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Normale Version: Neuregelung § 10 EStG ab 2010!
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Das BVerfG fordert zur Neuregelung des Sonderausgaben-Vorsorgeaufwendungen-abzugs auf.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/e...00106.html

Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2008 - 2 BvL 1/06
Hab ich das richtig verstanden, dass dieses Urteil keine Auswirkungen hat auf die Veranlagungszeiträume bis 2009?
Kann also jede Regierung ein Steuergesetz erlassen, von dem es weiß, dass es gegen die Grundrechte verstößt und dabei genau wissen, dass es wenn überhaupt ja sowieso nur irgendwann mal in der Zukunft geändert werden muss?
Kann sowas bei der Entfernungspauschale auch passieren? Trotz vorläufigkeit?
Habe ich da vielleicht etwas falsch verstanden?

Gruß
Buchi
Hallo Buchi,

genau das hast du richtig erkannt. Insoweit ist es m.E. dumm und fahrlässig seinen Mandanten mögliche Erstattungen vorzuschwelgen. Das BVerfG wird einen Teufel tun und die Pauschalenkürzung rückwirkend aberkennen. Es ist insgesamt ein sehr interessanten (verfassungsrechtliches) Problem. Bei der Entfernungspauschale ergibt sich das insbesondere wenn man bedenkt, dass eine Nichtigkeitsaussprechung des BVerfG (bzgl. der 20km Begrenzung und nur diese ist ja zweifelhaft) dazu führt, dass auch Diejenigen Steuerpflichtigen ohne Aufwand (Fußgänger 3km) wieder einen "fiktiven Aufwand" ansetzen können. Insoweit würde als das BVerfG enorm in Richtung "judicial-activism" schwenken und dem Gesetzgeber einen Bärendienst erweisen, könnte er ja nicht einfach zurück. Insoweit muss m.E. schon das BVerfG aus diesem Grund den Kelch an den Gesetzgeber zurückgeben (so geschieht es in aller Regel bei Verfassungsverstößen gegen den Gleichheitssatz). Dann wird in aller Regel auch eine Übergangsfrist gewährt.

Wer also den Mandanten erzählt die Chancen auf nachträgliche Erstattungen stünden nun bei 50:50 der liegt falsch. Die Chancen liegen wohl er bei 1:99. Für die Zukunft nach Urteil sieht das erst nach 50:50 aus.

Mfg
showbee
ich denke, dass bei der Entfernungspauschale eine rückwirkende Verfassungswidrigkeit festgestellt werden wird. Die haushaltsrechtlichen Auswirkungen sind für den Gesetzgeber kalkulierbar. Die Regelung gibts auch erst seit 2007. Anders die Sache mit den KK-Beiträgen: das wurde schon immer so gemacht, da dürfte es ok sein, wenn dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist eingeräumt wird.
Ich muss schon sagen, was derzeit an Urteilen kommt, ist richtig üppig. Erst der Soli, dann das Haushaltsbegleitgesetz 2004 und nun noch KK-Beiträge. Die sind echt fleissig.

Das Ergebnis hinsichtlich der KK-Beiträge überrascht mich nicht. In den allermeisten Fällen wird der Gesetzgeber zur Neuregelung aufgefordert. Ähnliches erwarte auch ich bei der Entfernungspauschale.
Hallo,

hinsichtlich der Entfernungspauschale sehe ich dies schon ein wenig anders.

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass seine Gesetzesänderung nicht verfassungskonform ist und hat in der Gesamtheit zugelassen, dass die Entfernungspauschale nach alter Gesetzeslage steuerlich geltend gemacht werden kann.

Auch spricht der Zeitraum zwischen Inkrafttreten des Gesetzes und Urteil durch das Gericht dafür, dass es nicht zu einer fristsetzenden Aufforderung der Änderung des Gesetzes kommt, sondern zur Feststellung der rückwirkenden Verfassungswidrigkeit.

