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Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - Druckversion

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Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - blind**** - 06.03.2013 15:31

Im Forum StBdirekt ist bereits in 03/2012 das Thema "Pflicht zur händischen Kontierung auf dem Beleg" von einem StB-Kollegen angestossen worden. Ausgangspunkt war die Verfügung des Bay. LfSt vom 13.02.2012 mit folgender Aussage:

Zitat:...Gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buch-
führungssysteme (GoBS – Anlage zum BMF-Schreiben vom 7.11.1995, BStBl 95 I, 738) sind zur Erfüllung der Belegfunktion aber Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum auf dem Beleg erforderlich. Die Reihenfolge der
Buchungen ist zu dokumentieren...."

Überwiegendes Fazit in diesem Forum: keine schriftliche Kontierung notwendig, weil keine gesetztliche Grundlage dafür vorhanden !


Gestern fand bei der SAM Sachsen-Anhalt in Halle/ Saale das alljährliche Seminar "Änderungen im Steuer- und Gesellschaftsrecht 2012/2013" statt. Zusammen mit einem Kollegen besuche ich dieses Seminar schon seit über 5 Jahren und bin eigentlich von der Qualität der Dozenten überzeugt. Schon alleine das in Buchform erhältliche Skript ist sehr übersichtlich und jedes mal ein "Highlight".

Prof. Schäfer erwähnte u.a. auch die von Herrn tom Suden zitierte Verfügung des BayLfSt aus 02/2012. Ich war jedoch sehr verwundert, dass auch er die Pflicht zur Kontierung auf den Papierbelegen als gegegeben unterstellt. Man müsse generell händische Kontierungs-Vermerke auf jedem Beleg anbringen. Das Skript enthält folgendes:

Zitat:"...Erfüllung der Belegfunktion durch Angaben:

- zur Kontierung
- zum Ordnungskriterium
- zum Buchungsdatum
auf dem Beleg...."

Das dies in den Kanzleien kaum noch praktiziert wird bzw. auch die Prüfer anscheinend nur am Rande interessiert, spielte überhaupt keine Rolle. Es gab seitens der Teilnehmer keine mündlichen Nachfragen. Leider war Herr Schäfer nach dem Seminar auch nicht mehr verfügbar, so dass man nicht nachfragen konnte. Liegen wir denn so falsch mit unserer Vorgehensweise ?


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - limo - 06.03.2013 16:04

Ging es bei dem Seminar nicht um elektronische Rechnungen?


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - blind**** - 06.03.2013 16:13

Zitat:Ging es bei dem Seminar nicht um elektronische Rechnungen?

Grundsätzlich schon. In seiner Einleitung zum Thema erwähnte Herr Schäfer aber ausdrücklich, dass man auf Papierbelegen kontieren müsse. Anderslautende Rechtsquellen oder ganz einfach die gegenteilige Handhabung in der Praxis wurde unverständlicherweise völlig ausgeblendet.


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - limo - 06.03.2013 16:32

Zitat:keine händische Kontierung auf Beleg, aber Abhaken der Belege

Ersetzt das den Gebucht-Stempel?


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - blind**** - 06.03.2013 16:56

Zitat:Ersetzt das den Gebucht-Stempel?

Muss denn überhaupt irgendein Vermerk auf dem Beleg vorhanden sein ?
Wir setzen Haken mit rotem Kugelschreiber u.a. nur deshalb, damit uns vom Mandanten nicht unbemerkt Belege mehrfach vorgelegt werden. Das dient aber nur der eigenen Absicherung.


Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen - showbee - 06.03.2013 17:58

So misstrauisch?


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - blind**** - 06.03.2013 19:33

Misstrauen ?

Wenn der StB-Kollege im StBdirekt das Thema nicht angefasst hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass heute überhaupt noch Kanzleien schriftlich auf dem Beleg kontieren. Ich kontiere seit Anfang an nicht auf dem Beleg. Das Thema schien seit langer Zeit erledigt. Nun wird es plötzlich wieder aus der Versenkung hervorgeholt.

Aber wenn das Thema sogar für eigentlich ansonsten fachlich gute Prof`s bei Seminaren vor mehreren 100 Teilnehmern so wichtig erscheint, dass es eine eigene Erwähnung findet, dann kann man sich nur wundern und kommt ins Zweifeln . Da wurde mit einer Selbstverständlichkeit referiert. Auf den Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist man nicht eingegangen,obwohl die beiden Dozenten doch eigentlich wissen müssten, was Sache ist. So weit mir bekannt ist, sind beide langjährig für Großkanzleien tätig und da wird doch sicher auch mal nebenbei gebucht.

Wie ist denn nun die Rechtslage ? Kann eine Buchführung ohne schriftliche Kontierung vom Prüfer verworfen werden ?

Völlig unverständlich waren anschließend auch die Aussagen zu elektronischen Rechnungen. Man müsse dort einen Datensatz mit Infos zur Kontierung usw. "anhängen". Nur wie soll das praktisch umgesetzt werden ? Muss ich an jede pdf etwas anhängen ? Falls ja was konkret ?

Schönen Abend !!!


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - Jive - 06.03.2013 20:12

Also bei mir wird das noch nach der "alten Schule" praktiziert.

