Steuerberater

Normale Version: Fahrtenbuch nicht gebunden
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Hallo Kolleginnen und Kollegen,



habe momentan folgenden Fall im Rahmen einer LSt-Prüfung.

Fahrtenbuch bei ca. 29000 Kilometer weist ca. 20 % betriebliche Fahrten aus.

Das Fahrtenbuch ist inhaltlich 100 % in Ordnung.

Die Lohnsteuerprüferin prüft 4 Tage !!!! das Fahrtenbuch und findet anhand der Belege der Buchhaltung keinerlei Abweichungen.

Am Ende der Prüfung verwirft sie das Fahrtenbuch, weil es nicht in gebundener Form vorliegt sondern anhand einzelner DinA4 Seiten geheftet vorliegt.

Ausserdem fällt der Satz, dass "das Fahrtenbuch schon zu fehlerfrei geführt sei, gar keine Fehler wären ja unglaubwürdig".

Warum das Fahrtenbuch nicht gebunden wurde: Unkenntnis des Stpfl.

(Warum er die Hinweise und Mandantenrundschreiben nicht beachtet hat ist einmal dahingestellt. Leider konnte ich auch nicht darauf einwirken, weil mir nur die Prozentanteile genannt wurden und versichert wurde dass alles mit dem FB stimme)

Die Prüferin "glaubt das ganze FB" nicht.

Für Fahrten zweischen Wohnung und AS wurde laut dem Steuerpflichtigen tatsächlich mit einem privaten PKW gefahren.

Auch dies glaubt die Prüferin nicht.

"Warum sollte der Geschäftsführer mit einem Golf fahren, wenn im Betrieb der höherpreisige PKW steht? Der GF führt alle Fahrten Wohnung / AS mit dem betreiblichen PKW durch."

Im Privatvermögen sind für Frau, Mann, 3 private Autos vorhanden.

Jetzt eine kuriose Tatsache: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betragen insgesamt 27.800 km. Dies würde bedeuten, dass für sonstige betriebliche Fahrten 1.200 km übrig blieben.


Bin doch sehr gefrustet !!!!!

Bedeutet diese dumme Formvorschrift wirklich das Aus für diesen Fall oder hat mir jemand die zündende Idee ?
ME hat die BP recht! Ein Fahrtenbuch ist zuvorderst ein Buch und keine Zettelsammlung. Der Grund: einzelne Zettel kann man leicht ersetzen und mithin das Fahrtenaufzeichnungskonvolut jederzeit ändern (um nicht manipulieren zu sagen...)!
Hallo,

da würde ich es auf einen Streit ankommen lassen.

Es gibt keine zwingende Vorschrift dass ein Fahrtenbuch gebunden sein muss. Es sollte gebunden sein. Es darf allerdings auch eine geschlossene Form, nicht jedoch lose Zettel.

Ein Fahrtenbuch darf nicht allein deshalb verworfen werden, weil es an einem kleinen Mangel leidet. Das ein Fahrtenbuch nicht gebunden ist, wäre ein solch kleiner Mangel. Ein nicht gebundenes Fahrtenbuch ist lediglich ein Indiz für eine nicht Ordnungsmäßigkeit. Ein Verwerfen bedarf aber auch inhaltlicher Anhaltspunkte. Die bloße Behauptung den Firmenwagen auch für private Fahrten zu nutzen ist kein solcher Anhaltspunkt. Auch die Unterstellung dass eine lückenlose Einhaltung aller Formerfordernisse unglaubwürdig ist, ist kein Indiz für ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.

Allein die Tatsache, dass abschließend lediglich noch ein Bruchteil des Gesamtaufwandes für betriebliche Fahrten verbleibt, spricht gegen die Unterstellung des Prüfers. Dazu können dann sicherlich auch die entsprechenden Belege für das Kfz vorgelegt werden.

vergleiche BFH-Urteil vom 10.4.2008, VI R 38/06, BStBl. 2008 II S. 768


Die Finanzverwaltung ist schon ein gar seltsam Tier. Einerseits wird ein Fahrtenbuch nur anerkannt wenn strenge Formvorschriften eingehalten werden, andererseits wird es dann verworfen, wenn die Vorschriften eingehalten werden.
Hallo Showbee,


klar, wenn man den gewünschten Effekt erzielen will kann man auch ein gebundenes FB manipulieren.

Problematisch sehe ich einfach die Tatsache, dass bei 29.000 km bei einem Bauunternehmer mit 20 verschiedenen Baustellen 27.800 km für Fahrten Wohnung/AS unterstellt werden.

Wo soll da die Logik sein ?

Ich sehe es ein, dass einfach diese Formvorschrift mit gebundener Form nicht erfüllt ist.

Wenn wir ein FB gehabt hätten welches in vielen einzelnen Punkten fehlerhaft wäre okay, dann wäre mir alles klar.

Hier hätte m.M. nach auch ein dezenter Hinweis gereicht dass man doch zukünftig das FB in ein richtiges FB aus dem Schreibwarenhandel ersetzen soll.

Wie soll denn ein Mandant heutzutage noch ein FB führen, welches akzeptiert wird ?
Hallo Zaunkönig,


auch dir (und natürlich Showbee) vielen Dank für die Mühen.

Es ist wohl so dass ich die Argumentation der Prüferin vor dem Sachgebietsleiter "platzen lassen muss".

Dramaturgisch muss ich es so hinbekommen, dass Sie die Aussage wiederholt, dass Sie der Meinung ist, dass die Fahrten Wohnung / AS mit 27.800 km mit dem Betriebsfahrzeug gefahren wurde.

