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Normale Version: Änderung der Veranlagungsart: Was stimmt denn nun?
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Ich habe im Haufe Steuer Office folgende Aussagen zu § 26 Absatz 2 EStG gefunden:

Lochte, in Frotscher/Geurts, EStG, § 26 EStG Rz. 85, Stand: 15.02.2012

Nach § 26 Abs. 2 S. 4 EStG i. d. F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 v. 1.11.2011[1] kann die Wahl der Veranlagungsart innerhalb eines Vz nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden. Bis dahin ist die Wahl, die von den Ehegatten durch Angabe in der ESt-Erklärung ausgeübt wird, bindend. Der Gesetzgeber hat die bis Vz 2012 bestehende Möglichkeit zur Ausübung des Wahlrechts ohne Frist und Bindungswirkung bis zur Bestandskraft[2] abgeschafft. Er verfolgt hierdurch das Ziel, erheblichen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, der mit der Ausübung des Wahlrechts verbunden war, etwa die Löschung und der Aufbau von Grunddaten, die Umbuchung von Vorauszahlungen und Kirchensteuerzahlungen sowie manuelle Veranlagungen[3]. Die im Gesetzentwurf ursprünglich verfolgte Zielsetzung, das Veranlagungswahlrecht ab Eingang der Steuererklärung als endgültig bindend zu betrachten[4], wurde aufgegeben[5]. Unter bestimmten, in § 26 Abs. 2 S. 4 Nr. 1 bis 3 EStG aufgeführten Voraussetzungen, die gemeinsam vorliegen müssen, lebt das Wahlrecht der Ehegatten wieder auf, um eine Schlechterstellung von Ehegatten auszuschließen.

oder:
Haufe Steuer Office Kanzlei-Edition Online, Paus, HI2347280, Stand: 03.06.2015:
Das Wahlrecht zwischen verschiedenen Veranlagungsformen kann grundsätzlich nachträglich abweichend ausgeübt werden, solange die Steuerbescheide nicht endgültig und bestandskräftig sind. Der Widerruf der bisherigen Wahl kann auch noch im Einspruchs- und im Klageverfahren erklärt werden, nicht mehr dagegen im Revisionsverfahren vor dem BFH. ...Vor Eintritt der Unanfechtbarkeit gelten für die Frage einer abweichenden Wahl der Veranlagungsart die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung weiter. Leider lässt das Gesetz nicht erkennen, ob für die neuen Beschränkungen bei der Änderung der Wahl die Unanfechtbarkeit eines der beiden Bescheide genügt, falls die Ehegatten zuerst die Ehegatten-Einzelveranlagungen gewählt hatten.

Gesetzestext: § 26 Absatz 2 EStG
Ehegatten werden einzeln veranlagt, wenn einer der Ehegatten die Einzelveranlagung wählt. 2Ehegatten werden zusammen veranlagt, wenn beide Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen. 3Die Wahl wird für den betreffenden Veranlagungszeitraum durch Angabe in der Steuererklärung getroffen. 4Die Wahl der Veranlagungsart innerhalb eines Veranlagungszeitraums kann nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids nur noch geändert werden, wenn

1.
ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, aufgehoben, geändert oder berichtigt wird und
2.
die Änderung der Wahl der Veranlagungsart der zuständigen Finanzbehörde bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder zur Niederschrift erklärt worden ist und
3.
der Unterschiedsbetrag aus der Differenz der festgesetzten Einkommensteuer entsprechend der bisher gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsarten ergeben würde, positiv ist. 2Die Einkommensteuer der einzeln veranlagten Ehegatten ist hierbei zusammenzurechnen.

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Ich verstehe das Gesetz so wie Paus, also Änderung der Veranlagungsart möglich bis zur Bestandskraft eines (oder beider?) Steuerbescheide.

Lt. Frotscher wäre aber bis zur Bestandskraft aufgrund der Bindungswirkung des Antrages auf eine bestimmte Veranlagungsart gar keine Änderung mehr möglich, es sei denn, die Voraussetzungen der Nrn . 1-3 liegen vor. Oder verstehe ich den Frotscher falsch?
Zitat:Ich verstehe das Gesetz so wie Paus, also Änderung der Veranlagungsart möglich bis zur Bestandskraft eines (oder beider?) Steuerbescheide.
Hm, so für sich betrachtet nicht.

Nur wenn ein Steuerbescheid geändert, aufgehoben oder berichtigt wurde, sonst nicht.
Eben, soweit einer der Bescheide der Eheleute geändert, aufgehoben oder berichtigt wird, ist dies nur bestandskraftdurchbrechend möglich (bzw wegen VdN lag gar keine Bestandskraft vor), dann kann auch das WahlR neu ausgeübt werden, solange der Änderungs- bzw Aufhebungsbescheid nicht selbst wieder unanfechtbar ist. Zudem muss auch eine geringere Steuer entstehen.

Bsp: Eheleute werden zunächst getrennt veranlagt, beide Bescheide werden formell bestandskräftig. Nach 2 Jahren ergeht für den EM ein Grundlagenbescheid, wonach dessen Beteiligungseinkünfte aus einer MUSchaft höher sind, also wird sein EStB (FolgeB) geändert. Binnen Monatsfrist können die Ehel nun ZV beantragen, soweit die ESt bei ZV dann günstiger ausfällt.
Aber wieso heißt es dann im Gesetz: "Nach Unanfechtbarkeit ...."? Das macht doch überhaupt keinen Sinn. Das würde ja bedeuten, dass vor Unanfechtbarkeit eine Änderung der Veranlagungsart gar nicht möglich ist und nur nach Unanfechtbarkeit unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen.

Dann wären also die Ausführungen von Paus (= VOR Bestandskraft des bzw. der Steuerbescheide kann die Veranlagungsart jederzeit geändert werden (Anm: ggfls. durch Einreichung geänderter Steuererklärungen)) unzutreffend?
Bis zur Unanfechtbarkeit kann die Wahl natürlich neu ausgeübt werden ohne Angabe von Gründen bzw der Voraussetzung, das eine niedrige Gesamtsteuer iE Eintritt. Also WahlR durch Abgabe der EStE und innerhalb Rechtsbehelfsfrist bzw bis zur Entscheidung über Einspruch/Klage. Nur wenn die ersten Bescheide unanfechtbar sind, benötigt man § 26 Abs 2 Satz 4.
Paus hat Recht. Unanfechtbarkeit = formelle Bestandskraft, die idR (Ausnahme § 164, 165 AO) zugleich materielle Bestandskraft nach sich zieht. Abs 2 Satz 4 bezieht sich deshalb auch auf bestandskraftdurchbrechende Änderungs-, Korrektur- bzw Aufhebungsbescheide.
Genau das wollte ich lesen :-)
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