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Welcher Erbe ist zuständig?
28.06.2011, 17:12
Beitrag: #1
Welcher Erbe ist zuständig?
Hallo,

ich habe da einen selten blöden Fall auf den Tisch bekommen:

Ein Mandant ist letztes Jahr im Februar gestorben.
Erben lt. Nachlaßgericht: Mutter (wohnt in Ba-Wü) und Tante (wohnt in Bayern)
Tante hat ihren Erbanteil für T¤ 15 im April an Mutter verkauft

Das Erbschaftsteuerfinanzamt will nun von der Tante eine Erbschaftsteuererklärung haben. Deren Stb hat für sie eine Erbschaftsteuererklärung gefertigt, in der er die T¤ 15 angegeben hat.
Das Finanzamt will von ihr aber die Steuererklärung für das gesamte Erbe und er hat mir seinen Schriftwechsel mit dem FA zugefaxt, weil er (bzw. Tante) keine Ahnung hat, woraus der Nachlaß bestand

Ich habe also die Dame auf dem Erb-FA angerufen und vorgeschlagen, dass sie doch die ErbSt-Erklärung bei der Mutter anfordern soll, weil diese ja den Nachlaß übernommen hat und alle Daten kennen sollte.

Nein, Tante hätte den Nachlaß angenommen, also müsste sie auch wissen, was alles drin war. Hä ???? Rolleyes Merkwürdige Begründung.
Außerdem wäre Mutter gegenüber Tante gem. § 2057 BGB auskunftspflichtig. § 2057 regelt aber die Auskunftspflicht von Abkömmlingen - aber nicht von Müttern.

Meiner laute Überlegung am Telefon, es könnte ermessensfehlerhaft sein, die Erklärung bei einem Beteiligten anzufordern, der seinen Anteil verkauft und mit dem Nachlaß nichts mehr zu tun hat, wollte sie nicht akzeptieren. Tante T hätte schließlich gegen Mutter M einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlaß.
Wie, hab ich gesagt, die Kommunikation zwischen beiden ist nicht so richtig gut, will das FA, dass die Tante die Mutter auf Auskunft verklagt?
Das nicht gerade, aber ...

Fakt ist, mir ist nichts schlaues argumentatives mehr eingefallen. Und ich habe auch keine Gesetzesgrundlage gefunden, wonach ein Erbe, der seinen Anteil verkauft hat, evtl. aus der Erklärungspflicht raus sein könnte.
DAS wäre mir die liebste Lösung.

Hilft § 33 AO? "Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet."
Tante und Mutter schulden jeweils nur für den eigenen Teil.

Bleibt mir noch, eine Vertretungsvollmacht von Tante an Mutter auszustellen, um damit das FA formell dazu zu bekommen, sich wegen der ErbSt-Erklärung an Mutter zu wenden.

Oder hat vielleicht jemand eine gute Idee?


Gruß

tosch
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28.06.2011, 20:00
Beitrag: #2
RE: Welcher Erbe ist zuständig?
Hallo,
wirklich ein merkwürdiger Fall.
tosch schrieb:Tante hätte den Nachlaß angenommen, also müsste sie auch wissen, was alles drin war. Hä ???? Rolleyes Merkwürdige Begründung.
Ich finde nicht. Es leuchtet doch nicht ein, dass die Tante überhaupt nicht wüsste, was sie geerbt hat. Wer verkauft denn etwas an jemanden, mit dem er sich nicht besonders gut versteht für einen Preis X, ohne sich in irgendeiner Weise zu informieren, was er da verkauft? So dumm kann ja eigentlich niemand sein.
Maßgebend für die ErbSt ist doch nur der Erbanfall. Der spätere Verkauf an die Mutter ist ein zweiter Vorgang, der damit erbst-lich gar nichts zu tun hat. Also in irgendeiner Weise muss die Tante wohl mal darlegen oder ermitteln, was sie da geerbt hatte. Gibt es denn ein Testament?
Grüße
EV
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29.06.2011, 06:43
Beitrag: #3
RE: Welcher Erbe ist zuständig?
Hallo,

Es liegt doch eine Erbengemeinschaft zum Zeitpunkt des Dahinscheidens vor. Und das ist zunächst einmal für den Erbfall ausschlaggebend.

In einer Gemeinschaft ist jeder für alle zuständig, soweit kein Vertreter benannt ist. Das Finanzamt fordert also nichts ungewöhnliches und auch nichts verkehrtes. Da mag man dann bestenfalls noch darüber nachdenken, ob es Sinn macht sich einen Erben auszusuchen, der am weitesten in der Erblinie entfernt ist.

Der spätere Verkauf des Erbanteils der Tante hat mit der Erbschaft an sich überhaupt nichts zu tun und ist ein losgelöstes Rechtsgeschäft. Das hier zufällig die beiden Beteiligten der Erbengemeinschaft das Rechtsgeschäft abschließen ändert an dieser Tatsache nichts.

