Steuerberater

Normale Version: Schlichte Änderung bei Antrag nach Einspruchsentscheidung
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Mal eine Frage zur Absicherung, (wobei ich mir eigentlich sicher bin).

Finanzbehörde erlässt Einspruchsentscheidung. Stpl. reicht innerhalb der Klagefrist erstmals bestimmte Unterlagen (hier über zusätzliche Werbungskosten) ein, die bisher logischerweise von der Finanzbehörde nicht berücksichtigt wurden, und beantragt eine schlichte Änderung (in § 172 AO ausdrücklich auch nach EE innerhalb der Klagefrist zugelassen). Klage wird nicht erhoben.

Variante 1: Finanzbehörde ändert antragsgemäß: Kein Problem.

Variante 2: Finanzbehörde will (die erstmalig nach Ergehen der Einspruchsentscheidung aber innerhalb der Klagefrist) beantragten und nachgewiesenen Aufwendungen ganz oder teilweise nicht berücksichtigen.

Weiterer Verlauf: Finanzbehörde muss Änderung mittels neuem Verwaltungsakt ablehnen, hiergegen ist wieder Einspruch und bei neuer EE wieder Klage gegeben. Offen ist dann natürlich nur noch der durch den Änderungsantrag vorgegebene Änderungsrahmen, im Übrigen ist Bestandskraft eingetreten.

Korrekt?

Und noch was ganz Spezielles: Ist eigentlich die Ablehnung der genannten schlichten Änderung ein Bescheid, für den die Vorschriften für Steuerbescheide gelten, so dass eine Rechtsbehelfsbelehrung gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 157 Abs. 1 S. 3 AO)?

Nach meiner bisherigen Meinung ja (bin mir da aber nicht 100% sicher).
Ja! Zustimmung in allen Punkten. Bis auf eine klitzekleine Kleinigkeit.

Zitat:Und noch was ganz Spezielles: Ist eigentlich die Ablehnung der genannten schlichten Änderung ein Bescheid, für den die Vorschriften für Steuerbescheide gelten, so dass eine Rechtsbehelfsbelehrung gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 157 Abs. 1 S. 3 AO)?

Ablehnung ist immer ein VA im Sinne des § 118 AO. Gemäß § 356 AO sind VA`s mit einer entsprechenden Rb-Belehrung zu versehen. Sind sie es nicht, kommt § 356 Abs. 2 AO zum Tragen. § 157 AO spielt hier so gar keine Rolle.
Kiharu schrieb:Ablehnung ist immer ein VA im Sinne des § 118 AO.
Das ist klar.

Kiharu schrieb:Gemäß § 356 AO sind VA`s mit einer entsprechenden Rb-Belehrung zu versehen. Sind sie es nicht, kommt § 356 Abs. 2 AO zum Tragen.
Die verlängerte Frist ist auch klar.

§ 356 AO enthält aber keine eigenständige Vorschrift zur Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung sondern ist nur eine Sondervorschrift für die Auswirkung fehlender RB-Belehrungen auf das Laufen der RB-Frist bei schriftlichen (und elektronische) Verwaltungsakten.

Die Beifügung von RB-Belehrungen ist dort aber nicht allgemein für alle schriftlichen Verwaltungsakte vorgeschrieben. Für eine Reihe von Verwaltungsakten ergibt sich das aber aus anderen Vorschriften, so für Steuerbescheide i. S. d. § 155 AO (und diesen gleichgestellten Bescheide) aus der von mir angegeben Vorschrift.

Von daher spielt § 157 AO m. E. hier schon eine Rolle, wenn den der Verwaltungsakt "Ablehnung Änderungsantrag" hierunter zu subsumieren ist. M. E. schon, denn die Ablehnung einer Änderung der Steuerfestsetzung ist doch nichts anderes als die Ablehnung einer Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 1 S. 2 AO). Oder sehe ich da etwas falsch?

Rechtsfolge einer gleichwohl unterlassenen RB-Belehrung ist dann § 356 AO, das ist klar. Laut Kommentierung (Schwarz) führt die unterlassene Belehrung noch nicht einmal zur Rechtswidrigkeit des Bescheides sondern eben nur zur Jahresfrist.

Hintergrund ist übrigens ein Verfahren in eigener Sache mit einer Familienkasse wegen Kindergeld (=Steuervergütung). Da die mit Anhörungen immer höchst sparsam sind und nach Einspruch sofort Einspruchsentscheidungen raushauen, weshalb vorher gar nicht klar war, dass die mit Ihrer Berechnung zu einem anderen Ergebnis kommen, als ich, blieb mir nur noch, zusätzliche Aufwendungen im Wege der schlichten Änderung gelten zu machen. Eine Klage wollte ich mir sparen, weil mir die Sache eindeutig schien.

