Hallo an Alle,
habe momentan wohl ein Brett vor dem Kopf und hoffe hier auf Erl�sung.
Problem:
Bestandskr�ftiger Erstbescheid. �nderung nach � 175 AO zu Gunsten. Noch w�hrend der Rechtsbehelfsfrist f�r den �nderungsbescheid wird ein �nderungsantrag nach � 172 AO (Auswirkung wiederumg zu Gunsten) gestellt.
Mein Bauch und mein Rechtsverst�ndnis sagt, dass eine weitere �nderung zu Gunsten nicht m�glich ist. W�re statt des �nderungsantrages Einspruch eingelegt worden, schiede ein �nderung wegen � 351 Abs. 1 AO aus. Hier liegt jedoch ein �nderungsantrag vor
Rein formal betrachtet sind alle TBM des � 172 AO erf�llt. Aber es kann doch nicht sein, dass �ber einen �nderungsantrages die �nderungssperre des � 351 AO ausgehebelt werden kann?
Meine Studienunterlagen sagen,
Zitat:Nach h.M. ist � 351 AO aber auch f�r schlichte �nderungen nach � 172 AO anwendbar, weil die Antragsfrist des � 172 AO der Einspruchsfrist entspricht und damit in beiden F�llen dasselbe Ziel verfolgt wird:Schutz der materiellen Bestandskraft eine VA.
Leider habe nicht entsprechendes in folgenden Kommentaren gefunden:Tipke/Kruse, HHS und Klein.
Weiss jemand von Euch Rat?
Hi,
also ich glaube du siehst das Richtig. Fassen wir mal zusammen, was ich an Sachverhalt verstehe. Es besteht ein Folgebescheid, der ist bestandskr�ftig. Nun wird ein Grundlagenbescheid (GLB) ge�ndert (bspw. FuE Bescheid mit Beteiligungseink�nften f�r den Stpfl.), wonach das FA einen Folgebescheid (FB; hier EStB) �ndert.. Hiernach legt der Stpfl. innerhalb der RB-Frist Antrag 172 mit anderen �nderungsw�nschen zugunsten ein.
Die Reichweite der �nderung nach � 175 AO ergibt sich aus der Bindungswirkung des GLB. Nur soweit der GLB ge�ndert wird, muss und kann das Finanzamt auch den FB �ndern. Wiederaufnahme des "Gesamtfalls" ist nicht zul�ssig. So Pahlke/K�nig, AO � 175 Rn. 21; BFH BStBl. II 91, 821.
Der zul�ssige Einspruch gegen den nun ge�nderten FB ist nur insoweit begr�ndet, als er sich auf die Voraussetzungen des � 175 I Nr. 1 AO (Vorliegen dessen Voraussetzungen; bspw. Unwirksamkeit des GLB) oder eine fehlerhafte Umsetzung des GLB in den FB bezieht. Weiteres geht nicht nach � 351 I AO, 42 FGO.
Auch der � 172 Antrag innerhalb der RB Frist kann nicht weitergehen. Der Grund liegt m.E. in der Systematik. Der FB (urspr�nglich) ist ja bereits bestandskr�ftig. Nur punktuell wird er nunmehr ge�ndert. Also liegt in dem neuen "Papier" eigentlich ein punktueller ge�nderter neuer Folgebescheid und die Wiederholung des urspr�nglichen Inhaltes (sog. wiederholende Verf�gung). Das FA erl�sst keinen vollst�ndigen neuen Folgebescheid, der nicht durch � 175 ge�nderte Teil bleibt formell und materiell bestandskr�ftig.
Im Ergebnis kann deshalb auch nur der Einspruch soweit reichen. � 351 I AO wird deshalb auch zT als "deklaratorische Norm" beschrieben, da sie nichts besonderes anordnet, was sich nicht schon allein aus der Systematik ergibt. Das w�re leider nur die Mindermeinung. Der BFH sieht es anders. Hiernach ist auch der ge�nderte Bescheid ein voller Bescheid, der lediglich den alten Regelungsgegenstand mit aufnimmt. Deshalb ist � 351 I AO n�tig und konstitutiv. Der BFH hat aber selbst M�hen damit. Wenn n�mlich der �nderungsbescheid "wegf�llt" (bspw. nicht war), dann muss der BFH den alten Bescheid ja wieder aufleben lassen, weil er ja nun komplett aus der Welt war. Das sagt er auch so (BFH BStBl. II 73, 231 u. 02, 2).
Also haben wir nach dem BFH das Problem, dass � 351 I AO sich nur auf Einspr�che bezieht. � 172 (schlichte �nderung) hat ja den Zweck, eine Alternative zum Einspruchsverfahren zu sein und dies schneller und einfacher f�r den B�rger. Wenn aber die schlichte �nderung nur ein schnelleres Verfahren als das Einspruchsverfahren zugunsten des Steuerpflichtigen sein soll (Zugunsten�nderung mit Zustimmung), dann kann dieses Verfahren nicht weiter Reichen als "sein gro�er Bruder". Man kann somit mit Fug und Recht eine verdeckte Regelungsl�cke insoweit sehen, als in der schlichten �nderung die Anwendung von � 351 AO nicht angeordnet ist und somit kann man diesen analog anwenden.
Wie gesagt, zur analogen Anwendung kommt man nur, wenn man mit dem BFH annimmt, dass der neue EStB insgesamt erlassen wurde und nicht nur eine punktuelle Neurregelung nebst wiederholender Verf�gung vorliegt.
Ich hoffe nun wirds klarer.
Mfg
showbee
Danke f�r die umfangreichen Ausf�hrungen.
Sie haben mir echt weiter geholfen aber auch wieder gezeigt, dass es doch so ein paar Einzelf�lle gibt, welche die AO nicht regelt. Und das, obwohl ich die AO als eines der gelungensten Steuergesetze ansehe.
Im Ergebnis kann m.E. nichts anderes rauskommen, als dass keine �nderung m�glich ist. Nur der Weg, der hat sich mir geistig eben nicht erschlossen. Deinen Ausf�hrungen konnte ich folgen und nun ist es etwas klarer.
Vielen Dank daf�r.
Das freut mich! Wenn du Zugriff auf HHSp hast, dann lies doch nochmal dort nach, also zu � 351 I AO, dort ist das Problem mit der wiederholenden Verf�gung und der konstitutiven/deklaratorischen Wirkung der Norm ausgef�hrt. Auch ist der Abschnitt "vor � 172 AO" ganz gut lesbar.
Den hab ich hier und das Thema ist mir auch bekannt und ich habe es auch schon gelesen. Da es aber leider Mindermeinung ist und nicht dem BFH entspricht, ist es f�r meine Argumentationszwecke immer recht schwierig zu verwenden.
Aber ich finde es schon erstaunlich, dass sich kein Kommentar schlicht und ergreifend dazu �u�ert, dass � 351 Abs. 1 AO auf den � 172 AO analog anzuwenden ist. Da aber der HHSp und auch der T/K hinsichtlich der wiederholenden Verf�gung die gleiche Meinung vertreten, haben sie es sich auch gleich verkniffen, auf eine analoge Anwendung hinzuweisen. (zumindest meine Vermutung

)
Hast du mal Juris nach "� 351 AO analog" durchsucht?
Ja, aber leider nichts entsprechendes gefunden.