Steuerberater

Normale Version: Anpassung Vorauszahlungen - Mitwirkungspflicht
Sie sehen gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2 3
Hallo,

ich schließe mich da inhaltlich den Ausführungen hinsichtlich § 370 AO an. Der kann für die ESt-VZ nicht gelten ist aber sehr wohl für die USt-VA anwendbar, da die Pflicht hier beim Steuerpflichtigen liegt.

§ 37 EStG sieht vor, dass ESt-VZ grundsätzlich zu den genannten Terminen zu leisten sind. Dies auf die Steuererhebungsbeiträge nach § 36 EStG, soweit nicht ein Steuerabzug nach § 38 EStG vorgenommen wird.

Der Gesetzgeber wollte hier die übrigen, nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegende Einkunftsarten eben diesen gleichstellen. Es soll keine Bevorzugung zwischen Arbeitnehmern und anderen Erwerbseinkunftsarten geben.

Festgesetzt werden die VZ durch einen Vorauszahlungsbescheid. Die VZ bemessen sich grundsätzlich nach der ESt, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat (Steuerabzugsbeträge mal außen vor).

Das FA kann die Vorauszahlungen anpassen, muss aber nicht. Wünscht das FA die Vorauszahlungen zu erhöhen, so trägt es die Nachweislast; wünscht der Steuerpflichtige die Vorauszahlungen herabzusetzen, so trägt er die Nachweislast.

Ein erhöhtes Vorauszahlungssoll bei der USt kann ein solcher Nachweis sein, ist aber relativ ungeeignet, da aus der Ermittlung einer umsatzsteuerlichen Zahllast keine ertragsteuerlichen Erkenntnisse zu gewinnen sind.
Daran ändert sich, nach meiner Meinung auch nichts, wenn die Erhöhung der ustlichen Zahllast auf steigende Umsätze zurückzuführen ist.

Allerdings ist die Finanzverwaltung hier in einer schwierigen Situation. Die Anmeldung höherer Umsätze ist ein Indiz für einen erhöhten Gewinn im laufenden Veranlagungszeitraum. Der Untersuchungsgrundsatz gebietet dem FA nun die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs des Steuerpflichtigen. Denn dieser hat nun die Nachweislast, dem FA zu erläutern, dass den erhöhten Umsätzen auch entsprechende Betriebsausgaben gegenüberstehen.

Die Problematik trifft doch nur diejenigen Einkunftsarten, die umsatzsteuerlich erfasst sind. Hier hat das FA unterjährig Informationen zur Hand, die Indiz für eine Anpassung der ESt-VZ sein können. Dies ist z.B. bei Vermietungseinkünften oder sonstigen Einkünften überhaupt nicht gegeben. Hier könnte der Steuerpflichtige Einkünfte in Millionenhöhe haben, ohne dass das FA dies zunächst erfahren würde. Erst mit der erfolgten Veranlagung hätte es eine Grundlage für die zukünftige Festsetzung von Vorauszahlungen ab dem veranlagten Zeitraum.

Der Hinweis auf § 90 Abs. 1 AO ist unter diesen Gesichtspunkten richtig.

In der Praxis sähe das Ganze dann so aus:

FA hat Erkenntnisse über höhere Umsätze und schlussfolgert einen höheren Gewinn und somit höhere Steuerfestsetzung für den laufenden Veranlagungszeitraum.
FA will Vorauszahlungen nach oben anpassen und gibt dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit sich zu äußern (rechtliches Gehör). Es weist auf § 90 Abs. 1 AO hin, da lediglich der Steuerpflichtige Angaben dazu machen kann, ob durch erhöhten BA-Abzug der Gewinn nicht parallel zu den Umsätzen steigt.
Steuerpflichtiger weist entweder nach - dann VZ wie gehabt oder sogar herabgesetzt; Steuerpflichtiger rührt sich nicht - dann Anpassung der VZ nach oben durch geänderten VZ-Bescheid.
Ist der Steuerpflichtige nun nicht einverstanden, muss er einen Antrag auf Anpassung stellen (nach amtlichem Vordruck? - ist das noch so?) und trägt die Nachweislast für sein Herabsetzungsbegehren.

Man kann es drehen und wenden wie man möchte, ohne entsprechende Mitwirkung des Steuerpflichtigen wird es zu einer Erhöhung der VZ kommen.

Aus Sicht der Steuersystematik und Steuergerechtigkeit auch sinnig und richtig.
@showbee

ich bin bei meiner antworten ausgegangen, dass hier Fragen unter Berufskollegen gestellt werden - und da ist ja der 31.5. nicht der Termin! Es geht um vorzeitige Anforderungen zum 31.8. und 30.11.!

Gruß Ulrike
ulrike schrieb:@showbee: ich bin bei meiner antworten ausgegangen, dass hier Fragen unter Berufskollegen gestellt werden - und da ist ja der 31.5. nicht der Termin! Es geht um vorzeitige Anforderungen zum 31.8. und 30.11.!

Hallo,
der gesetzliche Termin für die ESt-Abgabe nebst Gewinnermittlung ist und bleibt der 31.5. des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 S. 1 AO). Erst zu diesem Zeitpunkt kann das FA die Bilanz/GuV verlangen (§ 60 Abs. 1 EStDV). Insoweit kann also eine VZ Festsetzung im LAUFENDEN Jahr nie mit einer Abgabepflicht bezüglich vorläufiger GuV o.ä. durchgesetzt werden. Es ging im Sachverhalt nicht um nachträgliche Erhöhung der EStVZ!
Gruß, showbee
Danke für die Antworten soweit.

Mein Mandant gehört zu den "charakterfesten".
Die (am Ende noch höhere) Nachzahlung ist bekannt, das Geld angelegt. Müsste jetzt mit Verlust flüssig gemacht werden.
Hallo,

ich hole mal diesen Uralt-Thread hervor.

