsentnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) eines Pkws lediglich mit der 1%-Regelung vorgenommen wird, wenn dieses Fahrzeug auch zur Erzielung anderer Einkünfte eingesetzt wird. Die Erhöhung des Bruttolohns der Arbeitnehmerin erfolgte dergestalt, dass der geldwerte Vorteil, über die bereits berücksichtigte so genannte 1%-Regelung hinaus, zusätzlich mit 0,002% des Bruttolistenneupreises je Entfernungskilometer pro Arbeitstag angesetzt wurde. Dies erfolgte offensichtlich in Anlehnung an die in Tz. 17 im BMF-Schreiben vom 18.11.2009 (BStBl I, 2009,
1326) getroffene Verwaltungsanweisung nach der aus Vereinfachungsgründen je, im Zusammenhang mit den anderen Einkünften, gefahrenen Kilometer 0,001% des Bruttolistenpreises zur Bewertung heranzuziehen sei.

Hiergegen richtet sich die Klage.

II. Begründung:

Der Beklagte geht Fehl in seiner Annahme, er könne das Urteil des BFH´s vom 26.04.2006 (a.a.O.) auch im vorliegenden Fall anwenden, da es sich hierbei um einen nicht übertragbaren Fall handelt. Entgegen der höchstrichterlichen Entscheidung, wo es um die Höhe einer Nutzungsentnahme eines gewerblich Tätigen ging, geht es im vorliegenden Fall um die Bewertung eines geldwerten Vorteils im Zusammenhang mit einer PKW-Überlassung an Arbeitnehmer (s. dazu auch kritisch Drenseck im Schmidt Est-Kommentar, 29. Auflage zu §19 Rz. 50

Ciao Dragon
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02.09.2011, 13:59
Beitrag: #22
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Fortsetzung
...

„Kraftfahrzeuggestellung“Wink.

Der § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG regelt hinsichtlich der Ermittlung des geldwerten Vorteils eines zur Nutzung überlassenen Fahrzeuges, dass für sämtliche privaten Fahrten der § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG lediglich entsprechend anzuwenden ist. Als private Fahrten müssen bei einer Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Anstellungsvertrages dabei aber alle nichtbetrieblichen Fahrten gelten (s. a. Drenseck im Schmidt Est-Kommentar, 30. Auflage zu § 19 EStG Rz. 50 „Kraftfahrzeuggestellung“Wink, weil im Unterschied zur Entnahmeregelung der Arbeitgeber keinen Einfluss darauf hat, inwiefern der Arbeitnehmer das ihm überlassene Fahrzeug nutzt. Der Gesetzgeber hat durch die Schaffung der Pauschalierung eine Vereinfachung erzielen wollen. Sollte der Arbeitgeber eine Nutzung zur Erzielung anderer Einkünfte unterbinden wollen, so müsste dieser eine fortlaufende Kontrolle über seine Arbeitnehmer durchführen, z.B. wo diese sich außerhalb der Arbeitszeiten aufhalten und welchen Aktivitäten diese nachgehen. Dies kann nicht Zweck der Pauschalierungsmöglichkeit gewesen sein. Insofern würde das Führen eines Fahrtenbuches zur „Pflicht“ werden. Das Führen eines Fahrtenbuches ist aber gesetzlich nicht vorgeschrieben und ist der Vereinfachung des Steuerrechts zuwider.

Die pauschale Nutzungswertermittlung hat somit abgeltende Wirkung. Auch wenn das Fahrzeug zur Erzielung anderer Einkünfte seitens des Arbeitnehmers genutzt wird (s.a. Drenseck a.a.O., Glenk im Blümich, 110. Auflage zu § 8 EStG Rz. 110). Die abgeltende Wirkung wird nunmehr auch mit Einführung von R 8.1 Abs. 9 Satz 8 Lohnsteuerrichtlinie 2011 seitens der Finanzverwaltung angewendet (dies z.B. auch bejahend Heß in Beck´sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon Edition 2/11 zum Thema „Kraftfahrzeug-Gestellung“; ebenso Manfred Geiken Oberverwaltungsrat, Kaarst in HaufeIndex:1572499) und scheint Ausfluss der im Schrifttum vorherrschenden Kritik an der höchstrichterliche Rechtsprechung (BFH X R 35/05).

Im Gegensatz zur Auslegung des Gesetzestexts durch den Beklagten, sehen wir daher eine „quasi“ erweiterte geldwerte Nutzungsentnahme über den § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht als gegeben.

