Steuerberater

Normale Version: Hinterziehungstatbestand?
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Ich habe einen höchst dumm gelaufenen Fall:

eine KG hat im Jahr 2009 einen Vergleich geschlossen und bekommt aus diesem Vergleich Zahlungen für einen in 2009 abgeschlossenen Auftrag. Der Gesamtbetrag befindet sich im mittleren 6stelligen Bereich und die Zahlungen wurden in 2010 und 2011 per Ratenzahlung beglichen.

Unsere Mandantin hat zusätzlich zur KG mehrere Vermietungsobjekte und übermittelt die USt überall selbst. Unglücklicherweise wurde dort die KG wie auch die Vermietungen als IST-Besteuerung gebucht (mangels Wissen).

Der Vorberater hat nun den Abschluss 2009 erstellt und dabei den Vergleich korrekterweise mit USt dem Jahr 2009 zugeordnet. Gleichzeitig wurde die Buchhalterin darauf hingewiesen, die USt-VAs für die jeweiligen Zeiträume der Zahlungseingänge zu korrigieren, da diese Raten beim Eingang keine USt mehr auslösen.

Soweit so gut. Dem FA wurde die Erklärung 2009 zugesandt und die Voranmeldungen 2010 + 2011 wurden berichtigt. Das ganze war dann ein Nullspiel, da die USt ja bereits abgeführt war (in den jeweiligen VAZ 2010+2011) .. Verrechnung und Ende.

Nun haben wir (inzwischen betreuen wir das Mandat) einen Bescheid über Hinterziehungszinsen bekommen. Der volle USt-Betrag wurde ab dem 01.01.2010 - Mitte 2011 verzinst.

Dieses Mandat ist unser grösstes Mandat und ich kenne die Mitarbeiterin dort inzwischen sehr gut. Ich bin mir absolut sicher, dass dies nur aufgrund fehlenden Wissens (Soll-/Istbesteuerung) passiert ist.

Ich hätte das ganze als leichtfertige Verkürzung beurteilt.

Blöd auf jeden Fall.... viele Grüße !
Hallo,

man kann sich jetzt darüber streiten welchen Paragrafen man heranziehen will für die Verzinsung.
Fakt ist, die Finanzverwaltung hat den Zinsanspruch und bescheidet ihn entsprechend.

Wenn es jetzt lediglich bei der Verzinsung bleibt und ansonsten kein weiteres Verfahren angestrengt wird, dann würde ich es einfach gut sein lassen.
Danke für die Aussage ... mal sehen ob es dabei bleibt... und wir verbuchen das unter : "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" Smile
(01.12.2011 09:19)zaunkönig schrieb: [ -> ]man kann sich jetzt dar�ber streiten welchen Paragrafen man heranziehen will f�r die Verzinsung.
Ja kann man. Ich bin nämlich da etwas anderer Meinung. Hinterziehungszinsen sind nur bei Hinterziehung festzusetzen, nicht bei leichtfertiger Steuerverkürzung. Letztere löst über § 233a AO für Nachzahlungen hinaus keine weiteren Zinsen aus. Insofern macht die Unterscheidung für die Verzinsung einen erheblichen Unterschied.

Insofern kann man einen Hinterziehungszinsbescheid durchaus mit dem Argument angreifen, es liege allenfalls leichtfertige Steuerverkürzung vor. Natürlich muss man das argumentativ noch weiter untermauern können, wobei man aber auch den Vorteil hat, dass die Beweislast im letztlich beim FA liegt.

Ich nehme nach der Schilderung an, dass hier im Zweifel eine strafbefreiende Selbstanzeige anzunehmen war, so dass strafrechtlich keine Risiken bestehen, auf die man Rücksicht nehmen müsste.

Ferner habe kann man m. E. schon über die Zinslaufzeit oder zumindest einen anteiligen Billigkeitserlass diskutieren, denn es handelt sich ja lediglich um eine Art "zeitliche Steuerverkürzung" von allenfalls wenigen Monaten. Schon bei strafrechtlich unproblematischen rein zeitlichen Verschiebungen, kann man, wenn es um weniger als ein Jahr Vorteil geht, bei dem aber ein gesamtes Jahr verzinst wird, ggf. einen anteiligen Billigkeitserlass erreichen (AEAO zu § 233a Nr. 70.2.4). Das muss eigentlich bei § 235 AO analog gehen, wenn man das nicht schon beim Zinslauf berücksichtigen kann.

Ob man etwas unternehmen will, kommt natürlich drauf an, um wie viel es geht, und wie gut die Argumente sind, die man hat (und wie man sich gegenüber dem Mandanten darstellen will).
Ich sehe aufgrund der Schilderung auch nicht den Vorsatz, der letztendlich zwischen Hinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung entscheidet.
Hizizi hätte ich jetzt nicht unbedingt festgesetzt.

