Steuerberater

Normale Version: §164
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Entweder seh ich den Wald vor lauter Bäumen nicht, oder es liegt am Bier, dass ich mir heute abend schon gegönnt habe....

Kann ein geänderter Bescheid erneut unter VdN ergehen, nachdem der VdN zuvor aufgehoebn wurde?

Aktueller Fall:

Schätzung ESt 2007, Aufhebung VdN, Einspruch hiergegen, Abgabe StErkl (Steuer höher!), neuer Bescheid wieder unter VdN.

Spielt es eine Rolle, dass Änderung im Rahmen Einspruch (Aufnahme VdN grundsätzlich Verböserung)? Kann durch Rücknahme des Einspruchs (neuer Bescheid enthält keinerlei Hinweis ob Einspruch erledigt ist oder weiterläuft!) der VdN "ungültig" gemacht werden?

Mein subjektives Gefühl als Bpler sagt mir, dass eine Festsetzung unter VdN in diesem Fall möglich sein müsste, egal ob Änderung im Rahmen Einspruch oder ohne. Der bay. Rechnungshof verlangt schließlich, dass in diesem Fall (Selbstanzeige) die StErkl sofort veranlagt werden muss. Man kann also z.B. keine Bp abwarten.

Mein Problem ist, dass meine Feststellungen für 2007 definitiv KEINE neuen Tatsachen sind!

Schönes Wochenende noch!

taxpert
Hier ist kein Rankommen mehr!

Die Aufnahme des VdN ist ganz klar rechtswidrig im Rahmen des Einspruchsverfahrens erfolgt und kann somit nie nimmer nie nicht eine Vollabhilfe des Einspruches darstellen. Ergebnis: Einspruch ist noch offen. Im Rahmen dieses Einspruchsverfahrens muss zwangsläufig auch über die Rechtsmäßigkeit des aufgenommenen VdN entschieden werden.

Man kann dem Ef jetzt nicht die Pistole auf die Brust setzen und sagen, der VdN ist zwar rechtswidrig (also Änderung zu Gunsten) der Taxpert möchte aber noch viel höhere Einkünfte ansetzen also nimm mal den Einspruch zurück. Ergebnis wäre: Bei Rücknahme hättet ihr einen Bescheid mit VdN (weil der ist ja Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden) und du könntest dann von hinten durch die kalte Küche doch noch deine Ergebnisse durchsetzen, weil der VdN ist ja durch die Rücknahme wirksam drin.

Hier wird versucht, sich durch rechtswidriges Verhalten des FA eine Korrekturmöglichkeit zu schaffen, der der Ef nicht entgehen kann.

Lös dich mal gedanklich vom Einspruch. Dann hätten wir einen einen Bescheid ohne VdN und eine Änderung nach § 173 AO nach Abgabe der Steuererklärung. Im Rahmen einer Änderung nach § 173 kann das FA auch nicht einfach mal einen VdN reinnehmen. Wenn sich später rausstellt, dass noch höhere Einkünfte vorliegen, darf eine Änderung auch nur nach Maßgabe der Korrekturvorschriften erfolgen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, hat der Stpfl. Glück. Hier erfolgt eine verfahrensrechtliche "Bestrafung" für die Abgabe der Steuererklärung mit höheren Einkünfte. Frei nach dem Motto, da muss doch noch mehr zu holen sein. Die Aufnahme eines VdN kann daher rechtlich sauber nur über eine Verböserung erfolgen (wenn ein gleichzeitiger Einspruch vorliegt). Man hätte damals bei Abgabe der Steuererklärung dem Ef schreiben müssen, dass man entsprechend der abgegebenen Steuererklärung zu Ungunsten ändert, gleichzeitig aber einen VdN aufnehmen will. Hätte der Stpfl. den Einspruch zurückgezogen, dann hättet ihr zwar die Steuer zu Ungunsten nach § 173 AO (außerhalb des Einspruchsverfahrens) ändern dürften, der VdN wäre aber hinfällig. In deinem Fall hat das FA in rechtswidriger Art jedoch den VdN durchgedrückt und der Stpfl. hat keine Chance aus der Nummer wieder rauszukommen, obwohl von Seiten des FA eine Rechtsbeschneidung vorgelegen hat (fehlende Androhung der Verböserung).

Zitat:Mein subjektives Gefühl als Bpler sagt mir, dass eine Festsetzung unter VdN in diesem Fall möglich sein müsste, egal ob Änderung im Rahmen Einspruch oder ohne.

