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Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - Druckversion

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Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - blind**** - 19.11.2012 18:11

Hallo,

Mandant (Versicherungsvertreter) betreibt sein Haupt-Büro in einer
Stadt außerhalb des Wohnorts. Im Keller seines Wohnhauses befindet sich ein voll ausgestattetes Nebenbüro, in dem auch eine Mitarbeitern (zumindest stundenweise) tätig ist. Der Zugang für die Kunden erfolgt seperat und örtlich getrennt vom privaten Wohnbereich. An der Außenwand befindet sich eine Werbeanlage.
Das Kellerbüro besitzt einen zweiten Zugang von der Wohnräumen des Mandanten, dieser wird aber nicht von den Kunden genutzt und ist denen auch nicht bekannt.

Wie und in welcher maximalen Höhe sind die Raumkosten für dieses Nebenbüro als Betriebsausgaben zu berücksichtigen ?

In diesem Fall fand bereits eine BP statt. Die Auffassungen des FA und von mir erläutere ich erstmal nicht, um die Meinungsbildung nicht schon vorab zu beeinflussen.

Schönen Abend !!!


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - showbee - 19.11.2012 18:23

Das ist kein Arbeitszimmer, insb. Zugang von Außen und Mitarbeiter- und Kundenbesuch sind Anzeichen, dass es an der Einbindung der Räumlichkeiten in die häusliche Sphäre fehlt. Ergo: Soweit Aufwendungen nicht Drittaufwand sind, voller Abzug als BA. Ggf sogar keine Beschränkung der Fahrtkosten zum Hauptbüro auf Entfernungspauschale, da Fahrten zwischen Betriebsstätten.


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - phönix - 19.11.2012 23:06

ganz eindeutig Rechtsauffassung wie showbee, habe ich letztens in einer Mandantensache völlig analog so vertreten und auch vom FA akzeptiert bekommen.


AW: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - Stadtkatze - 20.11.2012 07:44

Ich sehe das auch so. Es mangelt für die Qualifizierung als AZ an der Verbindung zur Wohnung. ...und jetzt wieder: Ich weiß, dass dazu irgendwo etwas steht. Kann aber wieder einmal nicht nachschauen, ich habe nur mein Handy zur Verfügung. Alle anderen Medien sind weit weg.


Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - showbee - 20.11.2012 08:13

Da gibt's allerhand Rspr. In 2,5h kann ich was raussuchen...


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - Meandor - 20.11.2012 08:21

Es ist eindeutig ein Arbeitszimmer, aber kein häusliches Arbeitszimmer, da es nicht in die häusliche Sphäre eingebunden ist, sondern einen klar abgetrennten Bereich darstellt.

Je nach Größe bzw. Anteil muss es jedoch als Betriebsvermögen behandelt werden.


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - blind**** - 20.11.2012 09:18

Guten Morgen,

interessante Antworten !!! Leider sieht der Prüfer und auch die Rechtsbehelfsstelle das Ganze etwas anders. Aber der Reihe nach:

Die BP hat bei der ESt 2008 und 2009 die Raumkosten für das Kellerbüro komplett gestrichen. Ich habe dann Einspruch eingelegt (auch Einspruch gegen Ablehnung AdV). Ich habe z.B. folgendes geschrieben:

Zitat:Die Büroräume stellten einen von den Wohnräumen völlig abgegrenzten Bereich dar. Es existierte diesbezüglich auch ein seperater Zugang. Die räumliche Integration des Büros in die Wohnung war somit nicht gegeben. Der Mandant führte bereits aus, dass in ... zeitweise bzw. je nach Bedarf eine Arbeitnehmerin beschäftigt wurde (u.a. zur telefonischen Terminabsprache, Schriftverkehr usw.). Die Büroräume waren nach außen durch Anbringung einer entsprechenden Werbung für die Kunden kenntlich gemacht. Es fanden regelmäßig Kundengespräche statt. Die Räume waren betriebsspezifisch ausgestattet.

Die Bürokosten i.H.v. .....EUR (s. Tz. 9 des Prüfungsberichts vom ...) sind als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die BFH-Urteile vom 13.07.1989 (IV R 55/88) und vom 18.09.1991 (XI R 34/90) und auf die Kommentierung in Herrmann/ Heuer (zu § 4 EStG, Tz. 1512) verweisen.
und

Zitat:In Ergänzung meiner früheren Ausführungen möchte ich auf weitere Rechtssprechung hinweisen, die die obige Auffassung ebenfalls bestätigen. Zum einen können Sie dem BMF-Schreiben vom 02.03.2011 unter Tz. 5 „Beispiele“ entnehmen, dass in ähnlich gelagerten Fällen der betrieblichen Grundstücksnutzung von Ärzten, Steuerberatern und Anwälten steuerlich Betriebsstätten und damit unbegrenzt abziehbare Betriebsausgaben angenommen werden (BFH v. 05.12.2002 Az. IV R 7/01 und 23.01.2003 Az. IV R 71/00). Zum anderen sind auch nach BFH vom 28.08.2003 (Az. IV 53/01) z.B. Räume eines Tonstudios, selbst wenn sie mit dem Wohnbereich des Steuerpflichtigen räumlich verbunden wären, nicht als Arbeitszimmer einzustufen.

Die Antwort des FA (zunächst nur Einspruchsentscheidung bzgl. Einspruch gegen Ablehnung der ADV) habe ich als Anlage beigefügt.


