Steuerberater

Normale Version: außergewöhnliche Belastungen
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Mit Urteil vom 19. April 2017 (Az. 11 K 11327/16) hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass krankheitsbedingte Aufwendungen, die ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger selbst trägt, um sich eine Beitragsrückerstattung seines Krankenversicherers zu erhalten, weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden können.

Ich finde die Begründung des FG nicht gelungen. Wenn ich krank bin, entstehen zwangsläufig Kosten, ob ich die nun zahle oder die KK kann doch egal sein. Jeder der wirtschaftlich denkt ist hier der gelackmeierte. So kassiert der Staat doppelt, Minderung der SA durch die Beitragsrückerstattung und keinen Ansatz der selbst getragenen Arztrechnungen. Sad
(10.10.2017 08:44)tolledeu schrieb: [ -> ]Ich finde die Begründung des FG nicht gelungen. Wenn ich krank bin, entstehen zwangsläufig Kosten, ob ich die nun zahle oder die KK kann doch egal sein. Jeder der wirtschaftlich denkt ist hier der gelackmeierte. So kassiert der Staat doppelt, Minderung der SA durch die Beitragsrückerstattung und keinen Ansatz der selbst getragenen Arztrechnungen. Sad
Der Stpfl. hatte die Wahl: er hätte sich ja die Kosten erstatten lassen und auf die Beitragsrückerstattung verzichten können.

So will Stpfl. das doppelte: Beitragsrückerstattung und Steuervorteil durch a.g. Belastung. Dabei ist er tatsächlich gar nicht belastet: er erhält ja die Rückerstattung.
Der Stpfl. hat sicherlich wirtschaftlich gedacht und sich ausgerechnet, was für ihn günstiger ist Smile
(10.10.2017 09:30)tosch schrieb: [ -> ]Der Stpfl. hatte die Wahl: er hätte sich ja die Kosten erstatten lassen und auf die Beitragsrückerstattung verzichten können.

So will Stpfl. das doppelte: Beitragsrückerstattung und Steuervorteil durch a.g. Belastung. Dabei ist er tatsächlich gar nicht belastet: er erhält ja die Rückerstattung.
Der Stpfl. hat sicherlich wirtschaftlich gedacht und sich ausgerechnet, was für ihn günstiger ist Smile

Das passt für mich nicht. Natürlich hat er eine Wahl, aber jetzt versteuert er die Beitragsrückerstattung zahlt z.B. 1.000,- € Arzt und kann diese nicht ansetzen. Wo liegt da er will beides, er bekommt gar nichts, und dass halte ich für nicht richtig.

Würde er die Kosten einreichen, hätte er keinen Aufwand in den agwBl. aber höhere SA weil keine Rückerstattung:

Bsp. A Er zahlt 400,- €p.M. KK ergibt 4.800,- im Jahr mit einer Selbstbeteiligung von 500,- €. Er hat Arztrechnung von 1000,- und reicht diese der KK ein. Er bekommt 500,- erstattet. In seiner Steuer setzt er 4.800,- Vorsorgeaufwand und 500,- agwBl. an. Tatsächlicher Aufwand in der Steuererklärung 5.300 € , Auswirkung auf die Steuer wahrscheinlich nur die SA in Höhe von 4.800 €.

Bsp.B: Wie A nur zahlt er die 1000,- € Arzt selbst und bekommt dafür eine Beitragsrückerstattung von 2 Monatsbeiträgen, also 800,- €. Sein Aufwand beträgt 5000,- €. Steuerlich abzugsfähig sind aber nur 4.000,- SA. Er bekommt nicht einmal den vertraglichen Selbstbehalt.

Wo @tosch siehst Du einen Vorteil für den Steuerpflichtigen.
(10.10.2017 10:04)tolledeu schrieb: [ -> ]Würde er die Kosten einreichen, hätte er keinen Aufwand in den agwBl. aber höhere SA weil keine Rückerstattung:
Geht es nicht genau darum bei den a.g. Belastungen? Dass nur die Kosten begünstigt sind, die den Stpfl. wirklich außergewöhnlich belasten. Was hier ja gerade nicht der Fall ist, wenn er diese lieber selber bezahlt. Die a.g. sollen doch Belastungen abdecken, die den Stpfl. sonst in Not bringen. Das trifft aber nicht zu, wenn er sich dagegen absichern kann. Oder die Absicherung nicht in Anspruch nimmt.

