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Strafbefehl vs. FG-Prozess
17.03.2010, 12:07
Beitrag: #1
Strafbefehl vs. FG-Prozess
Hallo,

ich habe hier ein Fall, der mich an meinem Rechtsverständnis zweifeln lässt. Der SV in Kurzform. BP bei einem EU für die Jahre 2005-2007. Die Dame kann sich einen über die Jahre immer gleich auftretenden Vorgang nicht erklären. Ich hoffe ich kann es deutlich machen. Der Mandant hat über die Jahre sein EC-Kartengerät als quasi eigenen Kontoautomaten genutzt. Wann immer er mal Bargeld brauchte, nahm er es aus der Kasse und schob seine EC-Karte in den Automaten und löste eine Lastschrift von seinem Privatkonto auf das Firmenkonto über diesen Betrag aus. Die Frage nach Sinn und Zweck dieser Geschichte soll mal egal sein. Klar die BP schätzte all das als zusätzliche Einnahmen hinzu und macht sofort dem Mandanten mit dem §370 AO vertraut.

Es wurden Bescheide erlassen, Einspruch eingelegt und das Verfahren ist beim FG anhängig. Dann, Anfang des Jahres, kam ein Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung auf Strafantrag der Steufa. Die Anwältin (vom Mandanten selbst gewählt u.m.E. überfordert) legte Einspruch ein und begründete ihn mit dem offenen Verfahren vor dem FG. Der Richter lehnte ab, Termin fand statt und Mandant wurde zu xxx Tagessätzen verurteilt. Habe es gerade auf dem Tisch.

Wie kann das sein? Klar gehen FG-Prozess und Zivilrecht auseinander, aber wer muss denn hier ermitteln, doch die Steufa und wer entscheidet ob Steuerhinterziehung vorliegt Zivil- oder Finanzgericht? Der Mandant hat auf anraten der Anwältin das Strafmaß angenommen. Ich denke dass ich meine FG-Akte zuklappen kann. Er ist doch rechtskräftig verurteilt, warum sollte ein FG-Richter sich jetzt noch einmal irgendwie Mühe geben den SV zu klären.

Ich denke das war`s oder?

LG T.D.

„Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht zum Steuerzahlen. Die Kenntnis aber häufig.“

Baron Rothschild
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17.03.2010, 12:28
Beitrag: #2
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
Zitat:Wie kann das sein? Klar gehen FG-Prozess und Zivilrecht auseinander, aber wer muss denn hier ermitteln, doch die Steufa und wer entscheidet ob Steuerhinterziehung vorliegt Zivil- oder Finanzgericht?

Das eine hat mit dem anderen erstmal gar nichts zu tun. Beide Gerichten entscheiden in eigener Machtvollkommenheit. Der Ausgang eines Strafverfahrens hat für das steuerrechtliche Verfahren allenfalls indizielle Bedeutung. Mehr nicht.

Soll heissen, wenn die Staatsanwaltschaft die Anklage wegen Hinterziehung fallen läßt, kann mein FG immer noch der Ansicht sein, dass Hinterziehung vorliegt.

Was ich aber an deinem Fall nicht verstehe, warum ist es für dein FG-Verfahren relevant, ob Hinterziehung vorliegt? Für die Frage der Verjährung wirds wohl nicht relevant sein.

Wenn das Leben Dir Zitronen anbietet, frag nach Tequila und Salz und ruf' mich an!
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17.03.2010, 12:39
Beitrag: #3
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
wirklich dumm gelaufen.

Aber Kiharu hat recht, eine rechtliche Bindungswirkung besteht nicht, nur eine faktische. Das bedeutet, sachlich gegen die Begründung des Strafgerichts argumentieren.

