Steuerberater

Normale Version: Kostentragungspflicht FG bei möglicher Verfahrensruhe
Sie sehen gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2
Da hier ja einige FG-Erfahrung vertreten ist:

Fall:

So genannte "ertraglose" GmbH (es gab nie den Hauch einer Ausschüttung oder eines Liquidationserlöses) wird insovenzfrei liquidiert, wegen beträchtlicher nachträglicher AK ergibt sich ein relativ hoher Auflösungsverlust nach § 17 EStG.

Höhe und Zeitpunkt sind unstreitig.

FA berücksichtigt aber nur die Hälfte, da die andere Hälfte nach § 3c EStG dem Halbabzugsverbot unterliege. Es erfolgte Einspruch mit dem Begehr der vollen Verlustberücksichtigung mit Verweis auf BFH.

Zwischenzeitlich hat der BFH sich hierzu zugunsten des Vollabzugs positioniert und sogar schon eine NZB der Finanzverwaltung dazu abgeschmettert. Die Finanzverwaltung hält aber bisher an einem Nichtanwendungserlass fest.

Ergo kann das FA auf Anweisung von oben nicht abhelfen. Jetzt will das FA das Verfahren erstmal weiter ruhen lassen und verweist auf ein neues Revisionsverfahren (das aber bisher noch nicht einmal veröffentlicht ist).

Gehen wir aber mal davon aus, dass ein weiteres Revisionsverfahren anhängig ist.

Wir stehen vor der Entscheidung, noch unbestimmte Zeit zu warten, oder eine Einspruchsentscheidung zu verlangen und ein Klageverfahren mit nahezu sicherem Ausgang zu führen (Streitwert eine hohe fünfstellige Summe). Letzteres hätte ggf. den Charme, dass ggf. auch die Kosten des Vorverfahrens erstattungsfäig wären.

Meine Frage: Könnte ich mir mit der Kostenfrage ein Eigentor schießen, ist also eine abweichende Kostenentscheidung denkbar, wenn die Klage zwar erfolgreich ist, man sich aber nicht auf ein Ruhen des Vorverfahrens eingelassen hat ?

Ich habe zwar dazu einen Fall gefunden, bei dem das FA keine Zwangsruhe gewähren wollte, da ging es aber speziell um ein Massenverfahren wegen der tatsächlichen Besteuerung des Existenzminimums.

Der vorliegende Fall ist schon insoweit anders gelagert, als dass sich das FA wegen des Nichtanwendungserlasses explizit gegen den BFH stellen müsste.

Ich tendiere daher dazu, dass eigentlich (außer im Fall des Unterliegens) kein Kostenrisiko bestehen dürfte.
Mal gut, dass meine Ef in dieser Sache noch so friedlich sind. Big Grin
Ich persönlich finde die derzeitige Situation auch zum ko... Gott sei dank, sind meine beteiligten Berater noch so wissend, dass ihnen klar ist, dass ich lediglich der verlängerte Arm des BMF bin und mein Verhalten in keinster Weise auf Unwilligkeit oder persönlichen Rachefeldzug beruht. In anderen Fällen habe ich das durchaus schon anders erlebt.

Aber zur Sache:
Ich sehe kein Kostenrisiko betreffend das Vorverfahren. Sie sind nicht verpflichtet einen Vorschlag es FA zu folgen. Schon ein Blick ins Gesetz sorgt hier für Klarheit:

Zitat:Ist wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage ein Verfahren bei dem Europäischen Gerichtshof, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht anhängig und wird der Einspruch hierauf gestützt, ruht das Einspruchsverfahren insoweit; dies gilt nicht, soweit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Nr. 4 [1]

Eine sogenannte Zwangsruhe kommt nur im "umgedrehten" Fall in Betracht. Da hier aber von Seiten des Ef kein RdV beantragt wurde, ist das FA gezwungen über den Einspruch zu entscheiden. Es besteht keine andere Möglichkeit, sofern sie nicht eine Untätigkeitsklage riskieren wollen.

Die Kostenfrage im FG richtet sich nicht danach, ob der Kläger eine Klage hätte verhinderen können, indem er dem Vorschlag (mehr darf es nämlich nicht sein) des FA auf RdV folgt. Schließlich ist dem Kläger daran gelegen "jetzt" sein Recht durchzusetzen.

Aber vielleicht sollten Sie noch Eines bedenken.

Erfahrungsgemäß liegen Klage bei Gericht eine längere Zeit. Sie liegen dort mit Vorliebe noch viel viel länger, wenn die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt ist. Sollte es wirklich ein neues BFH-Verfahren geben (mir ist keines bekannt, ich hoffe nämlich jeden Tag dass es so weit ist) so wird das FG den Fall gaaaaanz weit nach unten in den Stapel liegen und dort wird ihr Fall dann liegen bis der BFH wieder gesprochen hat oder sich endlich mal Judikative und Exekutive einig sind.

Ist also doch ein zweischneidiges Schwert. Richter sind erfahrungsgemäß nicht scharf darauf in solchen Fällen Urteile zu pinseln und warten lieber ab, bis sich die Wogen geglättet haben. Bis dahin kann viel Wasser die Elbe langfliessen und wer weiss, am Ende steht ein abweisenden Urteil und dann gehts nicht nur um die Kosten des außergerichtlichen Verfahrens sondern zusätzlich noch um die Gerichtskosten. Auch in unserer Dienststelle wurden schon FG verfahren verloren, weil der BFH mal eben seine seit Jahren gefestigte Rechtsprechung geändert hat. Da interessiert es dann auch keinen mehr, dass die Entscheidung des Gerichtes hätte anders ausfallen müssen, wenn sie den Fall nicht so lange hätten liegen gelassen.
Danke für die Meinung.