(10.10.2017 10:04)tolledeu schrieb: [ -> ]Bsp.B: Wie A nur zahlt er die 1000,- € Arzt selbst und bekommt dafür eine Beitragsrückerstattung von 2 Monatsbeiträgen, also 800,- €. Sein Aufwand beträgt 5000,- €. Steuerlich abzugsfähig sind aber nur 4.000,- SA. Er bekommt nicht einmal den vertraglichen Selbstbehalt.
Wie oben schon geschrieben: wenn jemand 1.000 Kosten hat und sich statt dieser Kosten lieber 800 von seiner KK als Beitragsrückerstattung holt, halte ich ihn nicht für außergewöhnlich belastet.
Sondern eher wohl für einen schlechten Rechner. Rolleyes

Du hast sicherlich recht mit der steuerlichen Seite, die zu ungünstigeren Ergebnissen führen kann, aber diese Wahl liegt beim Stpfl. selber. Oder seinem Berater.
(10.10.2017 13:29)tosch schrieb: [ -> ]Wie oben schon geschrieben: wenn jemand 1.000 Kosten hat und sich statt dieser Kosten lieber 800 von seiner KK als Beitragsrückerstattung holt, halte ich ihn nicht für außergewöhnlich belastet.
Sondern eher wohl für einen schlechten Rechner. Rolleyes

Du hast sicherlich recht mit der steuerlichen Seite, die zu ungünstigeren Ergebnissen führen kann, aber diese Wahl liegt beim Stpfl. selber. Oder seinem Berater.

Das würde ich so einsehen, wenn es praktisch so wäre. Ist es doch aber nicht, 1.000,- Arztkosten sind agw., 800,- Beitragserstattung aber Minderung der SA. Also Äpfel und Birnen, die Du vergleichst. Einigermaßen sachgerecht würde ich es noch empfinden, wenn zumindest der Selbstbehalt als agw. anerkannt würde, denn den muss ich in beiden Fällen bezahlen.

Darüber hinaus sehe ich ein weiteres Problem. Ich als Berater muss jetzt alle Versicherungsverträge inhaltlich prüfen, welche Leistungen bezahlt werden und welche nicht. In vielen Verträgen werden bestimmte Leistungen ausgeschlossen, weil nicht bezahlbar. Wenn also ein Mandant seine Implantate mit 12.000,- € selber bezahlt weil nicht versichert, wird er diese auch nicht seiner Versicherung einreichen. Leider kann er sie aber auch nicht mehr steuerlich absetzen, er ist ja nicht belastet. Somit werde ich allen Mandanten raten müssen alle Kosten ob versichert oder nicht der KK einzureichen und mit einem Negativbescheid der KK die Kosten dem FA vorlegen. Das kann für mich nicht im Sinne des Erfinders sein.....
(10.10.2017 15:25)tolledeu schrieb: [ -> ]Das würde ich so einsehen, wenn es praktisch so wäre. Ist es doch aber nicht, 1.000,- Arztkosten sind agw., 800,- Beitragserstattung aber Minderung der SA. Also Äpfel und Birnen, die Du vergleichst.
Du ignorierst, dass beim vorgesehenen Ablauf - der Stpfl. lässt die Kosten von der dafür zuständigen KV bezahlen - gar keine a.g. Belastungen vorliegen.
Wenn der Stpfl. sich die Kosten erstatten läßt, hat er
1. € 1.000 mehr in der Tasche (abzgl. Beitragserstattung bleiben € 200)
2. plus den steuerlichen Vorteil aus höheren KV-Beiträgen aufgrund keiner Beitragserstattung


(10.10.2017 15:25)tolledeu schrieb: [ -> ]Einigermaßen sachgerecht würde ich es noch empfinden, wenn zumindest der Selbstbehalt als agw. anerkannt würde, denn den muss ich in beiden Fällen bezahlen.
Wird er doch:
https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin...n&nr=33850

soweit er die zumutbare Belastung übersteigt.

(10.10.2017 15:25)tolledeu schrieb: [ -> ]In vielen Verträgen werden bestimmte Leistungen ausgeschlossen, weil nicht bezahlbar. Wenn also ein Mandant seine Implantate mit 12.000,- € selber bezahlt weil nicht versichert, wird er diese auch nicht seiner Versicherung einreichen. Leider kann er sie aber auch nicht mehr steuerlich absetzen, er ist ja nicht belastet.
Selbstverständlich kann er die Implantate steuerlich geltend machen, da das ärztliche Leistungen sind.
Also der Fall vom FG hat ein paar Besonderheiten: Der Kl hatte selbst getragene Arztkosten iHv 4.248€ um eine BRE iHv 1.808€ zu erlangen. Das FG schreibt deshalb
Zitat:Im Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kl. zum Zwecke der Erlangung der Rückerstattung aufgewandten Beträge ein Mehrfaches des letztlich damit „erkauften“ Rückerstattungsbetrags ausmachen; der Verzicht auf eine Geltendmachung der Kosten beim Versicherer war damit nicht einmal wirtschaftlich nachvollziehbar.
Vermutlich hat der Stpfl irgendwelche Fristen bei der PKV zur Einreichung der Belege versäumt? Alles andere würde doch keinen Sinn machen, oder?