Ich würde mal Einsicht in die strafrechtliche Ermittlungsakte nehmen und mal schaun, was in dem Verfahren tatsächlich gelaufen ist. Das, was die Mandanten erzählen, stimmt oftmals so nicht. Wenn man AE genommen hat, dann kann man im finanzgerichtlichen Verfahren ganz konkret auf die Schwachstellen im strafgerichtlichen Verfahren hinweisen.[/i]

Beste Grüße
Vorwitzig [Bild: trust_me-001.gif]
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17.03.2010, 16:50
Beitrag: #4
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
Klarer Haftungsfall der Verteidigerin!!! Sie hatte Kenntnis vom FG Verfahren und verteidigte nur damit. Grob fehlerhaft, weil Pflicht zur Einarbeitung in fremde Straftatbestände und deren Verfahren. Hier zumindest Strafe in ¤ nebst Zuschlag von 1.000 ¤ wegen Makel (ggf mehr wenn als vorbestraft gilt = mehr als 90 Tagessätze, vgl BZRG) und Einforderung und Ankündigung Zivilprozess. Ggf danach aber bis FG Entscheidung warten.
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17.03.2010, 17:15 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 17.03.2010 17:16 von tolledeu.)
Beitrag: #5
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
Kiharu schrieb:Was ich aber an deinem Fall nicht verstehe, warum ist es für dein FG-Verfahren relevant, ob Hinterziehung vorliegt? Für die Frage der Verjährung wirds wohl nicht relevant sein.

Da der Mandant die Tagessätze über den Strafbefehl angenommen hat, gehe ich davon aus, dass er Rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde. Einen Sichtvermerk bekommt er wohl nicht, da er unter den 90 Tagessätzen liegt. Die Begründung im Strafbefehl ist haargenau die Gleiche wie in der Einspruchsentscheidung. Die Anwältin hatte als Einspruchsbegründung zur Abwendung des Strafbefehls nur das Ruhen beantragt bis das FG über die Sache an sich entschieden hat und legte unsere mehrseitige Klageschrift vor.

Nach allem was ich jetzt gelesen habe, kann das FG den Strafbefehl als Rechtsentscheidung annehmen, wenn nicht ganz klar und unter Offenlegung aller Entlastungen gegen den Strafbehl vorgegangen wurde.
Insoweit deckt sich das mit @vorwitzig Aussagen.

Ich gehe mal davon aus, das unsere ganze Mühe mit EC-Karten und Kontenabgleiche, Branchenvergleiche etc. alles für die Katz war. Nach der BP liegt der Mandant jetzt mit 97% im Umsatz und 114% im Gewinn über den Richtsätzen. Antwort der BP, dann wird er wohl auch ein paar Eingangsrechnungen weggelassen haben. Wir reden über einen Buchhandel mit Festpreisen.

LG T.D.

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17.03.2010, 17:44
Beitrag: #6
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
Oh, ich würde mich freuen, wenn meine Pappenheimer so schnell den Kopf in den Sand stecken. In 8 Jahren habe ich es noch nicht erlebt, dass das Gericht sich nur auf das Strafverfahren beruft.

Hier mal Auszug aus einem FG-Urteil, FG Hamburg Az. II 263/02

Zitat:Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist das FG bei Vorgängen, die sowohl in strafrechtlicher als auch in abgabenrechtlicher Hinsicht zu ermitteln und zu würdigen sind, an die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung zwar nicht gebunden. Es ist jedoch nicht gehindert, sich die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts zu Eigen zu machen, wenn nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) diese Feststellungen zutreffend sind und wenn keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben werden (ständige Rechtsprechung, BFH vom 25. Januar 2004, VII B 69/04, zitiert nach juris; Urteil vom 10. Januar 1978, VII R 106/74, BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311; vom 12. Januar 1988, VII R 74/84, BFH/NV 1988, 692; vom 26. April 1988, VII R 124/85, BFHE 153, 463). Zur Übernahme der vom FG für zutreffend erachteten Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts besteht besonders dann Anlass, wenn - wie im Streitfall - die strafgerichtliche Entscheidung bereits rechtskräftig geworden ist (Urteil vom 13. Juni 1973, VII R 58/71, BFHE 109, 306, BStBl II 1973, 666). Im Streitfall hat der Kläger keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts vorgebracht. Alle im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen haben in der mündlichen Verhandlung dem Strafgericht bei seiner Würdigung bereits vorgelegen. Dementsprechend können die vorgelegten Unterlagen nicht zu einer anderen Bewertung führen. Soweit der Kläger einzelne Unterlagen oder Zeugenaussagen, die bereits Grundlage für die Gesamtwürdigung des Landgerichts gewesen sind, in anderer Weise wertet, kann er hiermit keine andere Überzeugung des erkennenden Senats erreichen

Insofern kann ich beim besten Willen nicht verstehen, warum Du den Kopf in den Sand steckst. Wenns dir stinkt, muss halt das FG überzeugen. Nur weil die Anwältin das Strafverfahren versiebt hat, musst Du nun nicht in die gleichen Fussstapfen treten.

