10.09.2009, 19:45
Von mir mal wieder aus ausgefallener Fall zur Diskussion (vielleicht sind da die mitlesenden Juristen im Bilde).
Steuerpflichtiger hat (unstreitig) größere Steuerrückstände, FA pfändet alles, was geht, wobei im Grunde nichts Pfändbares mehr vorhanden ist und die nichtselbständigen Einkünfte unter der Pfändungsfreigrenze liegen. Stpfl. will keine Privatinsolvenz.
Besonderheit am Rande aber m. E. nicht entscheidend: Im Gehalt enthalten ist als Sachleistung die Nutzung eines Firmen-PKW, wobei dies vom Arbeitgeber bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenze berücksichtigt wurde.
Stpfl. ist (noch) Eigentümer einer Eigentumswohnung, die aber noch hoch belastet ist. Veräußerung würde die Darlehensverbindlichkeiten nicht abdecken.
Die Mieteinnahmen decken gerade mal annähernd (noch nicht einmal ganz) den Kapitaldienst an die finanzierende Bank, die fälligen Hausgeldzahlungen an die WEG sowie die Grundsteuer. Es bleibt darüber hinaus also nichts übrig.
FA pfändet Miete, obwohl sämtliche Daten dort bekannt sind, es wurden unter anderem die aktuellen Kontoauszüge des Mietkontos vorgelegt.
Stpfl. wendet sich (beim FA als vollstreckender Behörde) gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit der Begründung, es sei Pfändungsschutz nach § 319 AO i. V. m. § 851b ZPO zu gewähren.
Die Einnahmen würden in voller Höhe zur Abdeckung der genannten amtsbekannten Aufwendungen benötigt. Hierbei handele es sich ausschließlich um solche für die laufenden Unterhaltung des Grundstücks, für Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und für die Befriedigung von Ansprüchen, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des Gläubigers nach § 10 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgehen würden (in Anlehnung an den Wortlaut in § 851b ZPO).
Da Mieteinnahmen noch nicht einmal ausreichten, diese Aufwendungen abzudecken, sei Unentbehrlichkeit i. S. von § 851 b ZPO gegeben.
FA lehnt ab und behauptet:
Pfändungsschutz komme nach § 851b ZPO nur dann in Betracht, wenn die Mieteinnahmen für die genannten Zwecke unentbehrlich seien. Dies sei aber nur der Fall, wenn dem Vollstreckungsschuldner die erforderlichen Geldmittel nicht aus anderen Quellen zur Verfügung stünden. Daher sei eine Beurteilung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners erforderlich.
Diues enspreche dem allgemeinen Grundsatz des Vollstreckungsschutzes. Verfüge der Vollstreckungsschuldner über ausreichende anderweitige Mittel, die in § 851 b ZPO genannten Aufwendungen bestreiten zu können, sei er überdies in die Lage versetzt, eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück abzuwenden.
Der Stpfl. verfüge aber über den Arbeitslohn, habe außerdem durch die Nutzung eines Dienstwagens "auf Nettobezüge verzichet", und könne sich im Übrigen an seinen Ehegatten zwecks Unterhalt wenden.
Pfändungsschutz nach §851b ZPO könne in Anbetracht dieser Mittel, die für das Grundstück verwendet werden könnten, aber anders verwendet würden, nicht gewährt werden.
Meine Meinung als Nicht-ZPO-Experte:
Mir erscheint die Begründung abenteuerlich. So wie ich es verstehe, ist § 851 b ZPO hinsichtlich der Untentbehrlichkeit der Mieteinnahmen grundstücksbezogen zu beurteilen, so dass es keine Rolle spielt, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen, der Stpfl. sonst lebt (wo ja ansonsten außerdem anderweitige Pfändungsmöglichkeiten bestehen müssten).
So wohl auch BFH vom 09.08.1961, VIII 141/60; Beschluss FG Münster vom 04.05.2004, 7 V 1911/04 AO in EFG 2004, 1470; Beschluss BGH vom 21.12.2004, IXa ZB 228/03.