Reaktion (nach 14 Tagen und zwei Tage nach Ablauf der Klagefrist) sinngemäß:

Ein Schreiben des Inhalts: Ihrem Antrag kann nicht entsprochen werden (keine RB-Belehrung). Einzige Begründung: auch mit den zusätzlichen WK werde die Grenze nicht unterschritten. Auf die Klagefrist werde verwiesen.

Die Begründung ist allerdings nicht nachvollziehbar, da nach meiner Berechnung (Abzug der zusätzlichen Aufwendungen vom bisherigen Betrag der Familienkasse) sehr wohl jetzt eine Unterschreitung vorliegt. Eine Berechnung wurde nicht mitgeteilt.

Da nicht eindeutig war, ob das jetzt eine Ablehnung oder eine Anhörung sein sollte, fragte ich schriftlich an und machte (mit ausführlicher Begründung) deutlich, damit nicht einverstanden zu sein.

Reaktion (nach einer Woche) sinngemäß: Das Schreiben sei eine Ablehnung gewesen und entspreche den bei der dortigen Familienkasse üblichen Ablehnungsentscheidungen. Damit sei eine abschließende Entscheidung getroffen worden, Klage sei nicht eingereicht worden.

Das Ganze erweckt den Eindruck, dass die RB-Stelle der Familienkasse der Auffassung ist, man habe Pech gehabt, denn man hätte eben rechtzeitig klagen müssen und müsse nun mit der ablehnenden Entscheidung leben. Es wird jedenfalls mit keinem Wort inhaltlich auf meinen Vortrag eingegangen.

Im Gegenzug werde ich jetzt der Familienkasse mitteilen, dass vor diesem Hintergrund mein letztes Schreiben als Einspruch gegen die Ablehnung der schlichten Änderung zu werten ist.

Ich bin schon sehr auf die Antwort gespannt. Vorsorglich habe ich schonmal eine Reihe von verfahrensrechtlichen Rechtsgrundlagen mit angegeben. Ich hoffe doch, dass die sich endlich mal bemüßigt fühlen, sich Gedanken zu machen.
Zitat:§ 356 AO enthält aber keine eigenständige Vorschrift zur Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung sondern ist nur eine Sondervorschrift für die Auswirkung fehlender RB-Belehrungen auf das Laufen der RB-Frist bei schriftlichen (und elektronische) Verwaltungsakten.

Nö, aber ob und inwieweit eine Rb-Belehrung geboten ist, folgt aus den Regelungen für die einzelnen Verwaltungsakte.

Zitat:Die Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung ist gesetzlich vorgeschrieben für:

- Steuerbescheide § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Steuervergütungsbescheide (einschließlich der Bescheide über die Gewährung von Zulagen und Prämien, soweit die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften anzuwenden sind) § 155 Abs. 4 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Feststellungsbescheide § 181 Abs. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Steuermessbescheide § 184 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Zerlegungsbescheide § 190 Satz 2 i.V.m. §§ 184, 185, 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Prüfungsanordnung § 196 AO

- Zinsbescheide § 239 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Aufteilungsbescheide § 279 Abs. 2 Satz 1 AO

- Einspruchsentscheidung § 366 Satz 1 AO

- Ablehnung eines Antrags auf Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte § 39 a Abs. 4 Satz 3 EStG

Aber § 356 Abs. 1 i.V.m. § 347 Abs. 1 Nr. 1 und § 355 AO geben schon vor, in welchen Fällen eine Rb-Belehrung außerdem (wenn nämlich gerade nicht gesetzlich vorgeschrieben ist) beizufügen ist.

Zitat:Für eine Reihe von Verwaltungsakten ergibt sich das aber aus anderen Vorschriften, so für Steuerbescheide i. S. d. § 155 AO (und diesen gleichgestellten Bescheide) aus der von mir angegeben Vorschrift.

Ihr Denkfehler liegt darin, dass sie § 157 Abs. 1 Satz 3 AO weiter auslegen wollen, als es der Gesetzestext zuläßt. Die AO enthält jede Menge Einzelnormen, die explizit darauf hinweisen, wann § 157 AO auch außerhalb von Steuerbescheiden anzuwenden ist. Einen entsprechenden Hinweis gibt es aber nicht im § 172 AO nicht.

Zitat:denn die Ablehnung einer Änderung der Steuerfestsetzung ist doch nichts anderes als die Ablehnung einer Steuerfestsetzung (§ 155 Abs. 1 S. 2 AO).