Es gibt für uns die Möglichkeit, die Sache im Einspruchsverfahren auszusitzen, zumal wir versuchen, an die Erstattung mittels Stundungs- und Verrechnungsantrag für eine andere Steuerzahlung schon vorab dranzukommen (AdV geht leider nicht, da sich schon beim halben Verlust keine Abschlusszahlung mehr ergeben hatte).

Insofern gäbe es kein Liquiditätsproblem (Mandant braucht das Geld derzeit).

Allerdings ist der Mandant schon etwas ungeduldig, was in Anbetracht der Rechtsprechung durchaus verständlich ist.

Das Restrisiko beim Klageverfahren ist klar. Ich erhoffe aber eigentlich folgendes Szenario:

Klage mit sehr kurz gehaltener Begründung (ist ja schon alles im Vorverfahren geklärt, so dass einfach darauf verwiesen werden kann, es reicht somit, die Eckpunkte aufzuzeigen).

Die Klage wird beim FG dann erstmal unten im Stapel liegen gelassen. Die neue Revision wird nach einem Jahr oder so abgeschmettert, der BMF entschließt sich dann oder schon früher hoffentlich, den Nichtanwendungserlass aufzuheben.

FA wird dann sicher abhelfen und die Klage wird für erledigt erklärt. Kosten einschließlich der Beratungskosten im Vorverfahren trägt das Finanzamt. Ich bin nicht scharf drauf, zusätzliche Klagen am Hals zu haben, aber eine Kostenübernahme durch das FA kommt natürlich beim Mandanten extrem gut an und sofern das ausnahmsweise eine Klage mit wenig Aufwand wird, wäre das natürlich eine schöne Sache.

Letztlich muss Mandant die weitere Vorgehensweise entscheiden, nachdem er über Chancen und Risiken aufgeklärt wurde. Ärgerlich wäre, wenn da irgendwas nicht plangemäß wie oben laufen sollte.

Zu der Revision schreibe ich Ihnen eine PN, da das noch nicht öffentlich und somit noch etwas unter Vorbehalt ist.
Auch hier ein Update (obwohl, das jetzt weniger Verfahrensrecht als Einkommensteuer betrifft), da jetzt das vom FA angekündigte Urteil veröffentlicht ist:

Zu der Thematik gibt es ein jetzt neu veröffentlichtes Urteil des Niedersächsischen FG (15 K 44/10 vom 19.02.2010), das sich natürlich dem BFH anschließt und somit wenig spektakuläres Neues bietet. Allerdings wurde Revision zugelassen, die durch das FA auch eingelegt wurde und beim BFH unter IX R 18/10 anhängig ist (auf der BFH-Webseite allerdings noch nicht veröffentlicht ist).

Den Urteilstext des FG gibt es jetzt frisch in der Urteilsdatenbank des Niedersächsischen FG. Einfach nach dem Az. googlen, dann stößt man unmittlbar drauf.
Ich würde zusehen, dass ich in die Hufe komme, wenn ich tatsächlich noch klagen wollen würde.
siehe PN
Die Klage dürfte sinnlos sein. Das BMF rudert zurück

Zitat:Bundesministerium der Finanzen 28. Juni 2010, IV C 6 - S 2244/09/10002

Mit Urteil vom 25.6.2009, IX R 42/08 (BStBl 2010 II S. 220 = SIS 09 28 49) und Beschluss vom 18.3.2010 (BStBl 2010 II S. ... = SIS 10 06 55) hat der Bundesfinanzhof - entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung - entschieden, dass der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Absatz 4 EStG jedenfalls dann nicht nach § 3c Absatz 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat.

Das BMF-Schreiben vom 15.2.2010 (IV C 6 - S 2244/09/10002, DOK 2010/0362092, BStBl 2010 I S. 181 = SIS 10 00 74), nach dem die Grundsätze des BFH-Urteils vom 25.6.2009, a.a.O., nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist, wird aufgehoben.

Es ist beabsichtigt, die bisherige Verwaltungsauffassung im JStG 2010 durch eine gesetzliche Änderung in § 3c Absatz 2 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2011 festzuschreiben.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

Jetzt muss das FA ändern Big Grin
Och Mist, wenn ich schon mal was in meinem Newsletter Postfach finde, ist Kiharu natürlich wieder schneller Smile
Die Klage ist auch nicht das eigentlich Ziel, sondern die schnelle Erledigung.

Der Hinweis auf die klare Rechtsprechung und die Aufforderung zur Entscheidugn sollte hoffentlich dazu führen, dass der Änderungsbescheid jetzt sehr schnell kommt. Es geht um eine zusätzliche Erstattung im hohen fünfstelligen Bereich und Mandant benötigt dringend Liquidität.
Ich habe gerade dem ersten Einspruch abgeholfen. Tongue Tongue Tongue

Hab mir dabei meine Weihnachtsmannmütze mit Glöckchen (liegt für besondere Stattgaben immer im Schrank) aufgesetzt und fröhlich meine Eingaben gemacht. Und jetzt geh ich nach Hause, setz mich in den Garten und freu mich, dass manchmal Abwarten das beste Mittel der Wahl ist.

Allen einen schönen Feierabend
Kann ich davon bitte ein Bild haben Big Grin
Seiten: 1 2
Referenz-URLs