Steuerpflichtiger hat (unstreitig) größere Steuerrückstände, FA pfändet alles, was geht, wobei im Grunde nichts Pfändbares mehr vorhanden ist und die nichtselbständigen Einkünfte unter der Pfändungsfreigrenze liegen. Stpfl. will keine Privatinsolvenz.
Besonderheit am Rande aber m. E. nicht entscheidend: Im Gehalt enthalten ist als Sachleistung die Nutzung eines Firmen-PKW, wobei dies vom Arbeitgeber bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenze berücksichtigt wurde.
Stpfl. ist (noch) Eigentümer einer Eigentumswohnung, die aber noch hoch belastet ist. Veräußerung würde die Darlehensverbindlichkeiten nicht abdecken.
Die Mieteinnahmen decken gerade mal annähernd (noch nicht einmal ganz) den Kapitaldienst an die finanzierende Bank, die fälligen Hausgeldzahlungen an die WEG sowie die Grundsteuer. Es bleibt darüber hinaus also nichts übrig.
FA pfändet Miete, obwohl sämtliche Daten dort bekannt sind, es wurden unter anderem die aktuellen Kontoauszüge des Mietkontos vorgelegt.
Stpfl. wendet sich (beim FA als vollstreckender Behörde) gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit der Begründung, es sei Pfändungsschutz nach § 319 AO i. V. m. § 851b ZPO zu gewähren.
Die Einnahmen würden in voller Höhe zur Abdeckung der genannten amtsbekannten Aufwendungen benötigt. Hierbei handele es sich ausschließlich um solche für die laufenden Unterhaltung des Grundstücks, für Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und für die Befriedigung von Ansprüchen, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des Gläubigers nach § 10 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgehen würden (in Anlehnung an den Wortlaut in § 851b ZPO).
Da Mieteinnahmen noch nicht einmal ausreichten, diese Aufwendungen abzudecken, sei Unentbehrlichkeit i. S. von § 851 b ZPO gegeben.
FA lehnt ab und behauptet:
Pfändungsschutz komme nach § 851b ZPO nur dann in Betracht, wenn die Mieteinnahmen für die genannten Zwecke unentbehrlich seien. Dies sei aber nur der Fall, wenn dem Vollstreckungsschuldner die erforderlichen Geldmittel nicht aus anderen Quellen zur Verfügung stünden. Daher sei eine Beurteilung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners erforderlich.
Diues enspreche dem allgemeinen Grundsatz des Vollstreckungsschutzes. Verfüge der Vollstreckungsschuldner über ausreichende anderweitige Mittel, die in § 851 b ZPO genannten Aufwendungen bestreiten zu können, sei er überdies in die Lage versetzt, eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück abzuwenden.
Der Stpfl. verfüge aber über den Arbeitslohn, habe außerdem durch die Nutzung eines Dienstwagens "auf Nettobezüge verzichet", und könne sich im Übrigen an seinen Ehegatten zwecks Unterhalt wenden.
Pfändungsschutz nach §851b ZPO könne in Anbetracht dieser Mittel, die für das Grundstück verwendet werden könnten, aber anders verwendet würden, nicht gewährt werden.
Meine Meinung als Nicht-ZPO-Experte:
Mir erscheint die Begründung abenteuerlich. So wie ich es verstehe, ist § 851 b ZPO hinsichtlich der Untentbehrlichkeit der Mieteinnahmen grundstücksbezogen zu beurteilen, so dass es keine Rolle spielt, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen, der Stpfl. sonst lebt (wo ja ansonsten außerdem anderweitige Pfändungsmöglichkeiten bestehen müssten).
So wohl auch BFH vom 09.08.1961, VIII 141/60; Beschluss FG Münster vom 04.05.2004, 7 V 1911/04 AO in EFG 2004, 1470; Beschluss BGH vom 21.12.2004, IXa ZB 228/03.