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18.03.2010, 10:08
Beitrag: #7
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
Kiharu schrieb:Insofern kann ich beim besten Willen nicht verstehen, warum Du den Kopf in den Sand steckst. Wenns dir stinkt, muss halt das FG überzeugen. Nur weil die Anwältin das Strafverfahren versiebt hat, musst Du nun nicht in die gleichen Fussstapfen treten.

Hey, sei nicht so grob zu mir , bin sensibel..Tongue

Ich habe nicht vor aufzugeben, das wurde mir in 20 Jahren Leistungssport schon eingeimpft. Wenn man verliert, war einer Besser und man erinnert sich kaum noch daran, wenn man aufgibt begleitet es einen ein Leben lang, da immer eine Ungewissheit mitschwingt.

Ich ärgere mich einfach maßlos über die Ignoranz der Anwältin, wir haben immer den Kontakt gesucht und ihr (m.E.) sehr gut zugearbeit und sie schickt zum Termin irgendein Vertreter da sie, wie sie uns am Telefon jetzt mitteilte, im Strafrecht nicht so sattelfest ist. Es ist zum brechen.

Was passiert eigentlich, wenn das FG zu einer anderen Entscheidung kommt, wird die zivilrechtliche Verurteilung wieder aufgehoben?

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18.03.2010, 10:43
Beitrag: #8
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
Zitat:Hey, sei nicht so grob zu mir , bin sensibel.

Und ich dachte immer, Sportler sind belastbar. Naja, so kann man sich täuschen. Big Grin

Zitat:Ich ärgere mich einfach maßlos über die Ignoranz der Anwältin, wir haben immer den Kontakt gesucht und ihr (m.E.) sehr gut zugearbeit und sie schickt zum Termin irgendein Vertreter da sie, wie sie uns am Telefon jetzt mitteilte, im Strafrecht nicht so sattelfest ist. Es ist zum brechen.

Verständlich. Das sollte Dich aber eher anspornen, es besser zu machen. Du hast doch alle Chancen. Wenn Du anderer Meinung bist, liegts jetzt an Dir, dass dem FG zu erklären.

Zitat:Was passiert eigentlich, wenn das FG zu einer anderen Entscheidung kommt, wird die zivilrechtliche Verurteilung wieder aufgehoben?

Nein. Keine Chance. Das eine hat mit dem anderen so ja nichts zu tun. Ich selbst hänge mit einem Fall vorm FG, da sitzt das Früchtchen schon hinter Schloss und Riegel, weil er im Strafverfahren alle Vorwürfe eingestanden hat. Ändert aber nix daran, dass ich bei meinem Verfahren wieder bei 0 anfangen darf.

Ich schicke zwar immer die Strafakte mit ans FG aber dort ist in der Regel nicht der Strafbefehl oder gar ein Urteil drin, da solche Sachen erfahrungsgemäß parallel laufen. Mein FG hat auch noch nie sonderbar Interesse an den entsprechenden Strafverfahren gezeigt. § 76 FGO sagt ja nicht, dass sich das FG nach der Ansicht des Strafgerichtes zu richten hat.

Ich würde mir da nicht so wirklich viel Gedanken machen.

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18.03.2010, 11:07 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.03.2010 11:08 von phönix.)
Beitrag: #9
RE: Strafbefehl vs. FG-Prozess
tolledeu schrieb:Was passiert eigentlich, wenn das FG zu einer anderen Entscheidung kommt, wird die zivilrechtliche Verurteilung wieder aufgehoben?

Soweit ich gehört habe: die **straf**gerichtliche Verurteilung wird nicht aufgehoben.

Zur ähnlichen Problematik:
http://www.br-online.de/bayerisches-fern...tid=121207

schönen Tag noch

phönix
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