Schau dazu auch mal: FG München Beschluss vom 20.04.2011 - 13 V 446/11
(05.06.2012 20:39)meyer schrieb: [ -> ]Ich nehme nach der Schilderung an, dass hier im Zweifel eine strafbefreiende Selbstanzeige anzunehmen war,

Ich sehe hier eine Berichtigung nach § 153 (1) AO, deren Auswirkung von einer Hinterziehung weit entfernt ist. Mit einer (explizit so genannten) Selbstanzeige würde man ja möglicherweise die Tat bereits einräumen.

Man darf dabei nicht vergessen, dass Hinterziehung ein Straftatbestand ist (lex specialis zum StGB Teil B. Solange dem mutmaßlichen Hinterzieher also nicht durch ein ordentliches Strafgericht die Tat nachgewiesen konnte (hier mangelt es ja bereits am Vorsatz), haben wir keine Hinterziehung.

Und damit keine HiZi.
Smile thx euch... nun ists ja eh rum ums Eck... es ist nichts weiteres mehr gekommen und wird auch nicht mehr kommen. Für die Zukunft bin ich bei sowas aber vorbereitet. Wäre wohl alles nicht passiert, wenn die Kommunikation zwischen Vorberater und der dort ansässigen Buchhalterin geklappt hätte... bzw.... man hätte mit ihr einfach Themen, wie Ist- und Sollversteuerung im vorhinein besprechen sollen.
@ ecro

Mit "im Zweifel" meinte ich, dass in dem Fall strafrechtlich nichts passieren kann, egal, wie man den Vorgang wertet. Ob es ein 153er Vorgang ist (bei dem man natürlich keine Selbstanzeige hat), oder eine Selbstanzeige bei leichtfertiger Steuerverkürzung oder gar bei Steuerhinterziehung ist ja gerade die streitige Frage.

Ist man sicher, in den letzteren Fällen, die Voraussetzungen für die Strafbefreiung zu erfüllen, besteht nicht das Risiko, dass das FA einem Ärger und Aufwand machen kann, indem es den Fall hoch aufhängt. Es hat also kein entsprechendes Druckmittel, um einen von einem Einspruch gegen den Zinsbescheid abzuhalten (ich weiß, offiziell haben die Vorgänge nichts miteinander zu tun).
Richtig, und aus dieser Situation heraus würde ich stets den 153er Weg suchen.
(06.06.2012 11:37)ecro schrieb: [ -> ]Man darf dabei nicht vergessen, dass Hinterziehung ein Straftatbestand ist (lex specialis zum StGB Teil B. Solange dem mutmaßlichen Hinterzieher also nicht durch ein ordentliches Strafgericht die Tat nachgewiesen konnte (hier mangelt es ja bereits am Vorsatz), haben wir keine Hinterziehung.

Und damit keine HiZi.


Nein, das ist nicht so! Eine Verurteilung ist nicht nötig, die Finanzgerichtsbarkeit prüft selbständig die Tatbestandsmäßigkeit der StHiZi. Ein Urteil des AG / LG mag ggf "Präzendenzwirkung" entfalten, ist aber nicht notwendig.

Pahlke/Koenig § 235 AO Rn. 5 schrieb:Einer strafrechtlichen Verurteilung des Täters bedarf es nicht (FG Hess v. 9. 10. 2006, juris). So können auch nach seinem Tod Zinsen gegen die Erben festgesetzt werden (BFH VIII R 84/89, BStBl. II 1992, 9; BFH II R 48/00, BFH/NV 2002, 155; Art. 6 II EMRK steht dem nicht entgegen, BFH VIII B 207/05, BeckRS 2006 25010769). Ebenso führen persönliche Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe (zB §§ 78 ff., 153 ff. StGB, § 371) zwar zur Straflosigkeit des Täters, hindern die Entstehung des Zinsanspruchs aber nicht (FG D'dorf, EFG 1989, 491; AEAO zu § 235 Nr. 1.3). Die Amnestie nach dem ZStAmnG (BGBl. I 1988, 1128) lässt als Strafaufhebungsgrund lediglich die Strafbarkeit der StHinterziehung nachträglich entfallen. An der Festsetzung der Hinterziehungszinsen ist die FB hierdurch jedoch nicht gehindert (FG Köln, EFG 1993, 388; FG Bremen v. 3. 11. 1998, EFG 1999, 417). Der Festsetzung von Zinsen wegen hinterzogener VSt steht die Verfassungswidrigkeit des VStG nicht entgegen (BFH II R 58/00, BFH/NV 2003, 353; BFH II R 25/99, BStBl. II 2000, 378; aA Resing DStR 1999, 922; vgl. auch BFH VIII B 77/00, BFH/NV 2001, 421).
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