Dann muss der Spannungsbogen noch etwas aufgebaut werden, bis ich dann argumentiere und vorlege, dass mit dem Fahrzeug jährlich ja nur 29.000 km gefahren werden.

Diese Tatsache scheint der Prüferin wohl nicht bekannt zu sein, oder sie wurde übersehen.

Sorry für die Ironie mit dem "Theaterspiel" :-)



Naja, jetzt erstmal eine Nacht drüber schlafen...
Noch ne Ergänzung:


Die Dame prüft 4 Tage lang Fahrtenbuch und Belege (Kilometerstände Werkstatt, Takstopps eingetragen usw.) und findet nichts.

Am 5. Tag kommt sie zu dem Entschluss dass das FB nicht ordnungsgemäß sei, weil nicht gebunden.

Warum kommt sie nicht gleich am ersten Tag zu diesem Entschluss, als sie die losen Blätter in die Finger bekommt ?
Hat die Dame 4 Tage bei Euch gesessen und geprüft?

Warum verwirft sie? Na weil sonst kein Mehrergebnis da ist. Und das war der letzte Rettungsanker.
Das mit dem "gebunden" ist eh eine bescheidene Voraussetzung ...

Wie zaunkönig schon geschrieben hat erfordert gebunden nicht gebunden, sondern lediglich "geschlossen"

(Waren die Zettel denn zu beginn der Prüfung schon zusammengetackert ?? )

Vielfahrer haben allerdings, selbst wenn sie gekaufte und gebundene Fahrtenbücher verwenden innerhalb eines jahres meist mehrere Bücher ( z.B. eines pro monat, weil es einfach voll war.)

Streng genommen darf es doch keinen unterschied machen, ob ich jetzt ein Fahrtenbuch pro Jahr, pro Monat, pro woche oder pro Tag führe.

Streng genommen ist eine einzelne DIN A4 seite zwar kein Buch ...aber wie wäre die Argumentation des FA wenn man zwar ein buch hatte, aber der einband des buches durch gebrauch kaputt gegangen wäre und nun nachträglich eine loseblattsammlung gehabt hätte...

Mir wurde schonmal ein Fahrtenbuch im Rahmen einer BP beim Mandanten verworfen, weil es "der Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Fahrtenbuch so ordentlich geführt werden kann"

Es waren keine inhaltlichen Mängel festgestellt worden, aber wenig gebrauchsspuren....mein Mandant war allerdings auch äußerst penibel...

Da befinde ich mich jetzt seit gut em Jahr im einspruchsverfahren und warte auf die stellungnahme der Rechtsbehelfstelle, weil mit dem Prüfer nicht zu reden war in diesem punkt.

Die aussage die Hinter der Meinung des FA steht ist doch diese :

Wer die 1 % Regel nicht will muss ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führen...dazu machen wir vorgaben, und wenn man die erfüllt stellen wir fest, dass man unsere vorgaben eigentlich nicht erfüllen können dürfte.
wer das doch schafft hat beschissen...

Gang allgemein mache ich die Erfahrung, dass die Argumentation 2 ich glaub das nicht" bei immer mehr Prüfern ein totschlagsargument ist, wenn sonst nix mehr geht ...

ich habe gerade eine aktuelle Bp.. da will der Prüfer einen staubsauger wegen § 12 EStG ausm BV werfen ( heute schlussbesprechung gehabt ...)

Dass der mandant schon einen gleichen staubsauger im PV hat und weitere 8 im BV, weil er die nämlich betrieblich braucht interessiert den Prüfer nicht und er läßt auch nicht mit sich reden.

Stattdessen glaubt der Prüfer, das noch mindestens ein Staubsauger aus dem Betrieb auch hin und wieder privat genutzt wird.

Irgendwann habe ich dann zum Prüfer gemeint : glauben können sie in der kirche und vermerken sie im bitte Bericht, dass in diesem Punkt keine einigkeit erzielt wird.

lg, jive

PS: der sich jetzt etwas abreagiert hat ...
Hallo Jive,


auch dir vielen Dank für deine Worte.

Deine Einschätzung kann ich dem Fall teilen, hier wird etwas was formal in Ordnung ist durch den letzten Rettungsanker verworfen.

Dass die Prüfer naturgemäß eine andere Denkweise haben kann ich in gewissen Punkten ja nachverstehen, denn ich denke denen wird oft genug etwas vorgelogen und sie haben von Berufswegen natürlich auch eine andere Aufgabe...

Ich halte euch auf dem LAufenden was in der SChlussbesprechung raus kam...
Hallo,

noch zwei kleine Anmerkungen:

Es gelten immer noch Rechtsgrundsätze. Und danach ist der Beweis zu führen und nicht Glaube, Lebenserfahrung und subjektive Einschätzungsmerkmale an den Tag zu legen. Es geht immer um den einen Steuerpflichtigen und nicht um die Gesamtheit der Steuerpflichtigen. Das vergessen sowohl die Ämter als auch die Beraterschaft mitunter nur zu gerne.


Der Fall hier ist klassisch um ein Verfahren anzustrengen. Und da greife ich gerne die Argumentation von @Jive auf. Es wäre doch mal generell die beabsichtigte Unerfüllbarkeit der Formvorschriften zu klären.
Das ganze nimmt so langsam Formen der Hexenverbrennung im Mittelalter an. Man wirft die Hexe in den Fluss - geht sie unter, war sie eben doch keine Hexe, vermag sie sich über Wasser zu halten, so ist sie eine Hexe und wird anschließend standesgemäß verbrannt.
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