D.h. es wird grundsätzlich auf dem Beleg kontiert und gebucht gestempelt.

Abweichen davon tu ich nur bei elektronischer Verarbeitung was zugegebenermasen mittlerweile einen ordentlichen Anteil genommen hat.

z.B. beim Datev Kontoauszugsmanager kontiere ich nicht die Bankbelege nach.

Krieg ich die Ausgangsrechnungen der Mandanten elektronisch in meine Fibu kontiere ich die einzelnen belege nicht sondern nur die Buchungsliste.

bei kassenbuch online genauso...

lg, Jive


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - blind**** - 07.03.2013 08:04

@Jive

Zitat:D.h. es wird grundsätzlich auf dem Beleg kontiert und gebucht gestempelt.

Ich staune etwas. Auf jedem Beleg ? Auch auf Kassenbelegen ? Das kommt pro Beleg auch schon ein gewisser Zeitaufwand zustande. Wenn man das dann auf alle Buchführungen hochrechnet, dauert es zu lange. Und bei den teilweise knapp zu kalkulierenden Buchführungsgebühren...


RE: Müssen wir wirklich wieder das schriftliche Kontieren auf den Belegen einführen ??? - blind**** - 07.03.2013 10:34

Zitat eines Kollegen zum Thema:

Zitat:Seit über 15 Jahren habe ich keinen Beleg mehr kontiert oder kontieren lassen. In Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung habe ich MA und Mandanten angewiesen, darauf zu verzichten, weil es einen Buchungsbeleg gibt und Referenzen von der Buchung zum Beleg und vom Beleg zu Buchung anhand dessen Merkmalen wie Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag jederzeit leicht und einfach möglich sind.

Nun scheint das bayerische Landesamt für Steuern doch recht papierverliebt zu sein. In deren Gedankenwelt ist ein Unternehmer wohl so gebaut wie die Backstube, bei der morgens die Brötchen zum Frühstück eingekauft werden; gemütlich geheizt, im Hinterzimmer der Backstube steht ein Stehpult, darauf ein amerikanisches Journal und dahinter eine Ansammlung von Leitz Ordnern. Die wichtigsten Requisiten zur Datenverarbeitung sind der Locher und die Füllfeder zum Vermerken von Sachkonto/Debitorenkonto, Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, Rechnungsbetrag und (auf keinen Fall vergessen und ganz genau notieren) Buchungsnummer. Effizientes Rechnungswesen sieht ganz anders aus.

Nun lebe ich in einer Welt, in der Unternehmen 100.000 Rechnungen pro Monat erhalten und verarbeiten müssen. Da geht alles automatisch und Rechnungen werden nicht mehr angeschaut, wenn sie die betriebsinternen Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen anstandslos passiert haben. Und das geschieht in über 90,2 % der Fälle. Man kümmert sich dort nur um den Rest von 0,8 %. der Einsatz von Füllfeder oder Locher ist in diesen Unternehmensverwaltungen nicht vorgesehen. Man muss nämlich Geld verdienen.

Er ist auch nicht den Unternehmensverwaltungen vorgesehen, bei denen vielleicht nur 1000 Rechnungen im Jahr empfangen werden. Auch diese Unternehmen organisieren Ihren Rechnungseingang so, dass möglichst viel automatisch geschieht. Denn auch die müssen Geld verdienen. Und natürlich muss das im Einklang mit Handelsrecht und Steuerrecht so organisiert werden, dass eine progressive und auch eine retrograde Prüfung möglich sind.

Gerüchtweise habe ich auch gehört, dass Steuerprüfer neuerdings mit einem Notebook und nicht mit Ärmelschonern angerückt kommen; wie man hört soll die Finanzverwaltung sogar über automatisierte Prüfverfahren verfügen, die Datenbestände aus der IT des Prüfungspflichtigen auslesen, strukturiert abfragen und dann nach hoch geheimen Makros interpretieren und auswerten.

Die praktischen Auswirkungen aus den Anforderungen dieser Karte sind erheblich: Bei Papierrechnungen wird wieder auf dem Papier kontiert mit entsprechenden Folgen für die Durchsatzraten einer Auftrags-Finanzbuchhaltung. Im Interesse einer positiven Erfolgsrechnung unserer Kanzleien können wir diese Aufträge dann wohl besser kündigen. Bei elektronischen Rechnungen werde ich mich hingegen bemühen, auf dem Bildschirm meines PCs mit einem Filzstift Kontierungsanmerkungen anzubringen, die dann mit meinem Smartphone abfotografieren und dieses Foto untrennbar mit dem im Mandantenarchiv eingelagerten Dokument zu verbinden. Natürlich werde ich das in PDF/A erledigen, denn das Originaldokument darf ja nicht verändert werden. Sollte ich in meinen Versuchen scheitern, bleibt mir wohl nichts anderes, als den Schraubenzieher zu nehmen, den Bildschirm auf zu schrauben und zu versuchen ob ich nicht irgendwo hinter dem Bildschirm diese Kodierung anbringen kann. Sobald mir eine Kostenkalkulation für dieses Verfahren vorliegt, werde ich das hier einstellen.