Das ist jedoch falsch. Dazu mal ein Beispiel:
Bestandskräftige Steuerfestsetzung ohne Nebenbestimmung. Leider hat diese Steuerfestsetzung einen ganz großen rechtlichen Fehler, welche sich in Höhe von 5.000 zu Gunsten des Stpfl. ausgewirkt hat. Diese wäre also nur und ausschließlich im Rahmen der §§ 172 ff. änderbar und da Rechtsfehler nunmal in der Regel nicht unter die Korrekturnormen der §§ 172 ff. fallen, schaut das Fa in die Röhre und kann nicht ändern. Nun erfährt das Finanzamt von einer neuen Tatsache mit relativ geringer steuerlicher Auswirkung von 1.000 und hat damit die Möglichkeit nach § 173 AO zu ändern. Prima sagt sich der Bearbeiter, denn er denkt an den anderen großen Fehler in Höhe von 5.000. Er ändert also flugs zu Ungunsten nach § 173 und nimmt gleichzeitig einen VdN mit rein. Nach Bestandskraft des Bescheides reibt er sich munter die Hände und bügelt den Rechtsfehler mit Auswirkung von 5.000 im Anschluss über § 164 AO aus. Hört sich toll an, geht aber nicht! Aber nichts anderes habt ihr vor!

Zitat:Der bay. Rechnungshof verlangt schließlich, dass in diesem Fall (Selbstanzeige) die StErkl sofort veranlagt werden muss. Man kann also z.B. keine Bp abwarten.

Das ist ja auch soweit richtig. Aber dennoch können Änderungen eben nur nach den §§ 172 ff. erfolgen. Das ist nunmal das normale Übel, wenn Bescheide nicht unter VdN stehen. Ihr könnt Fälle von Selbstanzeige nicht anders behandeln als normale Stpfl. Wenn eine Steuererklärung abgegeben wird, dann muss diese auch irgendwann bearbeitet werden. Wenn dann kein VdN drin ist, können Änderungen im Rahmen der BP eben nur noch nach §§ 172 ff. erfolgen. Wenn die nicht greifen - Pech gehabt fürs FA.
Stimme @Kiharu zu.

Wiederaufnahme VdN stellt (wie übrigens auch die Erhöhung der Steuerfestsetzung) eine Verböserung dar, die nur zulässig ist, wenn Stpfl. zunächst Gelegenheit zur Rücknahme gegeben wurde.

Was ich nicht ganz verstehe: Es soll sich um eine Selbstanzeige und gleichzeitig NICHT um eine neue Tatsache handeln? Was soll denn das sein? Dann düfte doch (ohne explizite Zustimmung des Stpfl. oder bei von diesem in Kauf genommener Verböserung) gar nicht geändert werden, da § 173 nicht greift (und § 164 bei rechtzeitiger Einspruchsrücknahme ja auch nicht).
Zitat:Es soll sich um eine Selbstanzeige und gleichzeitig NICHT um eine neue Tatsache handeln? Was soll denn das sein? Dann düfte doch (ohne explizite Zustimmung des Stpfl. oder bei von diesem in Kauf genommener Verböserung) gar nicht geändert werden, da § 173 nicht greift (und § 164 bei rechtzeitiger Einspruchsrücknahme ja auch nicht).

Ich gehe davon aus, dass der SV wie folgt liegt:

1. Schätzung mit VdN
2. Aufhebung VdN
3. Einspruch gegen diesen Bescheid
4. Abgabe der Steuererklärung mit höheren Einnahmen als geschätzt (da Einnahmen höher als die vorherige Schätzung, liegt hier wohl eine Selbstanzeige vor)
5. Veranlagung entsprechend der eingereichten Erklärung mit erneuter Aufnahme VdN
6. Besuch vom Taxpert mit dem Ergebnis, dass noch mehr Steuern festzusetzen wären, was aber nicht nach § 173 AO gehen würde


Den großen Fehler hat das Finanzamt bei 5. gemacht - hier hätte der VdN nicht erneut aufgenommen werden dürfen. Die Erhöhung der Steuerfestsetzung aufgrund der abgegebenen Erklärung war ohne Probleme möglich, da in der Regel durch § 173 gedeckt und daher auch ohne Androhung der Verböserung zulässig, nicht gedeckt ist aber die Aufnahme des VdN.
Leider war mir bewußt, dass mein subjektives Bpler-Gefühl sich (leider!) nicht mit der AO in Einklang bringen läßt. Ich hatte halt auf einen Geistesblitz des Auditoruiums gehofft!

Kiharu hat den Sachverhalt sehr schön dargestellt. Exakt wie es abgelaufen ist!

Da die Abgabe einer Erklärung nach Schätzung m.E.n. IMMER eine neue Tatsache im Snine des §173 darstellt, kann man sich sparen zu prüfen, ob bei einer höheren Steuer die Abgabe als konkludente Zustimmung zur Erhöhung gewertet werden kann. Interessanter finde ich im vorliegenden Fall, ob durch die Veranlagung (ohne jeden weiteren Hinweis!) der Einspruch tatsächlich erledigt oder noch offen ist!

Aber der Fall bietet noch eine weitere AO-"Spielwiese"!