Mit freundlichen Grüßen

Ciao Dragon
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02.09.2011, 15:50 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.09.2011 16:05 von Jive.)
Beitrag: #23
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Also ich finde das klingt schon recht gut.

Ich würde allerdings noch die R 8.1 Abs. 9 Satz 8 LStR noch etwas ausführen:

"Kann das Kraftfahrzeug auch im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt werden, ist diese Nutzungsmöglichkeit mit dem Nutzungswert nach Satz 1 abgegolten."

Denn wenn auch die Nutzung in anderen Einkünfstarten abgegolten ist, dann ist doch impliziert dieses doch, dass gerade auch die Nutzung in der selben Einkunftsart abgegolten sein muss.

Dieses wollte der gesetzgeber mit der Betreffenden Richtlinie nur klarstellen....hat es aber leider missverständlich formuliert.

Dem "auch" kommt dabei besondere Bedeutung zu ..dehalb hab ichs hervorgehoben....

Ohne "auch" käme nämlich dieses raus:

"Kann das Kraftfahrzeug im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt werden, ist diese Nutzungsmöglichkeit mit dem Nutzungswert nach Satz 1 abgegolten."

Das wär natürlich ganz doof.. warum gehen alle anderen einkunftsarten nur die gleiche nicht??

Daher gehe ich mal theologisch stark davon aus, dass sich unser gesetzgeber mit dem "auch" auch was gedacht hat :-)

Sinnvoller und verständlicher wäre natürlich diese Formulierung gewesen:

"Kann das Kraftfahrzeug auch im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt werden, ist "auch" diese Nutzungsmöglichkeit mit dem Nutzungswert nach Satz 1 abgegolten."

...und nur das kann m.E. auch die richtige Lösung sein...von daher räume ich Deiner Klage gute Chancen ein :-)

Aber es ist halt wie es ist .. vor gericht gibts kein Recht ... nur ein Urteil...( § 95 FGO)

lg, Jive

PS: Was so ein kleines Wort doch an Ärger machen kann ist schon erstaunlich :-)

Edit und PPS: ja ich meine Theologisch ... ich habe den Glauben an unsere Finanzgesetzgebung noch nicht verloren Tongue

"Der Bankraub ist eine Initative von Dilettanten.
Wahre Profis gründen eine Bank."

- Bertold Brecht -
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02.09.2011, 19:54
Beitrag: #24
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Jive schrieb:Also ich finde das klingt schon recht gut.
schließe ich mich an
Jive schrieb:Ich würde allerdings noch die R 8.1 Abs. 9 Satz 8 LStR noch etwas ausführen:

"Kann das Kraftfahrzeug auch im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt werden, ist diese Nutzungsmöglichkeit mit dem Nutzungswert nach Satz 1 abgegolten."

Denn wenn auch die Nutzung in anderen Einkünfstarten abgegolten ist, dann ist doch impliziert dieses doch, dass gerade auch die Nutzung in der selben Einkunftsart abgegolten sein muss.
nein, gerade nicht. Wenn das Kfz in diesem Arbeitsverhältnis für Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte genutzt wird, ist der Vorteil ja gerade nicht durch die 1%-Regelung abgegolten.
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03.09.2011, 18:41
Beitrag: #25
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Mist .. stimmt auffallend ...

Dann müsste man wohl eher anstelle von "andere Einkuftsart" "andere einkunftsquelle" meinen oder ??

lg, jive

"Der Bankraub ist eine Initative von Dilettanten.
Wahre Profis gründen eine Bank."

- Bertold Brecht -
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04.09.2011, 00:02
Beitrag: #26
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Hmm... Ich würde noch die Historie der LStRÄnderung bringen. Wäre die neue R anwendbar, dann gäbe es Selbstbindung der Verwaltung. Unabwendbarkeit wäre dann Ermessensfehler. Also sollte man ggf noch argumentieren, das R Änd willkürlich nicht auf 200x rückbezogen. Änderung beruhte auf Änd der Rspr BFH (xxx), was unabhängig von Jahr ist. Also wäre LStR eigentlich auch für Sachverhalt anzuwenden, die Nichtanwendung durch FA im Einzelfall ohne besondere sachliche Begründung hinaus (außer das LStR 2011 n.n. anwendbar) somit Rechtsverletzung des Klägers.
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05.09.2011, 09:18
Beitrag: #27
RE: 1% Regel gilt nicht alles ab!!!
Danke Euch!!!

Ich werde mir mal Eure Kritikpunkte noch anschauen und "einbauen"

Ciao Dragon
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