Der Gesetzgeber hat seine Hausaufgaben sogar schon soweit gemacht, dass die eingeplanten Mehreinnahmen durch die Änderung der Entfernungspauschale in seinem Haushalt gar keine Berücksichtigung mehr finden. Denn schließlich wird der Haushalt ja nicht zusätzlich belastet, sondern die geplanten Steuereinnahmen sind lediglich gemindert. Und dies in einem Rahmen, der ohnehin als Risikospielraum in den Haushaltsentwürfen des Gesetzgebers berücksichtigt sind.
Angesichts des Steuerplus der letzen beiden Jahre wohl auch eine durchaus zu verschmerzende Mindereinnahme.


Im übrigen bin ich der Meinung, dass dem Gesetzgeber mit seiner zunehmenden verfassungsfeindlichen Gesetzgebung auch einmal Einhalt gewährt werden muss.
Schließlich haben die Verfassungsrichter zunehmend zu ihren Urteilen angemerkt, dass sie nicht die Aufgaben der Politik zu übernehmen hätten. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich seiner Gesetzesbeschlüsse die Pflicht, die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zu prüfen.
Nicht umsonst wurde noch nie bei so vielen Gesetzen die Unterschrift durch den Bundespräsidenten versagt.

Der Gesetzgeber sollte sich auf seine Aufgaben besinnen und dort sorgfältig und vernünftig arbeiten. Nur so verschafft man sich auch ein entsprechendes Vertrauensprofil in der Bevölkerung und kommt zu politisch handlungsfähigen Mehrheiten.
zaunkönig schrieb:(...)
Im übrigen bin ich der Meinung, dass dem Gesetzgeber mit seiner zunehmenden verfassungsfeindlichen Gesetzgebung auch einmal Einhalt gewährt werden muss.
(...)


Hi Zaunkönig,

dann erkläre mir die Verfassungsfeindlichkeit in Hinsicht auf Streichung der EP bezüglich Fußgängern etc. die keinerlei Kosten haben. Hier wird dir das verfassungsrechtliche (???) Subprinzip der subjektiven Leistungsfähigkeit nicht helfen. Der Staat ist nicht verpflichtet fiktiven Aufwand zum Abzug zuzulassen. Insoweit ist zumindest in dieser Hinsicht die Normierung durch den Gesetzgeber i.O.

mfg

showbee


p.s. die Verweigerungen des Bundespräsidenten sind sachlich ganz anders gelagert gewesen: zum einen der Fall mit dem Luftsicherheitsgesetz, hier ließ sich tatsächlich streiten ob ok oder nicht (sh. dazu einfach mal juris zum Stichwort), insoweit hat sich der BPrä auch sehr weit aus dem Fenster gelehnt. Im anderen Fall hat der Gesetzgeber einfach schlampig gearbeitet und die neuen Kompetenzregelungen nach der Föderalismusreform I nicht beachtet und einfach den alten Gesetzentwurf vor GG-Änderung auch nach der GG-Änderung durchgewunken. Es kann also nicht von Verfassungsfeindlichkeit, vielmehr von Schlamperei gesprochen werden.
naja, die Regierung hatte mit der Entfernungspauschale eine Typisierung vorgenommen, die völlig ungleiche Sachverhalte gleich behandelt. Insofern war die Regelung vor Einführung der Entfernungspauschale gerechter.

Aber die völlige Streichung der ersten 20 km (begründet mit Abbau von Subventionierung) ist wieder eine Typisierung, die völlig ungleiche Sachverhalte ungleich behandelt. Deshalb muss diese Regelung weg.

Ich plädiere für die Rückkehr zu dem Rechtszustand vor Einführung der Entfernungspauschale.
Vorwitzig schrieb:Ich plädiere für die Rückkehr zu dem Rechtszustand vor Einführung der Entfernungspauschale.


wäre ich auch dafür!
Wird so aber m.E. nicht passieren. Hier eine Diskussion dazu.
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