Der Fall (ESt 2007) wurde wie erklärt veranlagt ("Ist ja ein Bp-Vormerk drauf, da brauch ich nicht weiter prüfen!"). Einzige, aber gewichtige Festellung der Bp ist, dass der StB rechtsirrtümlich den Übergangsgewinn von 4 I zu 4 III auf drei Jahre verteilt hat. Daher auch im Rahmen der Bp keine neue Tatsache, da erklärt!

Auch für 2008 wurde (natürlich!) bereits geschätzt. Auch hier Aufhebung VdN, Einspruch. Während der Bp wurde die ESt 2008 abgegeben. Natürlich brav mit einem Drittel des Übergangsgewinns! Die Erklärung wurde zwischenzeitlich wie erklärt veranlagt, Bescheid ergeht in den nächsten Tagen.

Wird jetzt in 2007 der Übergangsgewinn NICHT vollständig angesetzt und der StB erhebt Einspruch gegen ESt 2008 wegen des angesetzten Übergangsgewinns, dann liegen m.E.n. die Voraussetzungen für eine Änderung ESt 2007 gemäß §174 Abs.4 vor, so dass höchstens ein Drittel "verloren" geht.
OK, mir war nicht klar, dass wir in einer Bp sind und die Selbstanzeige sich auf die vorherige Abgabe der Steuererklärung bezog.

Dann stimme ich @Kiharu natürlich einmal mehr zu. 164er Änderung im Ergebnis nur noch möglich, wenn Stpfl. der Erledigung des Einspruchs mit Aufnahme des 164 ausdrücklich zugestimmt oder den Einspruch zurückgenommen hat.
Kiharu schrieb:1. Schätzung mit VdN
2. Aufhebung VdN
3. Einspruch gegen diesen Bescheid
4. Abgabe der Steuererklärung mit höheren Einnahmen als geschätzt (da Einnahmen höher als die vorherige Schätzung, liegt hier wohl eine Selbstanzeige vor)
5. Veranlagung entsprechend der eingereichten Erklärung mit erneuter Aufnahme VdN
6. Besuch vom Taxpert mit dem Ergebnis, dass noch mehr Steuern festzusetzen wären, was aber nicht nach § 173 AO gehen würde

Den großen Fehler hat das Finanzamt bei 5. gemacht - hier hätte der VdN nicht erneut aufgenommen werden dürfen. Die Erhöhung der Steuerfestsetzung aufgrund der abgegebenen Erklärung war ohne Probleme möglich, da in der Regel durch § 173 gedeckt und daher auch ohne Androhung der Verböserung zulässig, nicht gedeckt ist aber die Aufnahme des VdN.

Eine Verständnisfrage: Wir haben also nunmehr einen EStB mit VdN (5.). Die Wiederaufnahme des VdN ist rechtswidrig, ok, aber sie ist doch wirksam. Also müsste doch auch eine Änderung nach 164 möglich sein, sie ist eben nur rechtswidrig. Das hindert doch grundsätzlich nicht die Änderung, oder?

Helft mir auf die Sprünge.[/align]
Wir haben einen Bescheid mit VdN und einen offenen Einspruch und Taxpert, der sein Mehrergebnis durchdrücken möchte.

Variante 1

FA teilt dem Ef im offenen Einspruchsverfahren mit, dass Taxpert ihm Böses will. Bei Rücknahme des Einspruches wäre der rechtwidrig aufgenommene VdN wirksam und Taxpert käme von hinter durch die kalte Küche zu seiner Änderung nach § 164 AO.

Variante 2

Man stellt sich, wie du, auf den Standpunkt, der VdN ist ja nunmal drin, so what, ändern wir flugs nach § 164 AO. Dann müsste noch über den offenen Einspruch entschieden werden. Der Stpfl. wäre schön dumm, wenn er dann nicht klagen täte und im Klageverfahren auf den rechtswidrig aufgenommen VdN hinweist. Jedes FG würde dem FA aber mal erzählen, dass die Aufnahme des VdN im Rahmen eines Rb-Verfahren eine unzulässsige Verböserung war und das damit dann auch die Basis für Taxperts Mehrergebnis weg fällt.

Variante 3

Die Rb-Stelle entscheidet sofort über den Einspruch ohne das Mehrergebnis vom Taxpert. Geht der Steuerpflichtige klagen, kann das FA einpacken wegen des VdN. Geht er nicht klagen, würde der VdN bestandskräftig werden und Taxpert könnte seine Änderung durchdrücken. Wiederum eine Form "von hinten durch die kalte Küche".

Dreh es wie du willst. Ich finde alle Varianten ziemlich daneben. Das FA hat nunmal Mist gebaut und wenn es darauf noch Kapital schlagen will, finde ich das aus rechtlicher Sicht ein wenig schäbig.
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