Ich glaube nicht, dass die Ablehnung einer Änderung einer Steuerfestsetzung gleichzusetzen ist mit der Ablehnung einer Steuerfestsetzung. Eine Änderung setzt immer voraus, dass etwas festgesetzt wurde. § 155 Abs. 1 S. 2 AO regelt jedoch nur den Fall, dass gar keine Festsetzung erfolgt ist.

In allen einschlägigen Kommentaren dürften Sie unter § 356 AO jede Menge Aufzählungen finden, in welchen Fällen die Finanzbehörden verpflichtet sind, Rb-Belehrungen beizufügen. In keinen dieser Kommentare dürften Sie in der Auflistung finden, dass dazu die Ablehnung von Änderungsanträgen gehört. Gleiches dürfte für den § 155 AO gelten. Ich hab zwar derzeit keine zur Hand, bin mir aber sehr sicher, dass es so ist.

Im Ergebnis gibt es m.E. keine ins Gesetz gemeißelte Verpflichtung bei der Ablehung von Änderungsanträgen diese mit einer Rb-Belehrung zu versehen. Das Ganze muss aber auch nicht sein, da das Einspruchsverfahren ja sowieso statthaft ist. Insofern hängt es doch lediglich an der Frist für einen Einspruch.
Kiharu schrieb:Nö, aber ob und inwieweit eine Rb-Belehrung geboten ist, folgt aus den Regelungen für die einzelnen Verwaltungsakte.
Nichts anderes sag ich doch.

Zitat:Die Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung ist gesetzlich vorgeschrieben für:

- Steuerbescheide § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

- Steuervergütungsbescheide (einschließlich der Bescheide über die Gewährung von Zulagen und Prämien, soweit die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften anzuwenden sind) § 155 Abs. 4 i.V.m. § 157 Abs. 1 Satz 3 AO

[...]
Genau das ist ja mein Punkt (Kindergeldfestsetzungbescheid=Steuervergütungsbescheid).

Zitat:Aber § 356 Abs. 1 i.V.m. § 347 Abs. 1 Nr. 1 und § 355 AO geben schon vor, in welchen Fällen eine Rb-Belehrung außerdem (wenn nämlich gerade nicht gesetzlich vorgeschrieben ist) beizufügen ist.
Ist zwar letztlich nur von akademischer Bedeutung, aber das würde eine allgemeine Pflicht zur Beifügung einer Rechtbehelfsbelehrung bei jedem schriftlichen Verwaltungsakt bedeuten, und die Sonderregelungen für einzelne Verwaltungsakte wären dann im Grunde überflüssig. Das kann ich aus dem Wortlaut dieser Normen zumindest nicht entnehmen. Die Normen sagen nur, gegen welche Verwaltungsakte der Einspruch statthaft ist, wie lange die Einspruchsfrist beträgt und dass die nur mit RB-Belehrung auch zu laufen beginnt.

Ich stimme natürlich zu, dass dies gleichwohl nahelegt, allen schriftlichen Verwaltungsakten eine RB-Belehrung beizufügen.

Zitat:Ich glaube nicht, dass die Ablehnung einer Änderung einer Steuerfestsetzung gleichzusetzen ist mit der Ablehnung einer Steuerfestsetzung. Eine Änderung setzt immer voraus, dass etwas festgesetzt wurde. § 155 Abs. 1 S. 2 AO regelt jedoch nur den Fall, dass gar keine Festsetzung erfolgt ist.
Das ist der springende Punkt, wo ich mir bisher unsicher war. Ihre Darlegung könnte zutreffend sein. Werde mir das nochmal durch den Kopf gehen lassen bzw. noch etwas dazu nachlesen.

Zitat:Im Ergebnis gibt es m.E. keine ins Gesetz gemeißelte Verpflichtung bei der Ablehung von Änderungsanträgen diese mit einer Rb-Belehrung zu versehen. Das Ganze muss aber auch nicht sein, da das Einspruchsverfahren ja sowieso statthaft ist. Insofern hängt es doch lediglich an der Frist für einen Einspruch.
Wenn Ablehnung der Änderung einer Steuerfestsetzung nicht mit der Ablehnung der Steuerfestsetzung gleichzusetzen ist, dann komme ich auch zu dem Ergebnis.

Ich persönlich habe kein Problem mit dem Ergebnis, da die einzige Auswirkung sich, wie von Ihnen angeführt, auf die Einspruchsfrist ergibt.

Ich wollte damit nur klären, ob es eine direkte Verpflichtung für diese Fälle gib, denn dann würde die Praxis der genannten Familienkasse direkt dem Gesetzeswortlaut widersprechen.

So könnte die sich darauf zurückziehen, dass eine RB-Belehrung nicht explizit vorgeschrieben ist. Ob dass in Anbetracht der meist steuerlich nicht versierten und nicht beratenen Kindergeldempfänger sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
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