Wir haben jetzt für das Jahr 2016 ein genauso gelagertes Schreiben wie im ursprünglichen SV erhalten.

Vorauszahlungen bisher keine - da Verluste. In 2016 wird trotz Verlustverrechnung ein erhebliches zvE herauskommen.

FA fragt nach wegen Anpassung der VZ 2016 - würde aber nur ein Drittel des zvE´s annehmen.

Müssen wir aus strafrechtlicher Sicht einen Hinweis auf deutlich höheres zu erwartendes zvE geben? Hat sich eure Meinung hierzu geändert? Stichwort § 90 (1) AO.
Mein Favorit dazu:
Der Jahresabschluss / die EÜR für 2016 wurde noch nicht erstellt, nach Rücksprache stimmt mein Mandant der Erhöhung der Vorauszahlungen auf der vorgeschlagenen Basis zu.

Welches Ergebnis ist denn zu erwarten? Rückstellungen, Wertberichtigungen, Sonderabschreibungen, IAB´s ... können es noch erheblich verändern.
Ich glaube kaum, dass einem mit der einfachen Bestätigung, dass die VZ wie vorgeschlagen erhöht werden dürfen, ein Vorsatz hinsichtlich Hinterziehung von ESt-VZ unterstellt werden kann.

Und § 90 Abs. 1 (Tatsachen offenlegen) kann mir nicht vorschreiben, für Zwecke der Vorauszahlung Zeit für irgendwelche Berechnungen aufzuwenden, die sich aus dem Jahresabschluss ergeben.
Die Mitwirkung bezieht sich m.E. bei einem Vorschlag des Finanzamts lediglich auf Zustimmen oder ablehnen.
Zitat:Eine Berichtigungspflicht besteht nicht, wenn das Finanzamt im Zuge der Gewährung rechtlichen Gehörs auf die beabsichtigte Anpassung der Vorauszahlungen hinweist, dabei von zu niedrigen Besteuerungsgrundlagen ausgeht und der/die Steuerpflichtige die nachfolgende Steuerfestsetzung stillschweigend hinnimmt.



Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt in diesem Zusammenhang auf die Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 AO hinweist. Ein solcher allgemeiner Hinweis stellt keine Regelung dar und löst keine Erklärungspflicht aus, die ihrerseits eine Korrekturpflicht aus § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO zur Folge hätte.
(Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, 01.12.1994, S 0324, FMNR781400094)

Wenn man nix macht, kann einem später also auch keiner was Wink
Es gibt aber auch diese Anweisung:

Zitat:- Fordert das Finanzamt dazu auf, konkrete Angaben über die Einkommensentwicklung und –erwartung für das laufende Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) zu machen, so besteht nach § 90 Abs. 1 Satz 2 AO die Verpflichtung, alle für die Steuerfestsetzung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen zu legen und die bekannten Beweismittel anzugeben. Wird dem unter Angabe der voraussichtlich erwarteten Einkünfte Folge geleistet, liegt eine Erklärung i.S.d. § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Beruht diese Erklärung auf objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben, besteht eine Berichtigungspflicht, wenn der Steuerpflichtige diese Unrichtigkeit nachträglich erkennt.
– Wird der Aufforderung des Finanzamts zur Abgabe vollständiger und wahrheitsgemäßer Angaben keine Folge geleistet und eine sich als zu niedrig erweisende Schätzung hingenommen, besteht eine Berichtigungspflicht, weil die nach § 90 Abs. 1 AO gebotene Mitwirkung unterlassen worden ist.


OFD Münster Verfügung vom 04.07.1994, DStR 1994, 1235
(13.04.2017 08:32)showbee schrieb: [ -> ]Es gibt aber auch diese Anweisung:

Zitat:– Wird der Aufforderung des Finanzamts zur Abgabe vollständiger und wahrheitsgemäßer Angaben keine Folge geleistet ...
Eine Aufforderung zur Abgabe konkreter Zahlen habe ich noch nie gesehen.
Bisher stets (sinngemäß):
Aufgrund gestiegener Umsätze beabsichtige ich, die Vorauszahlungen anzupassen wie folgt: Gewinn xxx,--
Frist zur Stellungnahme: 1 Monat

akzeptiert, abgelegt und irgendwann die Steuererklärung eingereicht.
Das ist keine Aufforderung zur Erklärung des voraussichtlichen Gewinns.
Da bin ich ganz auf Seiten der von Kiharu zitierten OFD Münster.

Und werde berechtigte Erhöhungen stets stillschweigend erdulden. Smile
Zitat:Fordert das Finanzamt dazu auf, konkrete Angaben über die Einkommensentwicklung und -erwartung für das laufende Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) zu machen, so besteht nach § 90 Abs. 1 Satz 2 AO die Verpflichtung, alle für die Steuerfestsetzung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die bekannten Beweismittel anzugeben. Wird dem unter Angabe der voraussichtlich erwarteten Einkünfte Folge geleistet, liegt eine Erklärung i.S. des § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Beruht diese Erklärung auf objektiv unrichtigen oder unvollständigen Angaben, besteht eine Berichtigungspflicht, wenn der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit nachträglich erkennt.
(Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, 01.12.1994, S 0324, FMNR781400094)

Das ist der entsprechende Passus aus der vom mir zitierten Verfügung. Entspricht also dem von @showbee

Aber wie Tosch schon schrieb, ging es sowohl in der Ausgangsfrage als auch wohl jetzt um diesen allgemeinen Schriebs, der zuhauf von den Finanzämtern versandt wird. Dort wird jedenfalls nicht nach konkreten Angaben gefragt.
Seiten: 1 2 3
Referenz-URLs