Ansonsten ist es doch eine Binsenweisheit: Wenn ich auf üblichen Versicherungsschutz verzichte, gibt's kein agB Abzug; bspw bei Sturmschäden am Haus, wenn ich auf Gebäudesachversicherung freiwillig verzichtet habe. Wo soll der qualitative Unterschied zur Entscheidung sein, etwas bei meiner Versicherung nicht geltend zu machen? Und wenn ich fahrlässig vergesse Rng bei der PKV einzureichen, dann ist das eben auch nicht zwangsläufig.
(10.10.2017 21:08)showbee schrieb: [ -> ]Also der Fall vom FG hat ein paar Besonderheiten: Der Kl hatte selbst getragene Arztkosten iHv 4.248€ um eine BRE iHv 1.808€ zu erlangen. Das FG schreibt deshalb
Zitat:Im Streitfall kommt hinzu, dass die vom Kl. zum Zwecke der Erlangung der Rückerstattung aufgewandten Beträge ein Mehrfaches des letztlich damit „erkauften“ Rückerstattungsbetrags ausmachen; der Verzicht auf eine Geltendmachung der Kosten beim Versicherer war damit nicht einmal wirtschaftlich nachvollziehbar.
Vermutlich hat der Stpfl irgendwelche Fristen bei der PKV zur Einreichung der Belege versäumt? Alles andere würde doch keinen Sinn machen, oder?

Wenn ich nur ein Jahr betrachte macht es tatsächlich wenig Sinn. Bei zwei oder 3 Jahren sieht es aber anders aus, wenn der Kl. im Jahr davor und danach keine Arztkosten hätte. Er verliert 1.808,- € und bekommt vielleicht 25% über die Steuer wieder.

Und nein @tosch, entgegen dem BFH-Urteil bekam er hier nicht einmal den Selbstbehalt zuerkannt. Und wie kommst du darauf, dass die Implantate abzugsfähig seien? Die obigen Kosten waren auch ärztliche Leistungen. Wenn ich die Begründung nehme müssten die Kosten auch abgelehnt werden, weil ich sie ja hätte versichern können. Ich empfinde es weiterhin als nicht gerecht, das jemand 4.248,- € an Arztrechnungen bezahlt und als Ergebnis herauskommt, dass er noch 1.808,-€ nachversteuern muss weil sich seine SA verringern. Ich hoffe der BFH kippt das Urteil.

LG Torsten und Danke für euer Feedback....Smile
Die BRE der PKV ist immer an ein Beitragsjahr geknüpft. Die BRE kann m.E. nicht daran geknüpft werden, dass der Stpfl. auch in späteren Jahren keine Rng einreicht.
FG Rheinland-Pfalz, 31.01.2012 - 2 V 1883/11
Amtlicher Leitsatz:

Krankheitskosten bei der Einkommensteuer nicht abzugsfähig, wenn sie zur Wahrung eines Beitragsrückerstattungsanspruchs nicht bei der Krankenversicherung geltend gemacht worden sind.



FG Berlin-Brandenburg, 28.11.2007 2 K 5507/04 B
Amtlicher Leitsatz:

Aufwendungen für Ersatz verlorener Zähne durch Implantate als außergewöhnliche Belastungen: Der dem Kläger von dritter Seite nicht erstattete Teil der Aufwendungen für den Ersatz verlorener Zähne durch Kronen auf implantierten künstlichen Zahnwurzeln "Implantate") kann als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Dass die gesetzliche Krankenversicherung nur die Aufwendungen für herausnehmbare Prothesen bzw. bei fest implantiertem Zahnersatz nur einen kleinen Teil der Kosten übernimmt, schließt den Steuerabzug nicht aus.
(11.10.2017 10:01)showbee schrieb: [ -> ]Die BRE der PKV ist immer an ein Beitragsjahr geknüpft. Die BRE kann m.E. nicht daran geknüpft werden, dass der Stpfl. auch in späteren Jahren keine Rng einreicht.
So hat es gerade ein Mandatenpaar gemacht:
2016 Begutachtung der Zähne
Zahlung von ca. 70 % des Honorars, Rest nach Implantierung in 2017
2017 Einreichung der Belege für 2016 -> die haben eine Erstattung auf die Kosten erhalten UND die BRE für 2016.

Blöd nur, weil EF in 2016 die Auszahlung einer Altersversorgung von T€ 40 erhalten hat und so nach zumutbarer Belastung kaum was zum Steuersparen übrig bleibt. Rolleyes
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