Ergebnis des FA:

Es liegt ein Arbeitszimmer und keine Betriebsstätte vor. Nach FG Köln v. 26.06.00 und FG Nürnberg v. 04.10.01 befindet sich der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Vers.vertreters im Außendienst-> somit schon kein unbegrenzter BA-Abzug. Außerdem existiert weiterer Arbeitsplatz im Hauptbüro-> somit 0% BA-Abzug !!!

Ich verstehe nun die Welt nicht mehr und habe dem Mandanten geraten, zu klagen (zumal Deckungszusage der Rechtschutz vorliegt !). Der Mandanten scheut aber weitere Kosten (Selbstbeteiligung Vers. 150,- EUR+ meine außergerichtlichen Gebühren) und zweifelt.

Wie stellt sich die Rechtslage wirklich dar ?


Schöne Grüße


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - showbee - 20.11.2012 10:46

1. Die Verbindungstür zur Wohnung ist misslich. War die wenigstens von innen abschließbar? Warum heißt es hier, die Verbindung zu den anderen privaten Kellerräumen sei prägend?

2. Die Infos zur Ausstattung (ist arbeitszimmertypisch) ist ja quatsch, weil ein Versicherungsvertreter nunmal nicht mehr braucht als einen Tisch, Computer und Telefon. Das ist hier die schwächste Argumentation des FA.

3. Personaleinsatz: Das kann nur der Stpfl. bewerten, insb. die Frage ob die Aushilfe vor dem FG als Zeugin aussagen könnte (Falschaussage ist Straftat!), dass sie x% tatsächlich dort gearbeitet ist. Ich hoffe die Aushilfe ist nicht nur die Ehefrau/Tochter?! Nur die Höhe der Löhne ist ja nicht aussagekräftig, sondern nur Indiz. Genauso könnte bspw. ein Terminkalender ein Indiz sein, aus dem sich das Verhältnis der Kundenbesuche in den beiden Räumen ergibt (nur die Abstellung auf "Dorf" ist etwas mau).

4. Ich sehe nur die Begründung zur Ablehung AdV, also noch kein Grund zu klagen. Ggf kann man hier im Einspruchsverfahren noch ergänzend vortragen, wenn die Einspruchsentscheidung noch nicht vorliegt. Insbesondere kennt auch die AO den Zeugenbeweis, also ggf. macht auch § 364a hier Sinn (Anfragen!).


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - tosch - 20.11.2012 10:47

(20.11.2012 09:18)blindworm schrieb:  Wie stellt sich die Rechtslage wirklich dar ?
Was nützt Dir eine Antwort, wenn ein Finanzrichter dann doch anderer Ansicht ist? Wink Big Grin


Genial finde ich die Begründung des Finanzamts.
Danach entspricht vermutlich jedes Büro dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers Rolleyes

Oder umgekehrt: wäre es nicht so ausgestattet, würde man dann über Büroeigenschaft diskutieren?


Die Mandatin hätte doch Aufzeichnungen über berufliche Termine sowie eine Aufstellung über die im streitigen Büro abgeleistete Arbeitszeit der Aushilfe vorlegen können. War ihr zu viel Arbeit? Oder gab es nichts vorzulegen?

(20.11.2012 09:18)blindworm schrieb:  Der Mandanten scheut aber weitere Kosten (Selbstbeteiligung Vers. 150,- EUR+ meine außergerichtlichen Gebühren) und zweifelt.
Vielleicht mit gutem Grund Wink


RE: Berücksichtigung des Büro eines Versicherungsvertreters - blind**** - 20.11.2012 11:04

Zitat:War die wenigstens von innen abschließbar?

Kann das ausschlagebend sein ? Den Kunden war diese Tür als Zugang zum Büro nicht bekannt. Die Außenwerbung, Schild mit Öffnungszeiten usw. waren nur an dem seperaten Zugang angebracht.

Zitat:Warum heißt es hier, die Verbindung zu den anderen privaten Kellerräumen sei prägend ?

Das frage ich mich auch.

Zitat:Ich hoffe die Aushilfe ist nicht nur die Ehefrau/Tochter?!

Nein zum Glück nicht. Es handelt sich um eine fremde Dritte.
Ist der zeitliche Umfang der Nutzung des Büros durch die Arbeitskraft so entscheidend ? Genügt es vielmehr denn nicht, dass die Möglichkeit der Nutzung bestand ?

Zitat:Ich sehe nur die Begründung zur Ablehung AdV, also noch kein Grund zu klagen.

Die Mitarbeiterin der Rechtbehelfstelle des FA teilte mir bereits mündlich mit, dass demnächst auch mit der Einspruchsentscheidung in der Hauptsache zu rechnen ist (mit analoger Begründung). Sie wollte nur kurz abwarten, ob noch wesentlich Neues vorgebracht wird. Das Problem Unterscheidung Arbeitzimmer/ Betriebsstätte stellt sich laut deren Aussage aber generell nicht mehr.

Zitat:Die Mandatin hätte doch Aufzeichnungen über berufliche Termine sowie eine Aufstellung über die im streitigen Büro abgeleistete Arbeitszeit der Aushilfe vorlegen können.

Das wird vom FA komplett ausgeblendet.

Zitat:Der Mandanten scheut aber weitere Kosten

Nicht weil es kein Büro gab oder eine andere Nutzung tatsächlich stattfand. Zur Zeit muss sich der Ehemann (ebenfalls Unternehmer) wegen eines Bauantrags mit der Gemeinde streiten. Da fehlen langsam die Nerven.


Gruß