Zuständig für die Erbschaftsteuererklärung ist im Normalfall das Finanzamt, dass in den Wohnsitzbereich des Erblassers fällt. Allerdings kann die Zuständigkeit auch auf ein anderes Finanzamt übertragen werden, wenn der Erblasser z.B. nicht in Deutschland ansässig ist, der Erbe aber schon.

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Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch. -
George Bernard Shaw (1856-1950), Irischer Dramatiker und Satiriker
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29.06.2011, 10:48
Beitrag: #4
RE: Welcher Erbe ist zuständig?
aus

Zitat:Kommentar Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG § 31

Rz. 28

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass sich einzelne Miterben ihrer Steuererklärungspflicht gänzlich entziehen, d. h. zur Abgabe weder einer gemeinsamen Steuererklärung noch einer Einzelsteuererklärung bereit sind. In derartigen Fällen ist das Finanzamt ggf. zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen[4] berechtigt. Häufig kann das Finanzamt allerdings aufgrund der Steuererklärung der Miterben die Besteuerungsgrundlagen zutreffend ermitteln und berechnen. Das Finanzamt ist insoweit zur Durchführung der Steuerfestsetzung nach Aktenlage berechtigt. Im Ergebnis führt die Nichtabgabe der Steuererklärung durch den Miterben mithin zu einer Einschränkung der Untersuchungspflicht des Finanzamts.

Wäre doch ne Möglichkeit einfach mal nicht abzugeben.

Bleibt dann nur zu hoffen dass die Mutter abgibt und die Werte entsprechend korrekt einträgt.
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30.06.2011, 14:23
Beitrag: #5
RE: Welcher Erbe ist zuständig?
Hallo,

vielen Dank für Eure Einschätzungen.
Aber ich habe wohl, da MIR der Fall ja inzwischen ganz gut bekannt ist, übersehen, mitzuteilen, dass der Verkauf des Erbes mittels notariellem Erbteilungsübertragungsvertrag vorgenommen wurde. Ist mir megapeinlich Shy .

Und aufgrund dieses Vertrages bleibt bei Tante nur der Erlös aus dem Vertrag, nämlich besagte T¤ 15 als Erbe übrig.

Und warum sollte Tante dann eine ErbSt-Erklärung über ihren Anteil hinaus abgeben?
Jaja, ich weiß, ganz neuer Sachverhalt, sorry, sorry

Eisvogel schrieb:Es leuchtet doch nicht ein, dass die Tante überhaupt nicht wüsste, was sie geerbt hat. Wer verkauft denn etwas an jemanden, mit dem er sich nicht besonders gut versteht für einen Preis X, ohne sich in irgendeiner Weise zu informieren, was er da verkauft? So dumm kann ja eigentlich niemand sein.
Schöne Theorie! Big Grin

Praktisch lief das so ab, dass der Anwalt der Mutter wohl gute Vorarbeit für diese geleistet hat (sprich die Zahlen schön schlecht gerechnet hat) und M den schuldenfreien Betrieb des verblichenen ein halbes Jahr später für T¤ 130 verkauft hat

Ich habe es übrigens auch schon erlebt, dass 2 Kinder das Erbe ihres Vaters ausgeschlagen haben wegen T¤ 200 Bankschulden. Das Erbe bestand in einem gepflegten Doppelhaus mit 6 Mietwohnungen und einer jährlichen Kaltmiete von knapp T¤ 40.

Willkommen in der Praxis. Big Grin
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30.06.2011, 18:29
Beitrag: #6
RE: Welcher Erbe ist zuständig?
tosch schrieb:Aber ich habe wohl, da MIR der Fall ja inzwischen ganz gut bekannt ist, übersehen, mitzuteilen, dass der Verkauf des Erbes mittels notariellem Erbteilungsübertragungsvertrag vorgenommen wurde. Ist mir megapeinlich Shy .
Und wo liegt der Unterschied zwischen solch einem Erbteilungsübertragungsvertrag und einem ganz normalen Kaufvertrag?

tosch schrieb:
Eisvogel schrieb:Es leuchtet doch nicht ein, dass die Tante überhaupt nicht wüsste, was sie geerbt hat. Wer verkauft denn etwas an jemanden, mit dem er sich nicht besonders gut versteht für einen Preis X, ohne sich in irgendeiner Weise zu informieren, was er da verkauft? So dumm kann ja eigentlich niemand sein.
Schöne Theorie! Big Grin

Praktisch lief das so ab, dass der Anwalt der Mutter wohl gute Vorarbeit für diese geleistet hat (sprich die Zahlen schön schlecht gerechnet hat) und M den schuldenfreien Betrieb des verblichenen ein halbes Jahr später für T¤ 130 verkauft hat
also hat sie ja doch gewusst, dass sie da einen Anteil am Betrieb geerbt hat...

Wenn sie also ausschließlich BV geerbt hat, dann wäre der Wert des BV vom Bertriebsstätten-FA gesondert festzustellen, § 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG.

Ich glaube, ich würde ihr raten, mal zu prüfen, ob man gegen M zivilrechtlich vorgehen kann.
Grüße
Eisvogel
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